Doppelt geimpft, dann CoronaSo schlimm hat sich der Impfdurchbruch angefühlt

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Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Halsweh und Quarantäne. (Symbolbild)

Köln – Alles begann mit einem Kratzen im Hals und leichten Kopfschmerzen. Beim Sport ärgerte ich mich darüber, schon beim Aufwärmen aus der Puste gekommen zu sein. Die restliche Stunde über fragte ich mich, wieso mir die Übungen, die mir sonst keine Probleme bereiten, plötzlich so schwer fielen. Warum ich dauernd keuchte. Warum meine Nase ständig lief. Und wieso ich meine Lunge spüren konnte, als wäre ich bei Minusgraden zehn Kilometer draußen gejoggt.

Am Nachmittag begann meine Nase leicht zu kribbeln und meine Zunge an den seitlichen Rändern zu kratzen. Ich dachte mir nichts dabei.

Fünf Tage lang blieb mein Schnelltest negativ

Sechs Tage zuvor war mein Sohn positiv auf Corona getestet worden. Das war natürlich ein Schock. Da ich doppelt geimpft bin, musste ich zum Glück nicht mit in Quarantäne und durfte so weitermachen wie immer. Das fand ich seltsam. Das Kind ist positiv und man muss nicht einmal einen Test vorlegen? Um sicher zu sein, mich nicht angesteckt zu haben, machte ich fortan jeden Tag zuhause einen Schnelltest. Fünf Tage lang zeigte mir das weiße Kästchen wie gewohnt den einen rosafarbenen Strich. Am sechsten Tag waren da jedoch plötzlich zwei Striche.

„Zwei Striche? Das kann doch nicht sein!“

„Zwei Striche? Das kann doch nicht sein!“, dachte ich mir. Genau wie damals beim Schwangerschaftstest. Und: „Bestimmt ist der Test kaputt, mach' lieber noch einen.“ Ich machte sicherheitshalber noch zwei und auf beiden erschienen nun ebenfalls zwei rosafarbene Striche. Das ließ sich nun nicht mehr leugnen.

Um ganz sicher zu gehen, fuhr ich direkt in ein Testzentrum, um einen PCR-Test zu machen. Am nächsten Tag dann die Gewissheit: Ich habe Corona! Obwohl ich mit Biontech doppelt geimpft bin und die letzte Impfung noch keine sechs Monate zurück liegt. Wie kann denn das sein? Ein ganz schöner Schock. Und dazu die Aussicht auf zwei Wochen Quarantäne. „Als Geimpfte kann man sich nach fünf Tagen freitesten, wird schon!“, machte mir eine Freundin Mut. Aber so einfach sollte das leider nicht sein.

Am zweiten Tag ging es so richtig los

Der erste Tag verlief bei mir noch vergleichsweise normal. Ein bisschen Kopfweh, entzündete Zunge, Kratzen im Hals. Da dachte ich noch: „Ach komm, geimpft ist das alles nicht so wild.“ Am zweiten Tag ging es dann allerdings so richtig los: Husten, Niesen, Halsschmerzen, Fieber, Kopfweh. Außerdem war mir ständig schlecht und ich hatte Bauchweh: Symptome wie aus dem Lehrbuch. Der dritte, vierte und fünfte Tag waren am schlimmsten: Mehr Kopfschmerzen, noch mehr Übelkeit, ständig niesen und husten, keine Stimme, Fieber und zu kaputt, um irgendeinen Handschlag zu tun.

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Ab dem dritten Tag konnte ich auch nichts mehr riechen oder schmecken. Ich schnüffelte an Essig, Parfum, Zimt und Kaffee, aber da war nichts. Absolut nichts. Ich wusste nicht, was ich essen sollte. Einerseits war mir ständig schlecht, andererseits hatte ich das Gefühl, dass die Übelkeit weniger wurde, wenn ich etwas im Magen hatte. Doch was? Kochen ist schwierig, wenn man nichts riecht und nichts schmeckt. Ein paar Tage aß ich nur Toast mit Käse. Schmecken konnte ich davon nichts. Ich spürte lediglich die kratzige Konsistenz des Toastes und den weichen Käse in meinem Mund.

In meinem Kopf gab es nur noch Brei

Zusätzlich zu den körperlichen Beschwerden hatte ich das Gefühl, auch nicht mehr klar denken zu können. In meinem Kopf gab es nur noch Brei. Ich konnte mir nichts merken und schaffte es nicht einmal, drei Seiten in einem Buch oder geschweige denn die Zeitung zu lesen. Ein paar Tage lang lag ich nur auf dem Sofa, ließ eine dumme Serie nach der anderen auf mich einrieseln und schlief immer wieder ein.

Dieser Zustand bewahrte mich zum Glück davor, irgendetwas vom Treiben am 11.11. vor meiner Haustür oder im Fernsehen mitzubekommen – wäre ich geistig klar und körperlich fit gewesen, hätte ich mich den ganzen Tag darüber aufgeregt, dass da draußen Karneval gefeiert wird. „Wenigstens war ich mit der Krankheit eine Woche vorher dran“, dachte ich später. Wohl wissend, dass das Gesundheitsamt mit all den neuen Karnevalsinfektionen komplett in die Knie gehen würde.

Nach einer Woche klangen die Symptome ganz langsam ein wenig ab. Die Schmerzen ließen nach, ich musste nicht mehr dauernd niesen, konnte wieder aufstehen und spürte nicht mehr ständig meine Lunge. Riechen und schmecken kann ich immer noch nicht richtig. Das wird nur ganz langsam etwas besser und kommt hoffentlich zurück.

Natürlich versuchte ich auch, mich ab dem fünften Tag aus der Quarantäne freizutesten. Leider ohne Erfolg: Jeder neue PCR-Test zeigte wieder ein positives Ergebnis an. Die zweite Woche der Quarantäne geriet deshalb ziemlich zäh. Ich konnte das Eingesperrtsein besser ertragen, als ich richtig krank und im Fieberwahn war, weil ich so ohnehin nichts hätte unternehmen können. Aber ich will mich nicht beschweren, schließlich litt ich nicht mehr so stark und musste einfach nur warten.

Angst vor Langzeitfolgen

Mittlerweile fühle ich mich fast wieder normal, aber ich bin nicht sicher, ob das stimmt. Manchmal denke ich: „Ist ok, war halt eine fette Erkältung und du eine Woche richtig krank.“ Dann fällt mir plötzlich wieder ein, dass ich Corona hatte. Die Krankheit, vor der wir uns alle seit fast zwei Jahren fürchten. Ich habe Angst, dass ich Langzeitfolgen spüren könnte, dass ich dauerhaft geschwächt und schlapp sein könnte. Dann wieder denke ich: „Ok, nach zwei Impfungen und einer Infektion sollte ich jetzt super gewappnet gegen das Virus sein.“ Ich hoffe, dass mir jetzt nichts mehr passieren kann. Aber wer weiß.

Die Infektionen scheinen immer näher zu kommen

Das Virus begleitet uns nun schon so lange und trotzdem stehen wir wieder vor den gleichen Problemen wie im vergangenen Winter. Die Infektionen scheinen immer näher zu kommen: Plötzlich hat fast jeder jemanden in der Familie oder im Bekanntenkreis, der erkrankt ist, egal ob geimpft oder nicht. Dabei haben wir uns im Sommer schon so sicher gefühlt. Wie konnte uns die vierte Welle jetzt so überrollen?

Die Berichte von den Intensivstationen sind erschreckend. Ich sehe die Bilder im Fernsehen und denke manchmal: Hätte ich da auch landen können? Oder hatte ich einfach „nur“ eine Grippe? Ich weiß nicht, wie ernst ich die Krankheit nehmen muss. Ich weiß nur, dass ich sehr froh bin, sie halbwegs gut überstanden zu haben und dass es mir wieder besser geht. Das wäre ohne die Impfung ganz sicher anders gelaufen.

Kein Impfdurchbruch, sondern ein Impferfolg

Dass auch Geimpfte erkranken können, mag den Querdenkern in die Hände spielen. Aber ich weiß jetzt: Geimpft fällt die Infektion sehr viel weniger schlimm aus. Die Impfung hat also ihre Wirkung gezeigt Ich war krank, ich hatte Symptome, klar. Aber ich war nach einer Woche wieder auf den Beinen. Ich musste nicht beatmet werden und nicht ins Krankenhaus, ich bin keinem der überlasteten Pfleger zur Last gefallen. Mein Körper hat das Virus dank der Impfung in den Griff bekommen. Das ist kein Impfdurchbruch, sondern ein Impferfolg.

Unsere besten Texte 2021 – dieser Text ist erstmals am 18. November 2021 veröffentlicht worden.

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