In Sachen LiebeEr will eine offene Beziehung – ich nicht

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Getty Images Frau im Bett

Offene Beziehungen bringen Herausforderungen mit sich.

  • Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten die erfahrenen Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex, Kindererziehung und alles, was Paaren begegnet.
  • In dieser Folge stellt sich Damaris Sander der Frage, wie eine offene Beziehung gelingen kann.

Ich (35 Jahre) habe seit kurzem einen neuen Freund, den ich über eine Online-Dating-Plattform kennengelernt habe. Er hat mir bereits beim ersten Date erzählt, dass seine früheren Beziehungen immer „offen“ waren, er also auch andere Frauen getroffen hat und Sex mit ihnen hatte. Die anderen Frauen wussten dabei aber, dass er eine Freundin hat. Seine Ex-Freundinnen waren auch jeweils mit mehreren Männern aktiv. Ich war in meinen Beziehungen bislang immer monogam und kann mir dieses polyamore Beziehungsmodell eigentlich nicht vorstellen. Allerdings finde ich den Mann – abgesehen von diesem erheblichen Unterschied – ganz toll, und wir passen super zusammen. Soll ich unsere beginnende Beziehung trotzdem lieber gleich beenden?

Ehrlich gesagt, bin ich direkt versucht, zu antworten: Ja, beenden Sie die Sache! Wie Sie richtig schreiben, gibt es zwischen Ihnen beiden einen erheblichen Unterschied, der den Kern der Beziehung betrifft. Wie soll das je zusammengehen?

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Damaris Sander ist Psychologin.

Dazu aber dann doch noch ein paar andere Gedanken: Ihr neuer Freund gestaltet die Beziehung ja mit. Wie steht er dazu? Wäre er bereit, sich um Ihretwillen auf eine monogame Beziehung einzulassen? Das wäre sonst eine recht einseitige Veranstaltung, wenn Sie sich an sein (bisheriges) Beziehungsmodell anpassen, er aber nicht an Ihres. Also: fordern Sie ihn durchaus heraus!

Wenn Sie mit ihm die Erfahrung machen, dass er Ihnen entgegenkommt, Ihre Grenzen respektiert und Sie ihm wichtiger sind als sexuelle Abenteuer, dann kann Vertrauen zwischen Ihnen wachsen.

Neuland erkunden

Und wer weiß, vielleicht bekommen Sie dann, auf einer sehr stabilen Basis gemeinsamer Erfahrungen, ja selber einmal Interesse daran, sexuelles Neuland zu erkunden. Mir fällt auf, dass ich mehr und mehr den Impuls verspüre, Sie zu schützen. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass Sie selbst das nicht so sehr tun.

Dass Sie erlebt haben: Eine Beziehung, ein Kontakt oder eine Verbindung kommt nur dann zustande, wenn Sie sich anpassen, über Ihre Grenzen gehen, sich selbst eben nicht schützen.

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Die sich entwickelnde Beziehung zu diesem Mann könnte für Sie von daher eine Gelegenheit sein, in Sachen Beziehung etwas Neues auszuprobieren, nämlich für sich einzustehen und eventuell die Erfahrung zu machen, dass die Verbindung nicht abreißt. Sollte sie es doch tun, dann sage ich mal ganz platt: Es gibt auch andere tolle Männer. Wirklich!

Kommunikation ist essenziell

Falls Sie dennoch eine polyamore Beziehung ausprobieren wollen, rate ich Ihnen, sich im Vorfeld darüber zu informieren, welche Erfahrungen Menschen in dieser Beziehungsform gemacht haben und worauf Sie achten sollten.

Reden Sie mit anderen, lesen Sie in Foren! Offene Beziehungen stellen hohe Anforderungen an die Beteiligten im Hinblick auf die Einschätzung der eigenen Bedürfnisse und die Kommunikation untereinander. Was für die Partner in einer monogamen Beziehungen oft unausgesprochen klar ist – „du bist die Nummer 1 für mich, wir haben zusammen etwas Einzigartiges!“ –, das muss in einer polyamoren Beziehung benannt und verhandelt werden.

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Regeln helfen dabei, Grenzen zu schützen und Sicherheit zu geben. Zum Beispiel die Regel, dass sexuelle Kontakte nicht heimlich erfolgen dürfen oder dass jeder Partner ein Veto einlegen kann gegen den Kontakt des anderen zu einer bestimmten Person.

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