Heiliger KniggeIslam: Die Kunst des Schuhe-Ausziehens

Der hauptamtliche Imam Emre Simsek in der Kölner Zentralmoschee
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Vor der Moschee
Kleidung Der Islam legt Muslimen bescheidene Kleidung ans Herz – „Sie sollte sauber und gepflegt sein und den Körper in angemessener Weise bedecken“, sagt der Islamwissenschaftler Bekir Alboga von der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (Ditib) in Köln, der Sprecher der Moscheegemeinde. Das bedeutet für Besucher des Gebetsraums der Moschee: Frauen sollten Haare, Dekolleté und Schultern bedecken. Für Männer ist eine Kopfbedeckung optional. Muslimische Frauen halten den ganzen Körper bedeckt und tragen Kopftücher – Männer ein Takke, eine Art Gebetskappe. „Kopfbedeckungen sind für uns Reinheitszeichen, Schutz und Symbol der Ehrerbietung vor Allah“, sagt Alboga.
Der richtige Besuchstermin In den meisten Moscheen in Deutschland sind Nichtmuslime willkommen. Außer in Touristenzentren sind aber Anmeldungen erforderlich. Für Besucher der noch nicht eröffneten Kölner Zentralmoschee gibt es werktags – außer während des Ramadan (dieses Jahr vom 28. Juni bis 30. Juli) – etwa einstündige Führungen, die vier Wochen zuvor angemeldet werden sollten. Alboga empfiehlt diese von Experten begleiteten Führungen anstelle spontaner Besuche, da das ehrenamtliche Personal in Moscheen häufig nur ein begrenztes Zeitbudget hat. Wer eines der fünf Gebete (im Sommer zwischen 5 und 22 Uhr, je 20 Minuten) miterleben möchte, sollte im Internet vorab die Gebetszeiten abrufen, da sie abhängig vom Sonnenstand, also täglich unterschiedlich stattfinden. Zum Freitagsgebet über die Mittagszeit sind die Gebetsäle oft überfüllt, weshalb Alboga rät, ein Sonntagmittagsgebet zu besuchen.
Beim Eintreten
Rituelle Reinheit Muslime betreten die Moschee im Zustand der rituellen Reinheit. Deshalb nehmen sie, wie auch vor jedem Gebet, eine rituelle Waschung vor. Dazu verwenden sie reines Wasser, sprechen vorab die Basmala („Bismillahi-r-rahmani-r-rahim“, auf Deutsch: „Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes“) und waschen sich – jeweils dreimal– die Hände bis zu den Handgelenken, spülen den Mund aus, reinigen die Nase mit Wasser, waschen das Gesicht einschließlich Stirn und Kinn, den rechten und linken Unterarm bis zum Ellenbogen, fahren mit nassen Händen über das Haar, befeuchten die Ohren mit den Händen und waschen abschließend den rechten und den linken Fuß bis zum Knöchel.
Schuhe aus „Die rituelle Waschung wird von nicht-muslimischen Besuchern nicht erwartet, wohl aber, dass sie die Schuhe vor dem Gebetsraum ausziehen“, sagt Alboga – „eine Kunst für sich, denn der Teppich sollte nicht mit Schuhen betreten werden“. Deshalb sind für einen Moschee-Besuch Slipper praktisch, oder andere Schuhe, die leicht aus- und anzuziehen sind. Hintergrund dieser Regel ist, dass Muslime auf sauberem Boden beten sollen, weil sie ihn dabei auch mit der Stirn berühren. Weshalb auch erwartet wird, dass Besucher nicht barfuß über den Teppich laufen, sondern mit sauberen Socken. In den Vorräumen der Moschee werden die Schuhe aufbewahrt. Man kann sie aber auch, die Sohlen zueinander gewandt, mit in den Gebetsraum nehmen. Muslime betreten ihn mit dem rechten Fuß – nicht-muslimische Besucher müssen das nicht.
Kirchengebäude Moscheen („Ort der Niederwerfung“) sind wie Synagogen rituelle Orte des gemeinsamen Gebets, des Lernens (lebenspraktische Wertevermittlung im Sinne der islamischen Religion) und der Begegnung. Oft sind in angeschlossenen Nebengebäuden Seminarräume, Gemeindesäle oder Mehrzweckhallen untergebracht. Ditib-Sprecher Bekir Alboga nennt die Moschee einen „heiligen Raum mit gottesdienstlicher Intention“.
Architektur Das Grundmuster einer Moschee ist ein nach Mekka ausgerichteter Gebetssaal mit einem oder mehreren Minaretten, Waschgelegenheiten und angrenzenden Gebäuden. Der Betraum ist je nach Region und Klima gestaltet. Im zentralen Element der Moschee, dem Betraum, befinden sich keine Symbole oder architektonischen Barrieren, die die Konzentration des Beters auf Gott ablenken könnten.
Moschee-Typen Kleine Moscheen nennt man Mescid, große Cami. In Freitagsmoscheen findet das Freitagsgebet und die Freitagspredigt statt. Eine Grabmoschee ist eine besondere Art von Gedächtnismoschee, verbunden mit einem Mausoleum. Als Hinterhofmoschee wird ein umgewidmetes Gebäude bezeichnet, das als Moschee und Versammlungsort eingerichtet oder umgebaut wurde, als solcher aber von außen nicht zu erkennen ist.
Zentralmoschee Köln, Venloer Str. 160, ☎ (0221) 50 80 00, zentralmoschee-koeln.de (Besucheranfrage)
moscheesuche.de/moschee/stadt/Koeln/2581 (Gebetszeiten)
Im Gebetsraum
Der Aufbau Muslime beten in Richtung der Kaaba, dem Zentralheiligtum der Muslime in Mekka. Die Gebetsrichtung – in Deutschland nach Südosten – ist meist gekennzeichnet, entweder durch eine auffallend gestaltete Wand oder eine Gebetsnische (Mihrab). Sie ist der Platz des Imam (Vorbeters), der während des Vorbetens mit dem Rücken zur Gemeinde steht. Die Gebetsnische sollte von Besuchern nicht betreten werden. Oft gibt es im hinteren Bereich der Moscheen oder mittig Emporen (Dikka). Sie sind für Muezzins oder Imame vorgesehen. Von ihnen aus werden der Ädhan (öffentlicher Gebetsruf) und das Iqama (interner Gebetsruf zum Aufstehen) ausgerufen. In Moscheen mit Lautsprechern hat die Dikka nur noch symbolischen Charakter. Der Imam hält seine theologischen Vorträge auf dem Lehrstuhl (Kursi), seine Freitagspredigten auf einer Kanzel (Minbar). Als Kursi bezeichnet man auch die mobilen Lesepulte, die als Ablage für den Koran dienen, der laut islamischer Tradition nicht auf dem Boden liegen darf. Die genannten Orte sollten Besucher nicht betreten.
Der richtige Platz Frauen und Männer beten in den meisten Moscheen getrennt – entweder, wie in Köln, die Männer im vorderen, die Frauen im hinteren Teil des Gebetsraumes, oder die Frauen auf der Empore. „Für Besucher ist der beste Platz dort, wo hinter ihm kein Gläubiger mehr beten kann, also am besten seitlich in Nähe der Tür“, sagt Alboga. Im Islam ist es unerwünscht, vor einem Betenden herumzulaufen. Das mache sein Gebet ungültig, da zwischen den Gläubigen und Gott kein zweites Lebewesen treten darf. Für Besucher tabu sind auch die Stühle an den Seitenwänden. Sie sind für Ältere oder Kranke reserviert.
Ablauf des Gebets Das Gebet, für das sich die Betenden in Reihen platzieren, sieht verschiedene Körperhaltungen vor, dazu Bittgebete, Lobpreisungen und Rezitationen aus dem Koran, die Muslime leise aufsagen. Beim Gemeinschaftsgebet leitet der Imam die Gruppe an und rezitiert teilweise laut. „Während des Gebetes wird nicht gesprochen und in der übrigen Zeit in einer gemäßigten Lautstärke, in der man die Betenden nicht stört“, rät Alboga.
Beim Verlassen
Muslime verlassen den Gebetsraum mit dem linken Fuß. Ihre religiöse Tradition empfiehlt ihnen, das erst nach dem gemeinschaftlichen Gebet zu tun. Aus Respekt vor den Betenden gilt das auch für Besucher. Spenden und Geldgeschäfte sollten außerhalb des Gebetsaals erledigt werden.
Verhalten im Ausland
Die meisten islamischen Richtungen erlauben Nichtmuslimen Moscheen zu betreten – zu Gebetszeiten kann ihnen das allerdings verwehrt sein. Mekka und Medina sind indes für Nichtmuslime gesperrt.