In Sachen LiebeIch habe sexuell kein Verlangen mehr – lässt sich das noch mal ändern?

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Nicht gucken, sprechen! Über sexuelle Wünsche sollten Paare reden, sagt unsere Autorin. (Symbolbild)

  • Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
  • In dieser Woche beschäftigt sich Elisabeth Raffauf mit der Frage: Was kann man tun, wenn nur der Partner Lust auf Sex hat?

Köln – Mit 76 Jahren hatte ich das große Glück, nochmals einem wunderbaren Menschen zu treffen. Er ist zwölf Jahre jünger als ich. Inzwischen sind wir acht Jahre zusammen, wohnen getrennt und verstehen uns prächtig. Mein Problem ist: Ich habe sexuell kein Verlangen mehr. Ich liebe seine Berührungen, doch sie lösen keine Begierde aus. Dies ist bei meinem Partner anders. Wir haben uns darüber ausgetauscht, und er ist sehr einsichtig. Wie aber kann ich für mich wieder ein Gespür für sexuelles Freude erlangen? Inzwischen sind auch altersmäßige Beschwerden ein Hindernis. (Ulrike, 84)

Ihre Frage hat mich sehr gerührt: Wow, was für ein Glück! Mit 76 Jahren einen Menschen zu treffen, mit dem das Zusammensein so schön ist und die Liebe über viele Jahre hält. Und: Was für ein Glück, dass Sie beiden miteinander über Ihre intimen Wünsche und Ängste sprechen können!

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Elisabeth Raffauf ist Psychologin in Köln.

Ihre Beziehung besteht seit acht Jahren, und in acht Jahren verändert sich in den allermeisten Beziehungen auch die Sexualität. Natürlich verändert sich auch das Lustempfinden, wenn wir älter werden. In die eine oder andere Richtung. Sie wünschen sich wieder ein Gespür für sexuelle Freude. Es ist, glaube ich, ganz gut zu schauen, was für eine Art von Sexualität Sie bisher kennengelernt haben. Was daran hat Ihnen gefallen und was nicht? Und: Warum kommt das Thema jetzt auf, nach acht Jahren?

Leseraufruf

Regelmäßig beantwortet jemand aus unserem „In Sachen Liebe“-Team Ihre Fragen. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt; was Ihnen schwerfällt, wo Sie sich einen guten Rat wünschen!

Ihre Zuschriften unterliegen dem Redaktionsgeheimnis und werden von uns in anonymisierter Form zur Beantwortung weitergegeben. 

Schicken Sie Ihre Frage an:  in-sachen-liebe@dumont.de

Fragen Sie sich: An welchem Punkt unserer Beziehung stehen wir? Welche Bedeutung hat unser Altersunterschied heute? Möchten wir uns auch zeigen, dass die Beziehung noch jung ist? Oder dass wir selbst noch jung sind? Möchten wir etwas neu gestalten? Was möchten Sie ändern? Was möchte Ihr Partner? Was könnte es noch anderes geben?

Sie sagen: Sie mögen seine Nähe und seine Berührungen. Welche Art von Berührungen mögen Sie gern? Können Sie sich etwas wünschen? Und: Kann sich ihr Partner etwas wünschen? Kann eine erotische Atmosphäre entstehen, wenn Sie darüber sprechen? Vielleicht ist es gut zu schauen: Was bedeutet Sexualität für uns? Haben wir nur echten Sex, wenn wir auch zum Orgasmus kommen? Ist Sex für uns unbedingt mit Penetration verbunden? Oder ist streicheln, sich gegenseitig erregen und vielleicht befriedigen auch schon Sexualität, die uns gut gefällt und gut tut?

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Sie können gut miteinander sprechen, auch über das Thema Sexualität. Erzählen Sie einander Ihre Ängste und Ihre Wünsche. So kommen Sie vielleicht beide auf neue Ideen, die Sie als erotisch und erregend empfinden. Auch Ihr Partner wird es kennen, dass er keine Lust verspürt oder dass er – auch aufgrund seines Alters – nicht immer so kann, wie er es vielleicht gerne möchte. Das ist zur Zeit vielleicht dadurch überlagert, dass Sie Ihr fehlendes Gefühl von Begierde zum Thema gemacht haben.

Erotik und Sex ist ganz viel. Ich kann Sie nur ermuntern, weiter zu erforschen, was es noch geben kann und was sie beide miteinander möchten. Gleichzeitig: Sehen Sie die Sexualität nicht als etwas an, das geleistet werden, nach einem festen Fahrplan verlaufen oder den Orgasmus zum Ziel haben muss. Nehmen Sie es vielmehr als ein schönes Plus in der Beziehung an, als eine Möglichkeit, sich nah zu sein.

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