In Sachen LiebeMein Mann ist verstorben – wie kann ich gut mit der Trauer umgehen?

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Symbolbild Trauer

Wie geht man mit lang anhaltender Trauer um?

  • Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  • Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
  • Diesmal erklärt Daniel Wagner, was helfen kann, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat und die Trauerphase anhält.

Köln – Mein Mann ist letztes Jahr im Alter von 72 Jahren während einer Operation verstorben. Obwohl er an einigen Vorerkrankungen litt und der Eingriff entsprechend nicht ohne Risiko war, kam sein Tod für mich unvermittelt. Wir waren über 40 Jahre ein Paar. Ich habe das Gefühl, dass unsere beiden Kinder inzwischen gut mit dem Verlust leben können, aber mir fehlt er einfach immer noch. Haben Sie Vorschläge für den Umgang mit dieser Form von Trauer? Angelika, 69

Zunächst möchte ich Ihnen mein Beileid zum Ausdruck bringen. Der Verlust eines nahen Angehörigen gilt in der Psychologie als „kritisches Lebensereignis“ und ist insbesondere nach einem so langen gemeinsamen Lebensweg meist schwer zu verarbeiten. Ich schätze es sehr, dass Sie ihr Anliegen hier thematisieren, da wir beinahe alle früher oder später mit ähnlichen Situationen konfrontiert werden.

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Psychotherapeut und Dozent Dr. Dr. Daniel Wagner aus Köln

Jedes Jahr sterben allein in Deutschland mehr als 850000 Menschen. Dennoch wird das Thema Tod und Sterben weitestgehend aus unserem Alltag ausgeklammert, was dazu führt, dass Angehörige häufig allein mit ihrem Leid sind oder sich gar für ihre Gefühle schämen.

In anderen Kulturen ist das ganz anders. Dort gehören Zeremonien und Rituale und mitunter sogar der Anblick toter Menschen zur alltäglichen Wahrnehmung. Das erleichtert den offenen Umgang mit dem Thema und gibt Raum, Emotionen gemeinsam zu verarbeiten.

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Dass Ihre Trauer anhält, ist nichts Ungewöhnliches, denn es gibt insbesondere im ersten Jahr nach dem Tod viele Gelegenheiten, wie Geburtstage, Feiertage und den Todestag, die besonders an den Verlust erinnern und die Sie nun das erste Mal allein begehen müssen. Zudem ist es ganz naheliegend, dass sich Ihre Trauer auch über einen längeren Zeitraum zeigt und dass Sie Ihren Mann vermissen. Schließlich haben Sie viele Entwicklungsphasen, wie zum Beispiel die Verliebtheit, das Etablieren im Berufsleben, das Aufwachsen Ihrer Kinder, persönliche Krisen gemeinsam durchlebt.

Trauer ist im Übrigen aber auch etwas ganz Individuelles. Es sollte Ihnen daher nicht zu denken geben, dass Ihre Kinder anders mit dem Verlust umgehen als Sie. Schließlich standen Ihre Kinder in einer ganz anderen Beziehung zu Ihrem Mann. Zudem gibt es kein Richtig oder Falsch bei der Frage, wie viel, wie lange und ob überhaupt Trauer oder andere Gefühle sich zeigen. Eines aber wissen wir aus der psychologischen Forschung sicher: Wenn sich Trauer zeigt, sollten wir sie nicht verdrängen oder versuchen, sie abzuschalten.

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Vielmehr ist es wichtig, Trauer und andere – mitunter sogar widersprüchliche – Gefühle zuzulassen, sich Zeit dafür zu nehmen. Manchmal kann dafür Rückzug gut und wichtig sein. Vielen Menschen hilft aber auch ein offener Umgang. Sprechen Sie viel und oft mit Freunden und Bekannten, rufen Sie ruhig auch Erinnerungen wach. Wenn es Ihnen gelingt, die Gefühle zuzulassen, wird es mit der Zeit immer einfacher, damit umzugehen, und die Intensität des Gefühls wird abnehmen.

Eine weitere Aufgabe wird es sein, Ihren Alltag ein Stück weit neu zu gestalten und bisherige gemeinsame Aktivitäten zu ersetzen. Was erleben Sie als angenehm? Was tut Ihnen gut, und was ist genussvoll? Sie brauchen sich dafür nicht mehr mit Ihrem Partner abzustimmen. Darin kann auch ein Stück Freiheit liegen.

Wenn die Trauer so intensiv bleibt, gar nicht abnimmt und Ihren Alltag auch nach langer Zeit noch einschränkt, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Erwägung ziehen. Eine Psychotherapie hält strukturierte Ansätze bereit, mit Ihrer Trauer und dem Schmerz des Verlusts umzugehen.

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