Navi, Musik hören, AnrufeWas ist mit dem Handy auf dem Fahrrad erlaubt und was nicht?

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Eine Frau steht auf einer Brücke in Köln auf ihrem stehenden Fahrrad und telefoniert

Das Fahrrad anhalten und telefonieren: Das ist natürlich erlaubt. Beim Fahren sind die Regeln deutlich strenger.

Auf dem Fahrrad ist es wie im Auto: Das Smartphone sollte man beim Fahren nicht benutzen. Der Teufel steckt aber im Detail.

Dass Autofahrende ihr Smartphone während der Fahrt nicht benutzen dürfen, liegt auf der Hand. Gerade bei hohen Geschwindigkeiten erhöht sich die Unfallgefahr drastisch. Doch wie sieht das eigentlich beim Fahrradfahren aus? Ist das Handy dort so streng verboten wie im Auto?

Die kurze Antwort: ja. Auf dem Fahrrad gelten dieselben Regeln wie im Auto. Die finden sich in Paragraph 23 der Straßenverkehrsordnung, in der die Rede vom Führen eines Fahrzeugs ist. Marc Michelske, Anwalt für Verkehrsrecht aus Köln, stellt klar, dass sich das Verbot nicht auf Kraftfahrzeuge beschränkt, „sodass kein Unterschied zwischen Pkw, Lkw und Fahrrädern gemacht wird.“ Konkret heißt es dort: Wer ein Fahrzeug führt, darf während der Fahrt kein elektronisches Gerät benutzen, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient, wenn es dafür in der Hand gehalten werden muss. „Also gilt, dass Fahrradfahrer ihr Smartphone nicht aktiv beim Fahrradfahren in der Hand halten und nutzen dürfen“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke.

Ob Navi, Musikhören oder Sprachnachrichten: Was genau nun verboten oder erlaubt ist, versteckt sich natürlich im Detail. Darum gibt es auch eine lange Antwort.

Was darf man mit dem Smartphone beim Fahrradfahren machen?

Komplett in der Tasche bleiben muss das Smartphone beim Fahrradfahren nicht. Navigations-Apps zum Beispiel würde das ja auch ad absurdum führen. Die Rahmenbedingungen, unter denen das Smartphone genutzt werden darf, sind aber sehr eng und klar geregelt. Es gilt: In der Hand halten und langes Draufschauen ist verboten. „Während des Fahrradfahrens darf das Smartphone dann genutzt werden, wenn es an einer Halterung angebracht ist und Sie nur kurz auf das Gerät hin- und vom Verkehrsgeschehen wegsehen und auch nur, soweit es die Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse erlauben“, sagt Marc Michelske.

Christian Solmecke konkretisiert das: „Ein kurzer Blick auf das am Lenker befestigte Smartphone, um nachzusehen, ob es an der nächsten Kreuzung nach links oder nach rechts geht, ist also per Gesetz erlaubt.“ Allerdings sollten Radfahrende ihre Augen nur kurz Richtung Smartphone unten richten: „Die Verkehrssituation muss es gestatten, den Blick kurz von der Straße abzuwenden“, sagt Solmecke. Das Spiel des 1. FC Köln darf man also nicht beim Fahrradfahren schauen.

Hilfreich ist es auch, das Smartphone per Sprachsteuerung zu bedienen. So lässt sich beispielsweise das Ziel in der Navigations-App ändern oder ein Lied in der Musik-Playlist überspringen. Dass die Nutzung per Sprachsteuerung erlaubt ist, stehe auch ausdrücklich in der Straßenverkehrsordnung, betont Christian Solmecke.

Darf ich beim Fahrradfahren im Straßenverkehr Musik über Kopfhörer hören?

„Viele wissen das nicht, aber es ist nicht illegal, Musik beim Fahrradfahren zu hören – egal ob mit oder ohne Kopfhörer“, sagt Christian Solmecke. Allerdings gibt es auch hier Bedingungen. Das „Noise Cancelling“, also die Geräuschunterdrückung von außen, mit der viele Kopfhörer beworben werden, ist beim Musikhören auf dem Fahrrad hinderlich. Denn: „Die Musik darf nur so laut sein, dass man noch alles mitbekommt, was um einen herum geschieht“, betont Solmecke. Konkret heißt das: „Es ist aber wie beim Auto, ich muss die Lautstärke so einstellen, dass ich akustische Warnzeichen wie Hupe, Sirene oder Klingel weiterhin wahrnehmen kann“, erklärt Marc Michelske.

Darf ich auf dem Fahrrad telefonieren oder Sprachnachrichten abhören?

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich quasi schon aus den vorherigen Einschränkungen: Das Telefonieren per Lautsprecher oder Kopfhörer ist erlaubt, wenn Fahrradfahrende ihre Umgebung dabei weiterhin akustisch wahrnehmen können. Außerdem darf das Smartphone dafür nicht in der Hand gehalten werden, der Anruf muss beispielsweise per Sprachsteuerung oder bei einem kurzen Halt angenommen werden. Das gilt auch für das Abhören von Sprachnachrichten.

Macht es einen Unterschied, ob ich auf dem Radweg oder der Straße fahre?

„Es macht im rechtlichen Kontext der Smartphone- und Kopfhörernutzung auf dem Fahrrad keinen Unterschied, ob man auf einem Radweg oder auf der Straße unterwegs ist“, sagt Marc Michelske. Der Grund ist einleuchtend: „Schließlich können auch auf Radwegen andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden“, erklärt Christian Solmecke.

Ist es erlaubt, das Smartphone beim Fahrradfahren in der Hand zu halten, ohne es zu benutzen?

Wenn die Hose beim Fahrradfahren spannt, wird das Smartphone in der Hosentasche schnell nervig. Ist die Hosentasche klein und locker, fällt es vielleicht sogar zu Boden. Kein Problem, einfach einhändig fahren und das Smartphone in der anderen Hand halten, ohne es zu benutzen. Eine gute Idee? Nur bedingt, finden Michelske und Solmecke.

Die Straßenverkehrsordnung verbietet zwar lediglich, das Handy zu halten und dabei zu benutzen. „Das Oberlandesgericht Celle entschied deshalb, dass es keinen Verstoß gegen das Gesetz darstellt, das Smartphone zu halten, ohne es dabei zu nutzen“, sagt Solmecke. Das sei jedoch nicht unumstritten. „Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied 2018, dass auch schon das Halten des Smartphones ein Verstoß sei. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt seine elektronischen Geräte also lieber in der Tasche.“ Auch Michelske rät davon ab, „da es für Polizeibeamte nicht ersichtlich sein könnte, dass keine Nutzung erfolgt ist.“

Welche Strafen drohen, wenn ich das Smartphone beim Fahrradfahren unerlaubt benutze?

Der Gesetzestext unterscheidet bei der Smartphone-Nutzung also nicht zwischen Fahrrad und Auto, bei der praktischen Auslegung der Regeln ist das natürlich etwas anders. Einen Unterschied im Gesetz gibt es aber doch, und zwar bei der Bestrafung.

Zwar ist die unerlaubte Smartphone-Nutzung auf dem Fahrrad teuer, das Bußgeld liegt bei 55 Euro und kann sich durch die Gefährdung anderer oder einen Unfall auf 75 beziehungsweise 100 Euro erhöhen. „Es lohnt sich also nicht nur für die Sicherheit, sondern auch für den Geldbeutel, das Smartphone in der Tasche zu lassen“, sagt Christian Solmecke. Aber: Im Gegensatz zum Auto drohe auf dem Fahrrad kein Punkt in Flensburg, wie Marc Michelske erklärt. Auch ein Fahrverbot sei im Bußgeldkatalog nicht vorgesehen.

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