StilkolumneWarum Pink in diesem Sommer die Trend-Farbe bei Männern ist

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Mann in pink

Gekommen, um zu bleiben? Pink ist die Trendfarbe des Sommers.

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • Diesmal erklärt Eva Reik, wie es die Farbe Pink geschafft hat, zum Sommer-Trend bei Männern zu werden – und ob dieser Trend anhalten wird.

James Bond in Himbeerrot: Spätestens als Daniel Craig im vorigen September bei der Londoner Weltpremiere von „No Time To Die“ in seinem Samtjackett über den roten Teppich schritt, war klar: Da kommt was auf uns zu. Wenn die männlichste Figur der Filmgeschichte, wiewohl mittlerweile etwas aufgeweicht an den Kanten, kräftiges Rosa wählt und die Bilder davon innerhalb Sekunden millionenfach um den Globus gehen, dann wird das Trend.

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Modeexpertin Eva Reik

Und so kam es: Kaum eine Herrenkollektion im Frühjahr/ Sommer 2022 ohne Jacken, Hosen und Shirts, ganze Anzüge in Rosa, Pink und Fuchsia. Von sanft wie Softeis bis zum schreienden Exzess, alles ist dabei. Auch Designer wie Jil Sander oder Stone Island, sonst eher bekannt für ein Farbspektrum zwischen Wald und Meer, tunkten die Baumwollgewebe in Pink.

Die neue Lust auf Pink

Rosa also über alles und überall. Auf der Straße, in der Disco, selbst oben in der Chefetage. Die Frage ist bloß: Bleibt die Pink Power ein kurzes Sommerintermezzo? Mitnichten: Provokantes Fuchsia und plüschiges Puder werden die Männer auch im Herbst und Winter und darüber hinaus kleiden, wie kürzlich in Mailand zu sehen war.

Männern, vor allem aber Personen, die sich nur ein wenig oder nicht ganz diesem Geschlecht zugehörig fühlen, und etwas übermütigen Jungs wie den Sängern Harry Styles und Justin Biber sowie der Gucci-Muse Jared Leto ist es zu verdanken, dass sich die hellen bis blaustichigen Rottöne nun wie selbstverständlich in die Herrenkollektionen einreihen; dass die Farbe vom Laufsteg, der Bühne oder vom roten Teppich herunter auch den Weg in die Prêt-à-Porter-Shops findet. Andreas Murkudis, der in seinem Berliner Conceptstore gerade die Pakete mit der Herbstware öffnet, entdeckt darin „jede Menge pinke Teile“. Dass die neue Lust auf Pink mit dem Aufbrechen der Gendergrenzen und dem fluiden Wabern zu tun hat, „unterschreibe ich“, sagt Murkudis. Fuchsia statt Himmelblau. Plus Rüschen, Seide, Blumendruck und Chiffon.

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Natürlich wählte ein Mick Jagger in den 1970er Jahren auch schon rosa Rüschen. Dass sich die Farbe und die Formen aber jetzt ernsthaft in der Herrengarderobe etablieren, ist neu. Seit Alessandro Michele von Saison zu Saison die Gucci-Herrenkollektionen um mehr femininen Zierrat ergänzt hat, lackieren sich inzwischen auch Schuljungs in Eckernförde und Rosenheim die Nägel, legen sich Perlen um den Hals, piksen Broschen ans Revers und schlenkern Handtäschchen.

Ob nun der Gucci-Kreativdirektor die non-binary oder auch genderqueere Strömung beeinflusst und der Movimento Michele zu immer weiteren Brüchen mit den bisherigen Konventionen beflügelt hat, gilt es noch zu untersuchen. Vermutlich haben auch die Pandemie-Pausen dazu beigetragen, dass nicht nur die Jogginghose den formalen Anzug verdrängte, sondern die Generation Z auch Zeit geschenkt bekam, übers Grundsätzliche, die Binary-/Non-binary-Grenzen nachzudenken und – vor allem – sich darüber hinwegzusetzen. Jedenfalls ist es so, dass das rosa Hemd, ob mit steifem Kragen oder in lässigem Leinen, das über Jahrzehnte der englischen Oberschicht, Internatsschülern und Jachtbesitzern an den Mittelmeer-Hot-Spots vorbehalten war, heute als Hingucker oder als Komplett-Look auch in allen Schichten der Gesellschaft angekommen ist.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Ein kurzer Vorausblick ins Frühjahr 23 verheißt noch mehr flatternde Seide, fliegenden Chiffon, verspielte Blumenranken. Begriffe, die Jahrzehnte Damenkollektionen vorbehalten waren, verbinden die Modebewussten jeglichen Geschlechts. Ganz ohne Gendersternchen.

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