Windkraft in Bad MünstereifelDies sind die Argumente der Gegner der Windräder

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Noethen_Gegenwind_Montage

Sorgen für verhärtete Fronten: Drei 260 Meter große Windräder, die im Nöthener Wald entstehen könnten. Die Montage stammt von den Gegnern des Baus in der Initiative Gegenwind. 

Bad Münstereifel – Keine Windräder im Wald: Die Bürgerinitiative Gegenwind begründet ihre Ablehnung vor allem mit Naturschutz und der Sorge um den Pfaffenbusch. Nicht nur die 810 Mitglieder der Initiative lehnen das Vorhaben ab. Auch die Ratsfraktionen der SPD, der FDP und der UWV sind gegen die Verpachtung der Flächen. Hier lesen Sie die Argumente der Gegner.

Finanzielle Argumente

Die städtischen Einnahmen seien zu vernachlässigen: 30 Euro je wahlberechtigtem Bürger und Windrad rechtfertigen für Gegenwind keine Industrie im Wald. Die Eigentümer der Anlagen tragen laut der Windkraftgegner über 20 Jahre das Inflations-, Insolvenz- und Rückbaurisiko. Die Rückbaukosten schätzen sie auf einen Betrag zwischen 600.000 und 900.000 Euro pro Anlage.

Faktencheck: Bad Münstereifel zählt 15 270 Wahlberechtigte. 13,1 Millionen Euro in den nächsten 25 Jahren – so viel Geld kann die Verpachtung der Flächen laut des städtischen Klimaschutzmanagers Florian Hammes der Stadt einbringen. Das entspricht 34 Euro pro wahlberechtigtem Bürger und Jahr für alle Anlagen zusammen. Die genannten Risiken gelten für nahezu jedes Investitionsprojekt. Eindeutig lassen sich auch die Rückbaukosten nicht beziffern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat hierfür stark schwankende Kosten nachgewiesen. Eine Schätzung geht von etwa 80 Euro pro installiertem Kilowatt Leistung aus. Auf Basis dieser Daten lassen sich die Rückbaukosten je Windrad auf 480 000 Euro schätzen, wenn die von Juwi präferierten Sechs-Megawatt-Anlagen in Nöthen gebaut werden. Die Kosten muss nicht die Stadt als Verpächter tragen, sondern der Eigentümer der Anlagen – bei einer Beteiligung wären das auch die Bürger.

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Standort

Die Stadt sei der Eisbrecher für den Bau von Anlagen im Wald, sagt Gegenwind. Wenn sie ihre eigenen Flächen nicht verpachte, würden auch keine Windräder auf privatem Grund folgen. Die UWV-Fraktion schlägt einen Alternativstandort für Windräder vor. Sie verweist auf ein Gebiet im westlichen Stadtwald, auf dem der Bau von neun Anlagen theoretisch möglich wäre.

Faktencheck: Wie wahrscheinlich Windräder auf privaten Grundstücken sind, lässt sich nicht zuverlässig überprüfen. Das von der UWV favorisierte Gebiet hat auch Projektierer Juwi als einen von drei möglichen Standorten genannt. Vertreter des Unternehmens vermuten, dass es dort aber zu Konflikten mit dem Radioteleskop Effelsberg kommen könnte.

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Gesundheitsgefahren

Die Anlagen sind den Windkraftgegnern zu nah an den Orten. Dies gefährde die Gesundheit der Anwohner durch Infraschall, Lärm und Schattenwurf. Besonders gefährdet seien die Menschen in den landwirtschaftlichen Betrieben bei Nöthen.

Faktencheck: Verschiedene medizinische Studien, etwa der Universität Mainz, belegen Effekte des Infraschalls auf Innenohr, Gehirn oder Herzmuskelzellen. Gesundheitsgefahren schließt auch das Umweltbundesamt nicht aus. Bis zu welcher Entfernung sich Infraschall und Lärm auf die Gesundheit auswirken, ist unklar. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe korrigierte erst Ende April die Infraschallemissionen von Windrädern von 100 auf 64 Dezibel. Auch der Schlagschatten der Windräder kann die Orte erreichen. Hier gilt: Er darf nicht länger als 30 Minuten täglich auf die Orte fallen. Das schreibt das Immissionsschutzgesetz vor. Erst vor dem Genehmigungsverfahren prüft ein Gutachter, inwieweit Bürger durch den Schattenwurf beeinträchtigt werden.

Naturschutz

Bis zu 260 Meter hoch könnten die Windanlagen im Wald bei Nöthen werden – Gegenwind ist das deutlich zu hoch. Denn hierfür müssten allein 30 Hektar Wald in der Bauphase zerstört werden. Die Waldwege würden auf mindestens 5,50 Meter verbreitert, um Zugänge zu schaffen. Die Initiative fürchtet auch Effekte auf das lokale Klima, etwa durch ausgetrockneten Wald in der Nähe der Windräder. Außerdem würden diese Vögel, Insekten und Fledermäuse gefährden.

Faktencheck: Wie hoch die Windräder werden, steht noch nicht fest. Abhängig ist das von einem späteren Genehmigungsverfahren. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen schätzt die Waldfläche, die für ein Windrad gerodet werden muss auf 0,28 Hektar. Hinzu kämen rund 0,40 Hektar für Zufahrtswege und Materiallager. Juwi selbst geht von drei Hektar pro Anlage aus. Verbreiterte Waldwege lassen sich laut einer Analyse der Fachagentur Windenergie an Land nicht ausschließen. Die Waldflächen, die für den Bau der Anlagen gerodet werden, müssen zum Teil aber wieder aufgeforstet werden.

Eine Studie von Forschern der Harvard-Universität kam zu dem Schluss, dass Windanlagen einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Mikroklima haben. Vor allem nachts würden diese ihre Umgebung stark aufheizen. Für Vögel, Insekten und Fledermäuse können Windräder und der durch die Rotoren entstehende Druckabfall tödlich sein. Sollten die Windräder in Nöthen seltene Tierarten gefährden, käme es gar nicht erst zum Bau. Auch dies wird erst vor dem Genehmigungsverfahren geprüft.

Klimawandel

Eines der wichtigsten Gegenargumente der Initiative: Der Bau von Windenergieanlagen im Wald bei Nöthen hat keinerlei Auswirkungen auf das Klima in Deutschland, in Europa oder in der Welt.

Faktencheck: Mit den drei geplanten Anlagen ließen sich 33 000 Tonnen Kohlendioxid jährlich einsparen, teilt Juwi in den Projektdaten mit. Verglichen mit dem Kohlendioxidausstoß Deutschlands ist das wenig. Laut Umweltbundesamt wurden 2020 739 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Der Effekt der drei Windräder auf den Klimawandel ist dementsprechend gering. Das gilt aber für jeden Wind- und Solarpark. Erst in der Masse beeinflussen diese den Klimawandel.

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Tourismus

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Kurstadt. Die Sorgen der Windkraftgegner sind groß, dass sich die Anlagen negativ auf die touristische Attraktivität auswirken. Die Landschaft werde verschandelt, die Wanderwege Eifelschleifen und Jakobsweg zerstört, argumentiert Gegenwind. Zudem seien der Gotteswald und das Matronenheiligtum gefährdet. Die FDP fürchtet ebenfalls Folgen für den Pfaffenbusch. Dieser sei ein von den Bürgern geschätztes Naherholungsgebiet.

Faktencheck: Einige Studien stellten keinen Effekt fest, andere einen negativen. Eine deutschlandweite Studie der Leibniz Universität Hannover kam zu dem Schluss, dass sich in küstenfernen Regionen eher ein negativer Effekt auf den Tourismus beobachten lässt. Ein Großteil dieses Effekts würde aber durch eine allgemein steigende Tourismusnachfrage kompensiert.

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