Photovoltaik auf FreiflächenWo können in Blankenheim Solarparks entstehen?

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Auf der ehemaligen Nike-Raketenstation bei Rohr soll ein Solarpark entstehen.

Über Freiflächenphotovoltaikanlagen ist oft nicht so einfach zu entscheiden wie bei der ehemaligen Nike-Raketenstation bei Rohr.

Die Entscheidungen über Solarparks sollen in der Gemeinde Blankenheim durch einen Kriterienkatalog vereinfacht werden.

Vorbereitet im nicht-öffentlichen Arbeitskreis und in einer Besprechung der Fraktionsvorsitzenden mit der Verwaltung, hat die Gemeinde Blankenheim einen Kriterienkatalog für die Prüfung künftiger Anträge auf Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen (FPVA) erarbeitet. Dem muss nach dem Fachausschuss noch der Gemeinderat zustimmen. Wird der Kriterienkatalog beschlossen, bekommen Projektierer einen brauchbaren Instrumentenkasten für ihre Planungen an die Hand.

Gelb sind die Flächen entlang der A 1, der B 51, der B 258 und entlang der Eifelstrecke der Bahn auf Blankenheimer Gemeindegebiet im Solarkataster des Kreises markiert. Nicht rot wie ausgeschlossen, sondern eben gelb wie: Es kommt auf den Einzelfall an, und der könnte immer häufiger werden. Denn seit einigen Monaten interessieren sich immer mehr Projektierer auch für das Gemeindegebiet von Blankenheim.

Großer Zeitaufwand bei der Prüfung von Investitionsvorhaben

Man könnte sich darüber im Rathaus freuen. Doch tatsächlich ist es viel Mehraufwand, der auf die Verwaltung zukommt, und viel Zeitaufwand, der von den möglichen Investoren verlangt wird. Der Grund: Freiflächenphotovoltaikanlagen gelten nach wie vor in NRW als nicht privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich. Erst muss die Bezirksregierung angefragt, dann der Flächennutzungsplan geändert werden, bevor die eigentliche Bebauungsplanung, über die die Gemeinde die Hoheit hat, beginnen kann.

Dazu kommen neue gesetzliche Vorgaben im Baugesetzbuch, die mehr Erneuerbare Energie möglich machen soll, die Begrifflichkeit der Raumbedeutsamkeit einer möglichen PV-Großanlage und die 2024 geplante Novelle des Landesentwicklungsplans in NRW, der ebenfalls die Vorgaben für die Ausweisung von möglichen Arealen für die Erneuerbaren Energien als verpflichtendes Planungsziel eher ausweiten wird.

Vor Ort in der Fachabteilung von Maria Nelles im Blankenheimer Rathaus schlägt man sich unterdessen mit den Details herum. Nicht immer ist ja eine Genehmigung so einfach wie im Fall der Konversionsfläche auf der vormaligen Nike-Raketenstation oberhalb von Reetz. Der Normalfall sind Bedenken, Rücksichtnahmen, Dinge, die der Gemeindepolitik wichtig sind und die unterhalb des Levels eines Landeserlasses oder Bundesgesetzes zur Frage der Genehmigung einer Freiflächenphotovoltaikanlage liegen.

Um der steigenden Zahl der Anfragen nach Baugenehmigungen Herr zu werden, hat man nun in Blankenheim wie schon in der Nachbarschaft einen Kriterienkatalog verfasst. Und der legt einiges fest.

Zuleitung und Rückbau-Pflicht kommen in Blankenheimer Katalog

Verpflichtend soll künftig zunächst der Rückbau einer Freiflächenphotovoltaikanlage sein, wenn es keine Folgenutzung gibt. Optional ist aber auch ein Ankaufsrecht der Fläche durch die Gemeinde denkbar. Der Projektierer soll zudem die Kosten der Bauleitplanung übernehmen und zum Beispiel das Gelände mit einer Hecke umrahmen, um optische Einflüsse auf das umgebende Landschaftsbild zu vermeiden.

Ebenfalls Pflicht wird – das war die Bitte von Herbert Daniels (CDU) und von Wilfried Wutgen (SPD) in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Gemeindeentwicklung – der Bau einer nötigen Zuleitung des gewonnenen Stroms zum nächsten Einspeisepunkt des Netzes des Stromversorgers.

Die Abstände zur Wohnbebauung werden festgelegt 

Zudem soll es verschiedene ergänzende Ausschlusskriterien geben. So soll der Abstand der ersten Modulreihen innerorts mindestens 100 Meter zur Wohnbebauung betragen, außerorts sind 50 Meter Pflicht. Auch der Abstand zu klassifizierten Aussichtspunkten, gedacht ist etwa an Eifelblicke wie auf dem Kalvarienberg oberhalb von Alendorf oder Gewässer mit Erholungsfunktion, also den Freilinger See, werden mit mindestens 250 Metern festgelegt. Und insgesamt sollen im Gemeindegebiet nicht mehr als 266 Hektar mit Freiflächenphotovoltaik belegt werden, exakt 1,8 Prozent, wie es allgemein in Deutschland künftig verlangt wird.

Weniger kompromisslos ist schließlich ein Katalog aus Abwägungskriterien. Hier kommt es künftig auf die Einzelfallprüfung an. Vor allem die Vermeidung einer Störung des Landschaftsbildes ist den Machern des Entwurfs dabei ein Anliegen. So sollen bevorzugt solche Fläche ausgewiesen werden, die entlang von Verkehrsflächen oder ähnlich vorbelasteten Stellen liegen. Zu touristischen Highlights wie Premiumwanderwegen (Eifelsteig und Ahrsteig) und zu Naturdenkmälern sollen Visualisierungen mit den geplanten Modulreihen die Entscheidung vereinfachen helfen. Wichtig ist der Gemeinde auch die Beteiligung von Landwirtschaftskammer, Kreisbauernschaft, Bezirks- und Ortslandwirten, wenn es um die Eignung von landwirtschaftlich genutzten Flächen für die Erneuerbaren Energien geht.

Blankenheimer sollen über Beteiligungsmodelle profitieren 

Schließlich soll ein Pflegekonzept, das unter anderem Maßnahmen zur extensiven Flächenpflege, eine artenschutzfördernde Umzäunung, den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, Mahdzyklus und den Nachweis über den schadlosen Abfluss von Regenwasser enthält, eine Entscheidungshilfe sein.

Ganz zum Schluss der langen Liste will die Gemeinde Blankenheim auch ans liebe Geld denken: Sowohl die Bürger als auch die Gemeindekasse sollen über Beteiligungsmodelle von den Erlösen aus dem Stromverkauf profitieren können.

Ob das alles in der Praxis dann so umsetzbar ist, bleibt abzuwarten. Man müsse jedenfalls, so die Gemeindeverwaltung in der vom Ausschuss einstimmig angenommenen Beschlussvorlage, mit Blick auf großzügigere Vorgaben bei Bund und Land davon ausgehen, dass in naher Zukunft nahezu alle Außenbereichsgrundstücke im Gemeindegebiet für eine Freiflächenphotovoltaik in Betracht kommen könnten.

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