„Das Sehwerk“Augenarztpraxis in Euskirchen seit Anfang April geschlossen

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Die Praxis an der Wilhelmstraße ist wegen eines Rechtsstreits für Kassenpatienten seit Anfang April geschlossen. Privatpatienten wurden seither lediglich an zwei Tagen behandelt.

Die Praxis an der Wilhelmstraße ist wegen eines Rechtsstreits für Kassenpatienten seit Anfang April geschlossen. Privatpatienten wurden seither lediglich an zwei Tagen behandelt.

Euskirchen – Seit rund zwei Monaten ist die Euskirchener Praxis des Augengesundheitszentrums „Das Sehwerk“ für Kassenpatienten geschlossen. Wer dringend in Behandlung muss, soll sich an die Hauptpraxis des Unternehmens in Bonn oder an andere Augenärzte in der Umgebung wenden, wie es in einem Aushang neben der Tür heißt.

Gemengelage ist relativ kompliziert

Dass der Betrieb der Praxis an der Wilhelmstraße ruht, geht auf eine Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein zurück. Deren Pressesprecher Dr. Heiko Schmitz spricht von einer Gemengelage, die „nicht alltäglich und relativ kompliziert“ sei, wenn man sie zulassungsrechtlich betrachte. Chefarzt des Sehwerks ist Dr. Andreas K. Cordes. Er hatte mit einem Kompagnon einen Betrieb einige Jahre als Gemeinschaftspraxis geführt, ehe sich die Wege der beiden im vergangenen Jahr trennten. Die tägliche Arbeit in Euskirchen leistete in der Regel ein angestellter Arzt.

Nach Angaben von KV-Sprecher Heiko Schmitz kam es zu einem Ausschreibungsverfahren, da der Vertragsarztsitz nach der Trennung von Cordes und seinem Partner formell nicht mehr besetzt war. Die Auswahl über die Neubesetzung des Arztsitzes trifft der Zulassungsausschuss, der aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen besteht, so Schmitz. Dieses Gremium habe sich – „vor allem im Sinne einer für die Versorgung der Patienten wünschenswerten Kontinuität“ – für die Vergabe an Cordes entschieden. Dass überhaupt eine Ausschreibung nötig wurde, obwohl der angestellte Arzt „im Grunde am gleichen Ort in gleicher Weise weiterhin tätig sein sollte“, liege am Zulassungsrecht, so der Pressesprecher.

Konkurrent legt Widerspruch ein

Um den formell nicht mehr besetzten Arztsitz hatte sich nicht nur Andreas K. Cordes beworben, sondern auch ein anderer Augenarzt. Der legte Widerspruch ein, nachdem die Wahl des Zulassungsausschusses auf Cordes gefallen war. Cordes sagt, der Kollege habe die Chance genutzt, „dazwischenzugrätschen“.

Er betont aber, dass der Mitbewerber mit dem Einlegen des Widerspruchs ein Recht ausübe, „das ihm zusteht, weil er sich ja auch beworben hatte“. Der Widerspruch hatte gravierende Folgen, nämlich eine „aufschiebende Wirkung“, so KV-Sprecher Heiko Schmitz. Solange das Widerspruchsverfahren laufe, bleibe der Arztsitz frei, „sodass der Betrieb in der Praxis derzeit ruhen muss“. Darüber habe die KV Cordes am 2. April informiert.

Gericht entscheidet

Über den Widerspruch entscheidet in nächster Instanz ein Berufungsausschuss, erklärt Schmitz. Aktuell jedoch liege der Ball beim Sozialgericht Köln. Dort hat Cordes einen Antrag auf Sofortvollzug gestellt, „der die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs aufheben, also eine baldige Wiederaufnahme der Praxistätigkeit erlauben würde“. Nun gelte es, die Gerichtsentscheidung abzuwarten.

Der Augenarzt, der den Widerspruch nach Cordes’ Darstellung eingelegt hat, wollte dies auf Anfrage dieser Zeitung nicht bestätigen. Er sagte lediglich, er sei „im Wettbewerb“ um besagten Arztsitz. Darüber hinaus äußere er sich nicht zu einem laufenden Verfahren.

Nur Privatpatienten lohnen sich nicht

Schmitz unterstreicht, die KV wolle so schnell wie möglich die Wiederaufnahme der Versorgung an der Wilhelmstraße erreichen. Sie sei aber natürlich an die rechtlichen Rahmenbedingungen des Verfahrens gebunden. „Wir sind auch nicht alleiniger Entscheider und insofern auch nicht verantwortlich für die aktuelle Situation, die wir bedauern – zumal in diesem Fall eine rein rechtliche Angelegenheit aus unserer Sicht unnötigerweise zu einem zumindest vorübergehenden Engpass bei der Versorgung führt.“

Cordes betont, dass mit der Zulassung durch die KV die Genehmigung verknüpft ist, die Behandlung von Kassenpatienten abzurechnen. Dies sei ihm nun untersagt. Für eine Praxis mit einer normalen Struktur bedeute dies, dass der Betrieb nicht wirtschaftlich zu führen sei: „Über einen längeren Zeitraum ausschließlich Privatpatienten zu behandeln lohnt sich nicht. Trotzdem haben wir das jetzt an zwei Tagen gemacht.“

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Kassenpatienten dagegen gucken in die Röhre. Wie ein Mann aus Swisttal, der einen Untersuchungstermin vereinbart hatte, aber erfahren musste, dass man ihn nicht behandeln dürfe. „Was ist das für ein Skandal?“, fragt er: „Werden da auf dem Rücken von vielen Patienten Scharmützel unter Augenärzten in Euskirchen ausgefochten oder was sind wohl die Gründe?“ Die Situation sei unfassbar, „besonders, da man kaum kurzfristig einen Termin bei einem Augenarzt bekommt“. Cordes bestätigt dies: „Eine ganze Reihe Patienten kommt zu uns nach Bonn. Dies zeigt, wie schwer es ist, in Euskirchen in einer Augenarztpraxis unterzukommen.“

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