Corona-Hilfe in EuskirchenBürger organisieren Unterstützung für Risikopersonen

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Mit der „Bürgerhilfe Euskirchen“ möchten Marco Cziommer (v.l.), Laura Jungbluth und Sarah Schwies eine zentrale Vermittlungsstelle schaffen, an die sich Hilfesuchende und Helfer wenden können.

Mit der „Bürgerhilfe Euskirchen“ möchten Marco Cziommer (v.l.), Laura Jungbluth und Sarah Schwies eine zentrale Vermittlungsstelle schaffen, an die sich Hilfesuchende und Helfer wenden können.

  • Die Facebookgruppe „Bürgerhilfe Euskirchen (Corona-Virus)“ soll Menschen unterstützen, die in der Coronakrise Hilfe benötigen.
  • Dabei gehe es in erster Linie darum, Einkäufe oder Erledigungen für Risikopersonen zu übernehmen oder mit dem Hund spazieren zu gehen.
  • Innerhalb weniger Tage traten der Gruppe mehr als 250 Mitglieder bei.

Euskirchen – Das Coronavirus legt derzeit das öffentliche Leben lahm. Vor allem ältere Menschen und diejenigen, die zur Risikogruppe gehören, sollen nach Möglichkeit zu Hause bleiben und sich die notwendigen Einkäufe von anderen Menschen vor der Tür abstellen lassen. Das ist jedoch oft leichter gesagt als getan, denn nicht jeder hat Menschen in seinem Umfeld, die sich um einen kümmern.

Sarah Schwies aus Euskirchen ist zwar erst 27 Jahre alt und würde eine Infektion vermutlich unbeschadet überstehen. Aber als alleinerziehende Mutter in Elternzeit wisse sie, wie es sei, für sich allein zu sorgen: „Und da es momentan schwere Zeiten sind, habe ich mich gefragt, wie das die alten Leute schaffen sollen.“

Facebook-Gruppe eröffnet

Kurzerhand eröffnete sie eine Gruppe auf Facebook, die sie „Bürgerhilfe Euskirchen (Corona-Virus)“ nannte. Dort können sich sowohl Menschen eintragen, die gern helfen möchten, als auch Personen, die Hilfe benötigen.

Dabei gehe es in erster Linie darum, Einkäufe oder Erledigungen für Risikopersonen zu übernehmen oder mit dem Hund spazieren zu gehen. Auch Fahrten zum Arzt könnten manche Menschen sicher gut gebrauchen, um nicht die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu müssen.

Innerhalb weniger Tage traten der Gruppe mehr als 250 Mitglieder bei, und die Resonanz, sagt Schwies, sei überwältigend. Nicht nur aus Euskirchen gab es Meldungen, sondern Menschen aus dem gesamten Kreisgebiet böten ihre Hilfe an. Schnell habe sich eine Gruppe von Leuten gefunden, die auch administrative Tätigkeiten übernehmen wolle, um die Initiative besser koordinieren zu können.

Botengänge und Erledigungen

So auch Marco Cziommer, der der Gruppe ursprünglich beigetreten war, um sich nach einem Betreuungsangebot für seinen Enkelsohn zu erkunden. Mittlerweile sei aber klar, dass man sich von diesem Bereich der Hilfeleistung ausdrücklich distanziere, da die rechtliche Umsetzung viel zu kompliziert sei.

So wolle man sich innerhalb der Bürgerhilfe lediglich um Botengänge und Erledigungen kümmern. Man wolle nun erst einmal abwarten, wie sich die Sachlage entwickele. Wenn der Andrang groß ist, soll der Kreis Euskirchen in mehrere Gebiete aufgeteilt werden. Diese würden dann jeweils einem „Gebietskoordinator“ unterstellt, der sich um die Verwaltung seiner Ortschaften kümmert. Wenn sich nun ein Helfer meldet, sollen die Kontaktdaten und das Einsatzgebiet erfasst und bei Bedarf an einen Hilfesuchenden weitergeben werden. Die Kommunikation soll dabei größtenteils über Facebook- und WhatsApp-Gruppen laufen, um sich schnell verständigen und unkomplizierte Hilfe leisten zu können.

Zielgruppe über Social Media erreichbar

Die Zielgruppe der Helfer ließe sich gut über die Sozialen Medien ansprechen, so Cziommer. Jedoch: „Von den Leuten, die Hilfe brauchen, vor allem den Älteren, haben ja ganz viele überhaupt kein Internet, geschweige denn Facebook.“

Um diese Leute auch zu erreichen, hat Cziommer, der sich um den technischen Support kümmert, kurzum einen Flyer erstellt, den man ausdrucken und aufhängen kann.

Kontakt

Die Gespräche mit der Stadt Euskirchen seien erfolgreich verlaufen, berichten die Organisatoren der Bürgerhilfe.

Ab sofort gelte deshalb die Bürgerhilfe auch als Hauptansprechpartner für Anfragen aus dem Kreisgebiet. Menschen mit Internetzugang werden gebeten, sich per E-Mail zu melden oder der Facebook-Gruppe Bürgerhilfe Euskirchen (Corona-Virus) beizutreten.

Die Telefonnummern sollen speziell für Menschen ohne Internetzugang oder für dringende Fälle genutzt werden.

Montags bis sonntags stehen von 10 bis 19 Uhr diese Telefonnummern zur Verfügung: 01 63/6 05 79 00 und 01 5 1/73 01 80 63.

Coronahilfe.eu@gmail.com

Auch Laura Jungbluth, eine Freundin von Schwies, hat sich dem Koordinationsteam angeschlossen. Für sie als Erzieherin werde es in den kommenden Tagen vermutlich auch einige Änderungen geben: „ Ich muss zwar ganz normal zur Arbeit, auch wenn kaum Kinder da sind, trotzdem möchte auch ich meinen Beitrag leisten.“ Nach Feierabend sei sie daher nicht nur bereit, sich um Anfragen zu kümmern und sie weiterzuleiten, sondern auch selbst einkaufen zu gehen. Sie würde sich vor allem wünschen, dass das Netzwerk auch nach der Krise in Teilen erhalten bleibt, denn es sei „wichtig, dass die älteren Menschen wieder in die junge Mitte eingebunden werden“.

Nicht allein mit der Idee

Die Euskirchener Initiative ist scheinbar nicht allein mit ihrer Idee. In Kleinbüllesheim etwa kümmere sich der Bürgerverein um diese Nothilfe und habe sich schon bereit erklärt, die Koordination für dieses Gebiet zu übernehmen. Auch der neu gegründete Verein Zusammen für Zülpich e.V. hat sich für eine Vernetzung ausgesprochen. Immer mehr Menschen melden sich, die Zettel aufhängen und helfen wollen. „Unser Ziel ist es, da jetzt Struktur reinzubekommen und möglichst alle Gebiete im Kreis Euskirchen abzudecken“, sagt Cziommer. Daher seien auch alle anderen Helfergruppen eingeladen, sich mit dem Team in Verbindung zu setzen und ein gemeinsames System zu schaffen.

Die Kooperation mit den Bürgervereinen sei deshalb wünschenswert, weil man zusätzlich zur Hilfe auch Sicherheit bieten möchte. „Man kann den Leuten nur vor den Kopf gucken“, sagt Schwies, die sich schon mit der Thematik der Trickbetrüger auseinandergesetzt hat. Die Gefahr sei bei Vereinen ungleich geringer als bei Einzelpersonen. „Zwar unterstellen wir niemandem etwas Böses“, sagt sie, „aber wir können es auch nicht ausschließen.“ Deshalb würden auch nur die Helfer vermittelt, die sich mit Namen, Anschrift und Telefonnummer eingetragen haben.

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Jungbluth fügt hinzu: „Und das sind bis jetzt erst zehn Personen.“ Das sei aber nicht weiter problematisch, da die Hilfegesuche sich bislang noch in kleinem Rahmen hielten. Bisherige Gesuche konnten aber erfolgreich und zügig erledigt werden. Cziommer ist sich sicher: „Diese Krise wird uns noch monatelang beschäftigen. Lieber haben wir am Anfang etwas mehr Zeit zum Planen, sodass das Ganze auf soliden Füßen steht. Wir werden noch früh genug viel zu tun bekommen.“

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