Euskirchen: Geschäfte kommen zurückInnenstadt weiter ausgestorben

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So kaputt, so herzlich mit Weitblick. So klar und doch so verschwommen. Die Euskirchener Innenstadt ist auch nach Weihnachten wie ausgestorben. Nur wenige Menschen verlieren sich in der Fußgängerzone.

So kaputt, so herzlich mit Weitblick. So klar und doch so verschwommen. Die Euskirchener Innenstadt ist auch nach Weihnachten wie ausgestorben. Nur wenige Menschen verlieren sich in der Fußgängerzone.

Euskirchen – Die Holztür mit dem Bleiglas steht irgendwie sinnbildlich in der Euskirchener Innenstadt. Angelehnt an einen Container voll Bauschutt. Einige der kleinen Scheiben in der Tür fehlen, einige sind zerbrochen, einige wenige sind ganz. Wer durch sie hindurch schaut, sieht die Fußgängerzone verschwommen, unscharf. So wie es sich anfühlt, wenn man aus einem Alptraum plötzlich wach wird. Doch im Gegensatz zum bösen Traum, der plötzlich einfach vorbei ist, sind die immer noch vielen kaputten Geschäfte bittere Realität. Die Innenstadt ist ähnlich wie die Tür nach wie vor an vielen Stellen zerstört, an anderen (wieder) in Ordnung.

Schlüsseldienst wieder da

Normalerweise wäre die Stadt zwischen den Jahren voll. Der eine würde seinen zu Weihnachten geschenkten Gutschein einlösen, der andere das nichtgewollte und doch netterweise freudig ausgepackte Geschenk umtauschen. Doch Euskirchen ist leer, erfindet sich im Idealfall neu. Jeder versucht sich gerade so gut es geht, am eigenen Schopf aus dem Flutschlamassel zu ziehen.

„Ich spaziere jeden Tag durch die Neustraße“, sagt Katharina Klose. Die 29-jährige Euskirchenerin hängt an ihrer Heimatstadt und möchte den Fortschritt sehen. Manchmal, so erzählt sie, sei sie „ganz schön deprimiert.“ Weil eben gar nichts passiere. „Dabei ist schon so viel passiert und dennoch erinnert mich die Innenstadt an eine Operation am offenen Herzen“, so Klose. Doch das Herz schlägt, wenn auch deutlich langsamer als vor der Flut. Das war vor allem vor Weihnachten spürbar und ist es auch nach den Tagen. Einige ihrer Weihnachtsgeschenke hat Klose in den wenigen Geschäften, die wieder geöffnet haben, gekauft. Den Großteil habe sie online bestellt. „Was bleibt einem anderes übrig?“, fragt sie rhetorisch und schiebt ihre Antwort direkt hinter her: „Nichts!“

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Nur wenige Menschen sind in der Innenstadt.

Einer, der sich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel gezogen hat, ist Günter Blauen, Geschäftsführer des Modehauses Prinz an der Neustraße. Nach drei Monaten öffneten die Türen erstmals wieder. Improvisiert – wie so vieles in diesen Zeiten in der Flutregion. Auch bei Prinz ist dieser Tage deutlich weniger Betrieb als sonst zwischen den Jahren. Das liegt nicht nur an der fehlenden Laufkundschaft, sondern auch an Corona und der 2G-Regel für den Einzelhandel. Nur vereinzelt sind Kunden in den Geschäften.

Vom Zuspruch überwältigt

Eigentlich wollte Ilhan Gönes von „Alis Schuh- und Schlüsseldienst“ die Brocken hinwerfen. Doch der unglaubliche Zuspruch und die Spenden ließen den Inhaber neuen Mut schöpfen – trotz der erst kurz vor der Flut abgeschlossenen Sanierung. Ab Montag, 3. Januar, soll das Geschäft an der Klosterstraße wieder offen sein. „Wir haben einfach Vollgas gegeben. Wir konnten kaum einen klaren Gedanken fassen“, sagt Gönes voller Vorfreude. Gegenüber hat auch ein Barbershop wiedergeöffnet.

Auch die Bäckerei Merzenich hat ihr Comeback angekündigt. Am 6. Januar will das Unternehmen Ecke Wilhelmstraße/Bahnhofstraße wieder für die Kunden da sein.

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Und Klose? Die 29-Jährige hofft auf den Sommer. Auf ein Eis, sitzend auf dem Waschbeton am Herz-Jesu-Vorplatz. „Auch wenn ich den nach wie vor uneinladend finde“, sagt sie. Katharina Kloses Vorsatz für das kommende Jahr: Sie will sich noch intensiver mit ihrer Heimatstadt auseinandersetzen.

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