Interview

Interview mit Michael Schnitzler
Futsal ist weder „Pöhlen“ noch Baller-League

Lesezeit 5 Minuten
Michael Schnitzler als Schiedsrichterassistent beim Kreisliga-A-Spiel zwischen der JSG Erft 01 Euskirchen und dem SC Wißkirchen.

Michael Schnitzler ist auch als Schiedsrichter aktiv, hier als Assistent beim Kreisliga-A-Spiel zwischen der JSG Erft 01 Euskirchen und dem SC Wißkirchen.

Seit 2019 ist der aus Hellenthal-Felser stammende Schiedsrichter Michael Schnitzler Futsal-Beauftragter des Fußball-Verbandes Mittelrhein.

Die Hallenfußball-Variante Futsal führt im Kreis Euskirchen im Seniorenbereich ein Schattendasein. In der Jugend wird sie zwar auf Kreisebene gespielt, auf Verbandsebene scheiden die Teams aus der Region aber meist nicht so gut ab. Wir sprachen mit Michael Schnitzler, dem Futsal-Beauftragten des Fußball-Verbands Mittelrhein (FVM), über die Sportart. Schnitzler lebt zwar mit seiner Familie in Langerwehe, stammt aber aus Hellenthal-Felser und ist als Schiedsrichter und Schiedsrichter-Assistent für den SV Sistig/Krekel aktiv.

Herr Schnitzler, was macht den Reiz von Futsal aus?

MICHAEL SCHNITZLER: Man ist viel mehr in Aktion, hat viel weniger Ruhepausen und kann sich nicht auf dem Feld ausruhen. Man bildet die Technik aus, denn der sprungreduzierte Ball verhält sich anders, der Ball wird viel näher am Fuß geführt. Ihn einfach in die Bande zu knallen, ist wegen der Spielfeldbegrenzung nicht möglich. Und Futsal ist fairer, da nur eine gewisse Anzahl an Fouls pro Halbzeit erlaubt ist.

Michael Schnitzler soll Futsal im Verband mitentwickeln

Was ist Ihre Aufgabe als Futsal-Beauftragter des FVM?

Ich soll den Futsal mitentwickeln und Aufklärungsarbeit betreiben. Ich berate Vereine auch dahingehend, an was sie alles denken müssen. Schon als Schiedsrichter hatte ich Futsal-Spiele gepfiffen und konnte mich deshalb auch damit identifizieren. Ich finde Futsal als Spieler und Schiedsrichter reizvoll.

Was ist der Unterschied als Schiedsrichter draußen auf dem Platz und drinnen auf dem Futsal-Feld?

Das Spiel ist sehr schnell, man ist deshalb viel aktiver und hat weniger Ruhepausen. Außerdem erfordert es viel Abstimmung mit dem Schiedsrichter auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes. Insgesamt unterscheidet es sich in vielen Kleinigkeiten und Zeichengebungen. Da viele Techniker auf dem Feld stehen, gibt es Platzverweise eher für Unsportlichkeiten und nicht für grobe Foulspiele. Wie ich schon sagte: Futsal ist eher fairer.

Senioren-Futsal-Turnier im Kreis Euskirchen lief völlig aus dem Ruder

Wie sieht denn der Futsal im Kreis Euskirchen aus? Man hat ein wenig das Gefühl, er hinkt hinterher.

Bereits vor meiner Zeit, es müsste 2016/17 gewesen sein, hatte beispielsweise der SC Erftstadt-Lechenich Interesse daran, ein Futsal-Team zu gründen. Das ist damals gescheitert. Es gab sogar mal eine Futsal-Kreismeisterschaft der Senioren. Die Spiele sind aber ausgeartet. Es gab wegen des unbekannten Regelwerks viele Aggressionen, was zu Frustfouls führte. Das Turnier ist dann sogar abgebrochen worden, allerdings wegen einer schlimmen Verletzung.

Offizielle Kreisturniere müssen heute nach Futsal-Regeln gespielt werden.
Michael Schnitzler

In den höheren Jugendjahrgängen gibt es keine Endrunden, aber es wird auch nicht viel Werbung gemacht. Futsal wird auf Verbandsebene eher rund um Köln gespielt, da ist es dann wegen der Distanzen für uns Eifeler Klubs schwierig. In den jüngeren Jahrgängen gibt es Kreismeisterschaften, einige Spielerinnen und Spieler beherrschen die Sportart auch gut. Es gibt auch Spiele, die unter Mischformen ausgetragen werden. Offizielle Kreisturniere müssen heute nach Futsal-Regeln gespielt werden.

Dabei hat Futsal auch Vorteile. Man ist nicht an seinen Heimatverein gebunden. Man könnte beispielsweise für Rot-Weiß Billig Fußball spielen und für den ETSC Futsal. Außer bei schwerwiegenden Vergehen, für die man übergreifend gesperrt werden kann, haben Strafen Auswirkungen nur auf einen Bereich.

Können Sie sich erklären, warum die Vereine im Kreis Futsal nicht annehmen?

Die häufigste Rückmeldung aus den Kreisen lautet: Wir wollen im Seniorenbereich keinen Futsal, im Jugendbereich schon eher, deshalb gibt es ja durchaus einige Jugendmannschaften. Unsere Erfahrung zeigt aber: Wenn Senioren einmal Futsal gespielt haben, finden sie das meist auch gut.

Ich vermute, die meisten wollen Hallenfußball so wie immer spielen: Sie wollen „pöhlen“.
Michael Schnitzler

Ich vermute, die meisten wollen Hallenfußball so wie immer spielen: Sie wollen „pöhlen“ (lacht). Die meisten haben aber nie richtig Futsal gespielt. Die wenigsten wissen, dass besonders ein Philippe Coutinho über Futsal entdeckt wurde und auch Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Neymar Futsal gespielt haben. Gerade in Südamerika hat Futsal einen anderen Stellenwert.

Michael Schnitzler: Futsal hat Vorteile, bedeutet aber auch Aufwand

Wie wollen Sie es ändern, dass der Stellenwert auch hier steigt?

Wir müssen die Anzahl der Mannschaften in der Liga erhöhen. Gleichzeitig müssen wir zur Basis gelangen und vorstellen, was Futsal überhaupt ist. Wir müssen auch darlegen, welche Vorteile es hat, eine Mannschaft zu gründen. Natürlich bedeutet Futsal aber auch Aufwand. Es gibt zu wenige Schiedsrichter, auch auf FVM-Ebene. Da haben wir nur 13. Ich werde versuchen, jeden Fußballkreis in den nächsten zwei Jahren zu besuchen und um mehr Akzeptanz zu werben.

Apropos: Jetzt haben Sie die Gelegenheit, einmal schamlos Werbung zu machen. Warum sollte man Futsal spielen?

Futsal ist eine gute Gelegenheit, den Fußballern Spielpraxis zu ermöglichen und ihre Technik zu verfeinern. Und es ist eine gute Möglichkeit, um Jugendspieler an den Verein zu binden.


Zur Person: Michael Schnitzler

Michael Schnitzler ist 34 Jahre alt und stammt aus Hellenthal-Felser. Als Schiedsrichter ist er für den SV Sistig/Krekel aktiv, auch wenn er mittlerweile mit Frau und Kind in Langerwehe lebt. Seit 2007 arbeitet er in Fußballgremien mit, bis 2016 war er im Kreisschiedsrichter-Ausschuss in Euskirchen. Futsal-Beauftragter ist er seit 2019.


Was ist überhaupt Futsal?

Futsal ist die internationale Hallenfußballvariante der Fifa. Es ist nicht zu verwechseln mit der Baller-League, die in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen sorgte und nach eigenen Regeln spielt.

Beim Futsal treten Fünfer-Mannschaften inklusive Torspieler auf einem 40 mal 20 Meter großen Feld an. Die Tore sind drei Meter breit und zwei Meter hoch. Der Ball ist etwas kleiner als der Fußball. Statt Banden gibt es Feldbegrenzungen. Es dürfen bis zu neun Auswechslungen fliegend pro Team stattfinden.

Die Spielzeit beträgt zweimal 20 Minuten netto, jedes Team darf pro Halbzeit ein Time-out nehmen. Die Fouls eines Teams pro Halbzeit werden zusammengezählt. Nach dem fünften Teamfoul und bei jedem weiteren danach erfolgt ein Zehn-Meter-Freistoß ohne Mauer. Nach einem Foul im Sechs-Meter-Raum gibt es einen Sechs-Meter-Strafstoß.

Bei Feldverweisen dürfen Spieler in der laufenden Partie nicht mehr eingesetzt werden. Das sanktionierte Team muss bis zu zwei Minuten oder bis zu einem Gegentor in Unterzahl spielen. Ist der Ball im Aus, gibt es von der Seite einen Einkick. Bei eigenem Angriff darf der Torspieler in der eigenen Hälfte nur einmal für vier Sekunden in Ballbesitz sein.

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