HellenthalModernisierungspläne sorgen für Ärger auf dem Campingplatz

Lesezeit 8 Minuten
Der Grund für den Ärger: Die Schlucht des Hellenthaler Campingplatzes. Die neuen Eigentümer wollen sie für Touristencamping entwickeln, für die bisherigen Dauercamper dort bedeutet das: Umziehen. Einige sind deshalb verärgert.

Der Grund für den Ärger: Die Schlucht des Hellenthaler Campingplatzes. Die neuen Eigentümer wollen sie für Touristencamping entwickeln, für die bisherigen Dauercamper dort bedeutet das: Umziehen. Einige sind deshalb verärgert.

Hellenthal – Links und rechts erhebt sich der Wald, Hecken dienen als Sichtschutz. Es gibt kaum Nachbarn und keinen Verkehrslärm. Die sogenannte Schlucht ist wohl der idyllischste Teil des Hellenthaler Campingplatzes. Genau darum hat Anja Mirkes hier vor einigen Jahren eine Parzelle gepachtet. Und genau deshalb wurde ihr diese nun gekündigt.

Mirkes hat die Parzelle mit ihrem Lebensgefährten Dirk Veesen gemietet. Sie seien beide gesundheitlich angeschlagen, berichten sie. Sie wohnen in Erftstadt, der Platz in Hellenthal ist ihr Rückzugsort. „Wir haben uns das hier abgespart“, sagt Mirkes. Alles Geld, das sie irgendwie entbehren konnten, haben sie in dieses Fleckchen gesteckt. Inzwischen ist aus einem einfachen Wohnwagen fast so etwas wie eine Laube geworden mit einem richtigen kleinen Garten. Der bisherige Eigentümer habe ihnen alle Umbaumaßnahmen erlaubt, berichtet Mirkes.

Noch in diesem Jahr habe er zu ihr gesagt, das werde einmal richtig schön da in der Schlucht. Und nun das: Mirkes und die anderen 22 Dauercamper aus der Schlucht haben Ende September eine Kündigung zum 31. Dezember für ihre Parzelle erhalten. Der Grund: Der bisherige Eigentümer hat den Platz im September verkauft – und die neuen haben andere Pläne mit der Schlucht.

Die Neuen

Dahinter steht keine große Campingplatz-Kette oder irgendein Luxusressort-Riese, sondern Clemens und Lorenz Schmitz. 30 und 29 Jahre alt und komplette Neulinge als Campingplatz-Eigentümer. Die beiden kommen aus der Berater-Branche. Vor der Corona-Pandemie reisten sie häufig für ihren Job durch die ganze Welt, berichtet Lorenz Schmitz. Jetzt tauschen sie USA und Asien gegen die Eifel ein. Sie seien in Aachen aufgewachsen und daher in ihrer Kindheit oft und gerne in der Eifel unterwegs gewesen. Auch Camping habe dazu gehört.

Zu dieser Naturverbundenheit komme nun ihre Absicht, mehr Zeit für ihre Familien haben. So gelangten sie Anfang des Jahres zu der Idee, einen Campingplatz zu kaufen, erzählt Lorenz Schmitz. Über ein Online-Portal stießen sie nach ein paar Monaten auf den Hellenthaler Platz. Im September wurden die Gespräche mit dem bisherigen Eigentümer konkret, und ab 1. Januar 2021 sind sie die offiziellen Eigentümer.

Die Schlucht sei für sie ein schöner Teil des Campingplatzes mit viel Potenzial, berichten die beiden Brüder. Deshalb wollten sie die für das Touristencamping entwickeln. Zudem sollen neue Bänke und Terrassen die Aufenthaltsqualität verbessern, berichtet Lorenz Schmitz. „Wir wollen hier hochwertiges, naturnahes Camping anbieten“, fügt sein Bruder Clemens hinzu.

Angebot kommt nicht gut an

Dass das bei den dortigen Dauercampern nicht gut ankommen werde, sei ihnen von vorneherein klar gewesen, sagt Lorenz Schmitz. Deshalb sei er kurz nach dem Kündigungsschreiben persönlich auf viele der Dauercamper zugegangen, habe das Gespräch gesucht und ihnen ihre Pläne erläutert. Sie verstünden die Enttäuschung und auch die Wut der gekündigten Dauercamper, sagt sein Bruder Clemens. Darum hätten sie jedem das Angebot gemacht, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Mit jedem, der gewollt habe, seien sie über den Platz gegangen und hätten mögliche alternative Stellplätze gezeigt, je nachdem auch bei der Vermittlung neuer Wohnwagen geholfen und allen das Angebot unterbreitet, ihnen drei Tage beim Umzug zu helfen sowie die Pacht im kommenden Jahr zu reduzieren.

Von dem Angebot halten Mirkes und Veesen jedoch nicht viel. Die anderen Stellplätze auf dem Campingplatz seien lange nicht so schön. Außerdem sei dort die Straße deutlich näher, was störenden Verkehrslärm mit sich bringe.

Zudem sei es nicht zu schaffen, ihren Wagen samt Vorbau innerhalb von drei Tagen dorthin zu bringen. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung seien sie alleine auch nicht dazu imstande. Eine Firma mit dem Umzug oder Abbau zu beauftragen, sei finanziell nicht machbar. Überhaupt sei das Ganze für sie ein Verlust-Geschäft. Denn den Wagen samt Anbau genau so an einem anderen Platz wieder aufzubauen, sei nahezu unmöglich, ohne Teile zu ersetzen oder komplett zu erneuern. Diese Mehrkosten wiege auch eine Pachtreduktion im neuen Jahr nicht auf.

Mit ihrem Unmut sind Ceesen und Mirkes nicht alleine

Veesen und Mirkes sind sauer und verzweifelt – und mit ihrem Unmut sind sie nicht alleine. Inzwischen hat sich eine kleine Gruppe auf dem Platz gebildet, die das Vorgehen der neuen Eigentümer mit Argwohn betrachtet. Mirkes’ Bruder gehört auch dazu, er hat sogar einen Anwalt eingeschaltet. Laut einem Schreiben der Kanzlei vom 13. November, das der Redaktion vorliegt, unterstützen 22 weitere Platznutzer dessen Forderungen. Nicht alle von ihnen wohnen in der Schlucht und sind von den Kündigungen betroffen.

Die Wut der Dauercamper aus der Schlucht mischt sich mit dem Ärger einiger über angebliche bauliche Mängel auf dem Platz und der Sorge darüber, dass sie als Dauercamper nicht in das Konzept der neuen Eigentümer passen und bald alle eine Kündigung im Briefkasten haben.

Diese Sorge könnten sie ihnen nehmen, versuchen Clemens und Lorenz Schmitz zu beruhigen. Es gehe nicht darum, die Dauercamper, bislang waren es etwa 130, zu vergraulen. „Wir wollen ja gemeinschaftlich mit den Dauercampern hier etwas entwickeln“, sagt Clemens Schmitz.

Neue Eigentümer widersprechen Gerüchten

Dies hätten sie allen Campern in einem Schreiben im Oktober auch noch einmal versichert und ihnen immer wieder das Gespräch angeboten. Wer sich Sorgen mache, könne jederzeit anrufen, sagen sie. Es seien ja auch einige Gerüchte im Umlauf über das, was die beiden Brüder angeblich so alles vorhätten: von einem Beauty-Salon bis hin zur Party-Meile. Alles Unsinn, widersprechen Clemens und Lorenz Schmitz. Mirkes und ihre Mitstreiter wollen auch gehört haben, die neuen Eigentümer planten, in der Schlucht Tiny-Häuser und einen Tennisplatz zu bauen. Auch das stimme nicht, stellen die Brüder klar. „Wir haben zurzeit keine Pläne, das auszubauen“, so Lorenz Schmitz.

Die Pläne der Neuen

In Stein gemeißelt sei noch nichts, betont Lorenz Schmitz bei der Erläuterung der Pläne für den Hellenthaler Campingplatz. Grundsätzlich wollten er und sein Bruder aber den Platz modernisieren, zum Beispiel behindertengerechte Sanitäranlagen aufbauen. Zudem wollen sie die Mängelliste der Dauercamper überprüfen.

Das Haupthaus solle renoviert und Gemeinschaftsräume mit Küche eingerichtet werden. Eine neue Gastronomie sei vorerst nicht geplant, sagt Clemens Schmitz. Der Imbiss solle aber erhalten bleiben. Die neuen Räume könnten dann sowohl von Touristen als auch von Dauercampern gemietet werden. Die Rezeption und den Eingang zum Campingplatz wollen die beiden perspektivisch von der Bundesstraße an die Straße In der Dreesbach verlegen. Dort stehe eine alte Scheune, die sie zur Rezeption umzuwandeln gedenken, sagt Lorenz Schmitz. Die bisherige Wiese für Touristencamper werde so belassen. Hinzu komme dann noch die Schlucht für Kurzzeitcamper. Beides sei von dem neuen Eingang aus dann auch leichter zu erreichen. Die Dauercamper sollen sich künftig rund um den Platißbach verteilen. (jre)

Das anwaltliche Schreiben der Gruppe selbst ging nicht an die Brüder, sondern an den bisherigen Besitzer. Die Liste der darin aufgezählten baulichen Mängel habe dieser aber an sie weitergeleitet, und die werden sie überprüfen, versichern beide. In dem Schriftstück des Anwalts fordern die Unterzeichner außerdem, dass die neuen Eigentümer ihre Pläne für den Platz offenlegen. Sie fordern auch eine Garantie dafür, dass ihnen ihr Stellplatz in den nächsten fünf Jahren nicht gekündigt wird.

Die aber wollen die beiden Brüder nicht geben. Das sei absolut unüblich auf Campingplätzen, sagt Clemens Schmitz. Bislang gebe es in Hellenthal einen Standardpachtvertrag von Januar bis Dezember des jeweiligen Jahres, der dann Jahr für Jahr verlängert werde. Sie sähen auch keinen Grund, das zu ändern. Die beiden Brüder betonen allerdings noch einmal, dass sie die Dauercamper als Teil des Platzes verstehen und die sich keine Sorgen wegen einer Kündigung machen müssten.

Lösung nur auf juristischem Wege möglich?

Über die Forderung zur Offenlegung der Pläne schütteln beide den Kopf. Alle Camper seien in einem Schreiben über den Eigentümer-Wechsel und die Pläne für die Schlucht informiert worden, sagen sie. Außerdem hätten sie darin jedem ein Gespräch angeboten. Darauf seien die Beschwerdeführer aber nie eingegangen, so Clemens Schmitz. „Auf der einen Seite fordern sie Transparenz, auf der anderen Seite reden sie aber nicht mit uns“, zeigt er sich ratlos. Vorwürfe von Mirkes, wonach die Brüder versuchten, sie mit Telefonterror spätabends am Wochenende vom Umzug zu überzeugen, weisen die beiden zurück. Für sie sei zudem klar: „Wenn jemand mit dem Rechtsanwalt kommt, dann müssen wir auch entsprechend reagieren“, sagt Clemens Schmitz.

Positiv stimme sie, so die Brüder, dass ein Großteil der Dauercamper nicht so auf sie reagiere wie Mirkes und Veesen. Sie gingen davon aus, dass es sich lediglich um eine kleine Gruppe handele. Laut Clemens Schmitz haben sich auch schon einige der 22 Personen von dem Schreiben und den Forderungen distanziert. Etwa die Hälfte der gekündigten Dauercamper aus der Schlucht habe zudem ihr Angebot angenommen. Sie seien entweder schon umgezogen oder würden es demnächst tun. Manch einer habe abgelehnt und werde den Platz verlassen, berichten die Brüder. Lediglich mit zweien sei bislang keine Lösung gefunden worden, eine davon sei Anja Mirkes.

Gegenüber dieser Zeitung erklären Mirkes und Veesen, dass sie das Angebot ablehnen werden. „Wir würden am liebsten da oben bleiben“, sagt Mirkes traurig. Ein Umzug sei für sie körperlich und finanziell einfach nicht zu stemmen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die beiden hoffen nun, auf juristischem Wege etwas zu erreichen. „Uns hat der Anwalt klipp und klar gesagt: ,Wenn da nichts bei rauskommt, wartet die Räumungsklage ab!’“, sagt Veesen. Clemens und Lorenz Schmitz wissen nach eigener Aussage noch nicht, was sie machen werden, wenn sich jemand weigern sollte, die Schlucht zu verlassen. Das, so sagen sie, wollten sie entscheiden, wenn es soweit ist.

KStA abonnieren