Enormes DefizitKaller Haushalt 2021 lässt Kritik am Bürgermeister laut werden

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Die Sanierung des Schwimmbads ist einer der dicksten vorgesehenen Posten im Haushalt 2021.

Die Sanierung des Schwimmbads ist einer der dicksten vorgesehenen Posten im Haushalt 2021.

Kall – So ganz passte das nicht zusammen: Alle Fraktionen sprachen im Rat die schwierige finanzielle Lage an, in der sich die Gemeinde auch wegen der Corona-Pandemie befinde. Das hat sie aber mit Ausnahme der AfD und der Linken nicht davon abgehalten, ebenso wie die Verwaltung fleißig Änderungsanträge für den Etat 2021 zu stellen. Einige davon erhielten auch Mehrheiten, so dass das Defizit im Vergleich zum Entwurf der Verwaltung von 938 000 auf 1,2 Millionen Euro steigt.

Am Ende wurde das Zahlenwerk mit Ausgaben von 31,4 und Einnahmen von 30,2 Millionen Euro gegen die Stimmen der AfD verabschiedet. Die Fehlbetrag wird durch einen Griff in die Ausgleichsrücklage ausgeglichen. Bürgermeister Hermann-Josef Esser betonte, dass man knapp unter der für die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzept wichtigen Hürde bleibe.

Balance zwischen Notwendigkeit und Wünschen

Kämmerer Michael Heller betonte: „Wir brauchen eine gute Balance zwischen dem, was wünschenswert und was notwendig ist.“ Die größten geplanten Investitionen sind die Sanierung von Sportstätten (3,4 Millionen Euro) und des Hallenbads (1,9 Millionen), die Erweiterung der Grundschule Sistig (930 000) und der Straßenbau (900 000).

„In Zeiten klammer Kassen sind Ideenreichtum, Kreativität und vor allem eine richtige Prioritätensetzung gefragt“, sagte Emmanuel Kunz (SPD). Die SPD wolle selbstbestimmtes Leben im Alter fördern, Unternehmen und Gewerbe stärken, Vereinen beim Neustart unter die Arme greifen, Schulen fit für die Zukunft machen und den Klimawandel mit Aufforstungen bekämpfen. „Gleichzeitig werden wir weiterhin eine frühzeitige Einbindung von Politik und Bürgerschaft einfordern. Hier sehen wir in der Verwaltungsleitung nämlich noch Optimierungsmöglichkeiten“, betonte Kunz.

CDU setzt Schwerpunkt auf Sicherheit

Für die CDU setzte Bert Spilles andere Schwerpunkte: „Täglich erleben wir nächtliche Ruhestörungen, Beschädigungen an Privat- und Gemeindeeigentum oder Vandalismus.“ Die Partnerschaft zwischen Ordnungsamt und Polizei müsse ausgebaut und das Ordnungsamt sichtbarer in den Straßen werden. Weitere Punkte seien die Ausweisung neuer Baugebiete, auch mit preisgebundenem Wohnraum, die Einrichtung eines medizinischen Versorgungszentrums und „Zukunftsthemen“ wie Breitbandausbau, Struktur in den Außenorten und Hochwasserschutz. Für Feuerwehrgerätehaus und Bauhof müsse dieses Jahr eine Entscheidung für Sanierung oder Neubau fallen.

Dr. Manfred Wolter (FDP) beklagte, dass viele Förderprogramme falsche Anreize schaffen. Bei der Sanierung der Wirtschaftswege werde etwa „knappes Geld in die falschen Wege gesteckt“. „In Sistig retten wir eine uralte Schule vor dem Zerfall, ohne dass eine adäquate, finanziell verantwortbare Nutzung in Sicht wäre. Aber dies wird gefördert“, so Wolter. „Darüber hinaus haben wir die Besonderheit, dass der Bürgermeister keine eigene Mehrheit hat. Herr Esser hat große, meines Erachtens überzogene Pläne für Kall“, so Wolter. Um seine Vorstellungen realisieren zu können, setze er immer wieder Politik und Bürger unter Zeitdruck. Einwände der Parteien würden angehört, aber kaum berücksichtigt: „Und dann wundert sich der Bürgermeister, dass seine Vorlagen durch Zufallsmehrheiten immer wieder abgelehnt werden.“ Bei der Ausweisung neuer Baugebiete sei Augenmaß gefragt: „Neues Leben kann auch in alten Häusern entstehen.“ Wichtig sei zudem die Schaffung weiterer Pflegemöglichkeiten in Kall.

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Dr. Guido Huppertz (Grüne) hält die Ausweisung weiterer Gewerbegebiete „für ökologisch falsch und wirtschaftlich fragwürdig“. Das sei in der jetzigen Lage ein nicht zu vertretendes Risiko. Es sollten lieber vorhandene Flächen genutzt werden. Und: „Wir brauchen nicht mehr Wohnraum, wenn die Bevölkerung stagniert oder schrumpft. Die Gemeinde hat heute wieder so viele Einwohner wie 1994. Wachstum ist auch nicht mehr das Allheilmittel. Es geht um Qualität und nicht um Quantität. Statt Bauland zu verscherbeln, muss die Lebensqualität in den Orten erhöht werden.“

Frank Poll (AfD) wunderte sich, dass die Ausgaben durch die Wünsche der Fraktionen noch gestiegen sind. Um die öffentliche Sicherheit zu verbessern, regte Poll an, Kameras am Bahnhof und in den Unterführungen anzubringen.

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