Bestand geschrumpftDie Eifeler Schwarzstörche haben es nicht leicht

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Ein Schwarzstorch am Eifelbach, aufgenommen von einer Fotokamera des Nabu Euskirchen.

Kreis Euskirchen/Eifel – Ein bis zu 1,70 Meter großer, seltener Schreitvogel hat seit einigen Wochen gewichtige neue Paten, die ihm helfen wollen: Die EifelStiftung in Kronenburg und der Naturschutzbund (Nabu) im Kreis Euskirchen riefen internationale Experten zur ersten Schwarzstorch-Tagung zusammen. Eine Pioniertat zum Schutz des stark gefährdeten Großvogels.

Nur noch rund 80 Horstpaare des Schwarzstorches wurden 2020 in ganz Nordrhein-Westfalen gezählt, 40 weniger als 2015. Und der Trend, so steht zu befürchten, befindet sich weiter im Sinkflug.

Fünf bis sieben Brutpaare gibt es in Ostbelgien

Allein diese Zahl machte jetzt bei der ersten internationalen Tagung in Deutschland zum Schutz des Großvogels deutlich, wie wichtig sie ist. Und dass sie in Kronenburg stattfand, war ebenfalls naheliegend: Wie für den Rotmilan sind die nord-westliche Eifel und die Ardennen der ostbelgischen Kantone ein bedeutendes Habitat. Alleine fünf bis sieben Brutpaare wurden aktuell in Ostbelgien gezählt.

Zum Vergleich

Situation in Ostbelgien

Viele Aufgaben, die im Kreis Euskirchen zum Schutz des Schwarzstorches noch zu lösen sind, sind in den ostbelgischen Kantonen schon umgesetzt. Diplom-Agraringenieur Gerhard Reuter von der AVES Ostkantone VOG in Büttgenbach erläuterte, dass von der Forstwirtschaft hier schon der 300-Meter-Sicherheitsradius um die Horste eingehalten werde. Der Holzeinschlag wird nach Möglichkeit auf die Monate außerhalb der Brutzeit, also von November bis Februar, verschoben. Während der Brutzeit werden zusätzliche „Wildruhezonen“ eingerichtet, um Wanderer und Freizeitsportler aus den Schutzgebieten herauszuhalten. Außerdem gibt es gezielte Sensibilisierungskampagnen für die Öffentlichkeit.

In der Region findet Ciconia nigra mit den markanten schwarzen Oberfedern, dessen adulte männliche Tiere in der Brunftzeit auffallend rote Beine, Schnäbel und Augenringe haben, an einsamen Bachläufen, in lichten Wäldern und auf weiten Wiesenflächen das, was ihm oder ihr am besten schmeckt: Kleintiere, Amphibien und auch die Bachforelle.

Noch, muss es genauer heißen, denn das Eifel-Habitat verändere sich negativ, so Marion Zöller vom Nabu-Kreisverband: Trockene Sommer führen zu trockenfallenden Bächen. Bis zu zehn Kilometer weit fliegen Schwarzstörche in der Region mittlerweile bei der Futtersuche.

Viele Fische sind in der Juli-Flutkatastrophe verendet

Das hat die Analyse von Raumnutzungen durch Nabu und Naturschutzinitiative (NI) seit 2018 ergeben. Das ist Aufzuchtstress pur für die Brut, was der Nabu im Eifelteil des Kreises Euskirchen auch durch Fotofallen an Bachläufen dokumentieren kann.

Aber auch andere Gründe führen zur Abnahme der Population der Schwarzstörche in der Eifel. So verendeten schlicht viele Bachfische in Folge der Juli-Flut 2021. Die nötigen Aufräumarbeiten in den Wasserläufen führen zu weiterer Unruhe bei der Futtersuche.

Störender Holzeinschlag während der Brutzeit

Und noch schwerwiegender: Der Einschlag von Wirtschaftsholz oder Kalamitätsholz, das aber vielleicht geeignete Brutbäume zur Verfügung stellen würde, sowie der Holzabtransport auch während der Brutzeit zwischen März und Juli und innerhalb des eigentlich einzuhaltenden 300-Meter-Schutzradius um einen Horst störe oder verscheuche die Tiere.

Nur kleinere Verluste der Population entstanden zudem während des Weges der Zugvögel nach Israel, wo eine Vogelgrippe ihre Opfer forderte.

Neuer Inhalt

Internationale Experten trafen sich zur ersten Schwarzstorch-Tagung in Deutschland im Burghaus in Kronenburg.

Das alles, so die übereinstimmende Meinung der zur Schwarzstorch-Tagung eingeladenen Experten, sei eine Negativbilanz, die es abzustellen gelte – wolle man nicht Gefahr laufen, „dass der Schwarzstorch ausstirbt und dann erst wieder mit teuren Steuergeldern angesiedelt werden müsste“, so Marion Zöller.

Ein zentrales Ergebnis der Tagung ist daher die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Naturschutzverbänden, dem Nationalpark Eifel, der Unteren Naturschutzbehörde bei der Kreisverwaltung Euskirchen, die einen Vertreter nach Kronenburg geschickt hatte, mit Waldbesitzern, Kommunen und Privatwaldbesitzern sowie der Landwirtschaft.

Die Menschen müssen sensibilisiert werden

„Es nützt aber wenig, wenn wir nur eine Resolution verabschieden“, so Gastgeber Bernd Hellgardt von der Eifel-Stiftung: „Wir müssen sensibilisieren.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Dabei gibt es allerdings einige Zielkonflikte zu lösen, obwohl der Schreitvogel wie sein „weißer Bruder“ national wie international unter strengem Naturschutz steht. So sind zwar Schwarzstörche im Gegensatz zu Rotmilanen von Tötungen durch Rotoren an Windkraftanlagen eher weniger gefährdet, doch auch hier gilt: Windparks im Wald können aus der Sicht der Naturschützer problematisch sein.

Bei der Exkursion auf einen Schwarzstorch getroffen

Ein weiteres Konfliktfeld ergibt sich aufgrund der Interessen der Holzwirtschaft wie beschrieben sowie in Form von Störungen des Lebensraums durch den zunehmenden Tourismus in der Eifel.

Am Ende der zweitägigen Tagung in den Räumen des Kronenburger Burghauses stand angesichts all dessen fest, „dass wir das wiederholen werden“, wie Bernd Hellgardt zusicherte. Und dann ging es für die rund 50 Teilnehmenden aus Deutschland, Belgien und Luxemburg auf zur Exkursion. Der Weg führte die Expertengruppe in stille Eifelbachtäler. Und was sahen sie dort – wie bestellt: einen Schwarzstorch.

KStA abonnieren