EnergieversorgungGas wird billiger, Strompreise im Kreis Euskirchen bleiben stabil

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Ein Mitarbeiter steht auf dem Gelände des Gasspeichers in Frankenthal hinter einem Druckmessgerät.

Die Gasspeicher füllten sich, weil die Bürger sparten. Bei den e-regio-Kunden sank der Verbrauch um bis zu 20 Prozent.

Im Gespräch mit unserer Redaktion erklären die beiden Geschäftsführer der e-regio, wie die Strom- und Gastarife zustande kommen.

Die Krise meistern und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft stellen – vor dieser Mammut-Doppelaufgabe stehen alle, die irgendwie mit dem Energiesektor zu tun haben. Und wer hat das nicht? Neben der Politik die Verbraucher und nicht zuletzt die Versorger.

Von viel Bewegung im Markt zu sprechen, wäre eine krasse Untertreibung. „Vor der Flut hatten wird etwa 2000 Kundenanrufe im Monat“, sagt Stefan Dott, einer der beiden Geschäftsführer der e-regio mit Sitz in Kuchenheim und Kall. Heute seien es 10.000 bis 12.000. Vor allem nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und den daraus resultierenden Verwerfungen auf dem Gasmarkt sei der Beratungsbedarf in die Höhe geschnellt. „Die Verunsicherung ist groß“, konstatiert Co-Geschäftsführer Markus Böhm.

Da freut man sich doch über jede halbwegs gute Nachricht. Mit dem 1. August senkt die e-regio in der Grundversorgung den Gaspreis um 20 Prozent auf 11,97 Cent pro Kilowattstunde – ab einem Jahresverbrauch von 5001 kWh. 11,97 Ct ist dabei der Arbeitspreis. Hinzu kommt der Grundpreis pro Zähler und Jahr in Höhe von 141,24 Euro.

Gaspreisbremse wird möglicherweise bis Ende April 2024 verlängert

Über diese Senkung können sich die Kunden freuen, aber auch Bundesfinanzminister Christian Lindner, der für 80 Prozent des Verbrauchs der Gaskunden alles bezahlen muss, was den Preis von 12 Cent übersteigt. Denn ohne diese Gaspreisbremse, die der Bund zumindest bis Ende dieses Jahres eingerichtet hat und die möglicherweise bis 30. April 2024 verlängert wird, müssten die Verbraucher etwa 15 Cent zahlen, rechnen Dott und Böhm vor.

Die beiden Geschäftsführer stehen auf dem Gelände des Energieversorgers e-regio.

Die beiden Geschäftsführer der e-regio, Markus Böhm (l.) und Stefan Dott, geben eine Senkung der Gaspreise bekannt.

Der Hintergrund dieser Preissenkung ist natürlich der Gaspreis im Großmarkthandel. Zurzeit liege er bei rund 50 Euro pro Megawattstunde. Wäre da nicht sogar eine größere Senkung für die Kunden möglich? Dott und Böhm kennen natürlich das verbreitete Urteil, das in etwa so lautet: Wenn die Preise auf dem Markt steigen, erhöhen die Versorger die Preise für die Verbraucher. Bei sinkenden Einkaufspreisen hätten sie es mit der Weitergabe nicht so eilig.

Doch das Geschäft funktioniert anders. „Wir hatten 2022 zeitweise einen Preis auf dem Großmarkt von 300 Euro je Megawattstunde“, erklärt Dott. Das war in den Tagen, als das Gas aus Russland nicht mehr zur Verfügung stand – und damit mehr als die Hälfte quasi über Nacht fehlte. Der Rest kommt aus Norwegen, den Niederlanden und Großbritannien (Nordseeöl). Bei einer Weitergabe eins zu eins hätten die Kunden also theoretisch 30 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen – Netzentgelte, die ungefähr die Hälfte des Endpreises ausmachen, sowie Steuern, Umlagen und Vertriebskosten noch gar nicht eingerechnet.

Euskirchener e-regio setzt beim Gaseinkauf auf Mischkalkulation

Da aber die e-regio für Zeiträume von zwei oder drei Jahren plant und auch einkauft, hatte sie noch Gas zu niedrigeren Preisen sozusagen auf Lager. „Durch diese Mischkalkulation sind wir von den Schwankungen auf dem Großmarkt nicht so sehr betroffen – und die Kunden letztlich auch nicht“, erläutert Dott. Logisch sei dann aber auch, dass sich Preissenkungen beim Einkauf ebenfalls nicht sofort und in voller Höhe auf die Preistabellen für die Verbraucher niederschlügen, so Dott und Böhm.

Durch den Kauf von LNG-Gas und den milden Winter hat sich das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage so entwickelt, dass der Preis nun bei den besagten 50 Euro pro Megawattstunde liegt. Als das russische Gas noch zur Verfügung stand, lag er laut Dott über viele Jahre bei etwa 20 bis 30 Euro. Aber auch die Verbraucher hätten durchs Energiesparen erheblich zu einer Konsolidierung des Marktpreises beigetragen, stellt Dott fest: „Unsere Kunden haben 10 bis 20 Prozent weniger verbraucht.“

Die langfristige Einkaufsstrategie habe sich bewährt. „Einige Versorger, die kurzfristig planen, hatten natürlich Probleme, als der Einkaufspreis auf 300 Euro anstieg“, so Böhm. Zuvor hatten sie den Kunden Tarife versprochen, die auf einem weitaus niedrigeren Einkaufspreis basierten. Die Folge: Einige machten Pleite, andere stellten die Versorgung ein.

Stefan Dott: „Müssen die Preise jedes Quartal neu berechnen“

Hat es Verbraucher in ihrem Grundversorgungsbereich für Gas – also im gesamten Kreis Euskirchen plus Alfter, Bornheim, Meckenheim, Rheinbach, Swisttal und Wachtberg – getroffen, war nun die e-regio ihr Versorger. Jetzt, da einige dieser Unternehmen bei den niedrigeren Einkaufspreisen ein Comeback ihrer Geschäftsmodelle starten, ist diese Zahl wieder rückläufiger, stellt Böhm fest und lächelt: „Das kann man zwar als ungerecht empfinden, aber es ist nun mal so.“

Wie lange der Preis von 11,97 Cent je Kilowattstunde hält – darüber wollen die Geschäftsführer nicht spekulieren. Die Beben im Markt und die undurchschaubare weltpolitische Entwicklung machen längerfristige Prognosen noch schwieriger, als sie es vor einigen Jahren ohnehin schon waren: „Bis vor kurzem haben wir unsere Preise etwa für ein Jahr festgelegt, heute müssen wir das jedes Quartal neu berechnen“, sagt Dott.

Die Kunden sollten dabei auch nicht die CO2-Steuer nicht aus dem Auge verlieren: Jahr für steigt sie – bis 2025: Dann liegt der Aufschlag bei 0,87 Cent pro Kilowattstunde.


e-regio: „Strompreis bis Endes Jahres stabil“

Der Strompreis bleibe bis Ende des Jahres stabil – also bei 40 Cent in dem Bereich, in dem die e-regio Strom-Grundversorger ist, teilt der Versorger mit. Das sind die Kommunen Blankenheim, Dahlem, Heimbach, Hellenthal, Kall, Mechernich, Nettersheim und Schleiden.

Ohne Strompreisbremse läge der Preis bei 43,71 Cent, erklärt Unternehmenssprecherin Ilona Schäfer. In den übrigen Kreis-Kommunen, in dem e.on Strom-Grundversorger ist, kostet die Kilowattstunde bei der e-regio 34 Cent für die sogenannten Sondertarifkunden. „Den Sondertarif bieten wir auch in unserem Grundversorgungsgebiet an, er ist nicht auf das e.on-Grundversorgungsgebiet beschränkt“, so Schäfer.

Zum Hintergrund des Preisunterschieds: Der Grundversorgungstarif ist aktuell wieder etwas höher als der Sondertarif, auf dem Höhepunkt der Krise war das anders. „Hier kalkulieren wir anders“ sagt Schäfer: „Der Kunde kann mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Gleichzeitig sind wir verpflichtet, jeden in die Grundversorgung aufzunehmen.“ Damit seien Risiken verbunden, die in die Bepreisung einflössen.

„Manchmal müssen wir zum Beispiel sehr kurzfristig einkaufen. Beim Sondervertrag haben wir mehr Planbarkeit, der Vertrag läuft in der Regel 12 Monate und wir können entsprechend langfristig für diese Kunden einkaufen.“ Der Wechsel sei möglich. (sch)

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