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Bahn-ElektrifizierungExperte befürchtet jahrelange Verzögerung für die Eifelstrecke

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4 min
Arbeiter bei der Montage eines Flachmasts mit angelenktem Ausleger am Eingang zum Wilsecker Tunnel bei Kyllburg.

Vor ziemlich genau einem Jahr fand im rheinland-pfälzischen Kyllburg der offizielle Baustart der Elektrifizierungsarbeiten auf der Eifelstrecke statt. Aktuell drohen jedoch weitere Verzögerungen.

In vier europaweiten Ausschreibungen gingen für zwei Abschnitte keine Angebote ein. Das könnte den Zeitplan für die Elektrifizierung gefährden. 

Auf der Eifelstrecke ruht momentan zwischen Kall und Gerolstein der Bahnverkehr: Wie bereits berichtet, bleibt die Strecke voraussichtlich noch bis Ende März 2026 gesperrt, um weitere Arbeiten zur Elektrifizierung auf dem rund 48 Kilometer langen Abschnitt durchzuführen. Außerdem steht auch noch die im Rahmen des Wiederaufbaus der Eifelstrecke geplante Erneuerung von drei Bahnübergängen bei Dahlem an.

Doch ob in diesem Zeitfenster tatsächlich alle geplanten Arbeiten abgeschlossen werden können, scheint mehr als fraglich zu sein: Wie aus Unterlagen der Deutschen Bahn (DB) hervorgeht, konnten noch nicht alle ausgeschriebenen Baulose vergeben werden. Nach mittlerweile vier europaweiten Ausschreibungen hat es demnach für zwei der sechs Abschnitte keine Angebote gegeben. Die Ausschreibung gilt damit aber trotzdem als abgeschlossen. Nun soll der Auftrag für den Bau von Oberleitungen per Direktvergabe an fähige Unternehmen erteilt werden.

Es ist zu befürchten, dass sich die Elektrifizierung um mehrere Jahre verzögern wird.
Jens Wießner, Chef des Vereins Eifelquerbahn e.V.

Öffentliche Auftraggeber wie die Bahn dürfen Bauleistungen normalerweise nur bis zu einer Höhe von bis zu 3000 Euro direkt vergeben. Nur in Ausnahmefällen sind bei darüber hinausgehenden Aufträgen Direktvergaben zulässig, wenn etwa keine Angebote auf eine Ausschreibung eingegangen sind, wie es nun für die zwei Abschnitte der Eifelstrecke der Fall ist.

Ob Arbeiten im Januar 2026 starten können, ist laut Experte unsicher

Laut Angaben der zuständigen Bahntochter DB InfraGO AG, die im europäischen Ausschreibungsportal eingesehen werden können, handelt es sich um die zwei insgesamt rund 35 Kilometer langen Abschnitte von der Landesgrenze bei Dahlem bis nach Gerolstein und von dort weiter bis nach Densborn. „Bereits jetzt ist klar, dass die Arbeiten nicht wie ursprünglich geplant im Januar 2026 beginnen können“, urteilt der Eifeler Bahnexperte Jens Wießner: „Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass die infrage kommenden Unternehmen in naher Zukunft die notwendigen Kapazitäten zur Elektrifizierung der Eifelstrecke frei haben werden“, so der Vorsitzende des Vereins „Eifelquerbahn“ aus dem Landkreis Vulkaneifel.

In der Nähe des Bahnhofs Blankenheim (Wald) liegt ein Bewehrungskorb für das Fundament eines Oberleitungsmasts.

Derzeit ist die Bahnstrecke südlich von Kall in Richtung Gerolstein wegen ausstehender Elektrifizierungsarbeiten gesperrt.

Das habe weitreichende Folgen für den gesamten Elektrifizierungszeitplan: „Es ist zu befürchten, dass sich die Elektrifizierung um mehrere Jahre verzögern wird. Schließlich beruht der aktuelle Zeitplan der DB InfraGO auf der Annahme, dass alle Aufträge wie geplant vergeben werden können“, so Wießner.

Die Bahn widerspricht dieser Einschätzung. „Wir halten an unserem aktuellen Zeitplan für die Fertigstellung der Elektrifizierung der Eifelstrecke fest“, teilte eine Sprecherin der Bahn aus Frankfurt auf Anfrage dieser Redaktion mit: „Wir befinden uns weiterhin im engen Austausch mit den Bauunternehmen, um die entsprechenden Leistungen zu vergeben.“

In Rheinland-Pfalz fehlt Geld für den zweigleisigen Ausbau der Strecke

Aber auch ohne eine weitere Verzögerung wird es noch mindestens drei Jahre dauern, bis die Elektrifizierung der insgesamt knapp 164 Kilometer langen Strecke zwischen Hürth-Kalscheuren und Trier-Ehrang abgeschlossen sein wird. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder und der zwischenzeitlich von ihm entlassene Bahn-Chef Richard Lutz hatten anlässlich der Wiederaufnahme des Zugverkehrs nach Gerolstein im Juni bestätigt, dass „im Laufe des Jahres 2028“ die Eifelstrecke komplett wiederhergestellt und elektrifiziert sein soll.

Ärger gibt es derzeit aber auch wegen der Finanzierung des zweigleisigen Ausbaus der Eifelstrecke in Rheinland-Pfalz: Weil es keine Fördermöglichkeiten gebe und außerdem nicht mit einer Zunahme des Güterverkehrs auf der Strecke bis zum Jahr 2040 zu rechnen sei, könne das Bundesverkehrsministerium sich nicht an den Kosten für ein zweites Gleis beteiligen, heißt es im Brief eines Abteilungsleiters des Ministeriums an die Landesregierung in Mainz.

Eifeler Unternehmen wollen Güter über die Schiene transportieren

Etliche Eifeler Unternehmen, darunter auch der „Gerolsteiner Brunnen“, hatten im vergangenen Jahr den zweigleisigen Ausbau der Strecke gefordert, um in Zukunft zumindest einen Teil ihrer Güter über die Schiene transportieren zu können. „Wir müssen mit dem Land nach einem Weg suchen, wie sich das ändern kann. Heute kann ich noch keine Lösung für die Eifelstrecke präsentieren“, sagte Schnieder in einem Interview mit dem „Trierischen Volksfreund“.

Auch im nordrhein-westfälischen Teil der Strecke gibt es noch Passagen, die nicht zweigleisig ausgebaut sind: Im Urfttal zwischen Kall und Nettersheim sowie weiter südlich zwischen Blankenheim (Wald) und Schmidtheim verfügt die Bahntrasse über lediglich ein Gleis.

Befürchtungen, dass die Elektrifizierung und der weitere Ausbau der Eifelstrecke die Trasse zwischen Trier und Köln zu einer Entlastungs- oder Ausweichroute für die Gütertransporte entlang der Rheinschiene machen könnten, hatte ein Sprecher der Bahn bereits vor einigen Jahren eine Absage erteilt: Dafür seien die Steigungen auf der Mittelgebirgsstrecke, beispielsweise am gefürchteten „Schmidtheimer Berg“, einfach zu steil.