Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Erntebilanz 2025Das Wetter ist nicht das größte Problem der Landwirte im Kreis Euskirchen

4 min
Die Getreideernte 2025 ist - wie hier auf einem Acker zwischen Hergarten und Glehn - wegen der unbeständigen Witterung zum Stillstand gekommen.

Die Landwirte im Kreis Euskirchen hoffen in den nächsten Tagen auf trockenes Wetter, um die Getreideernte abschließen zu können – wie auf diesem Acker in der Nähe von Glehn.

Die Landwirte im Kreis Euskirchen ziehen eine erste Bilanz der Erntesaison 2025. In vielen Betrieben fehlt aktuell der Glaube an die Zukunft.

Das Wetter ist für die Landwirte eigentlich immer ein Thema: Aktuell warten vor allem die Ackerbauern im Kreis Euskirchen auf ein paar Tage mit Sonne und ohne neuen Niederschlag, denn seit fast zwei Wochen pausiert derzeit die Getreideernte. Bevor es in den kommenden Tagen wieder schöner werden soll, hat der Kreis-Bauernverband die Gelegenheit genutzt und am Dienstag eine erste Bilanz der Erntesaison gezogen.

Martin Böhling aus Weiler in der Ebene hofft, spätestens am Donnerstag das restliche Getreide und den Raps auf seinen Feldern dreschen zu können. „Wir hatten dieses Jahr einen besonders frühen Erntebeginn: Ab dem 20. Juni haben wir die Wintergerste eingefahren, am 10. Juli schon mit der Weizenernte begonnen“, blickt der Landwirt zurück. Auch mit den Erntemengen ist er bislang zufrieden.

Während Böhling und seine Kollegen im Nordkreis durchschnittlich schon zwei Drittel der Getreideernte abschließen konnten, sieht die Lage im Südkreis anders aus. „Je höher die Ackerflächen liegen, desto mehr Getreide steht noch auf den Feldern“, bringt es Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Euskirchen, auf den Punkt: „In Richtung Eifel ist vielleicht gerade ein Drittel des Getreides geerntet.“

Proteingehalt und Qualität leiden, wenn Getreide zu spät geerntet wird

Das Problem: Wenn das Getreide bereits reif ist, aber wegen fehlender Trockenheit nicht gedroschen werden kann, sinkt die Qualität. „Pilzbefall ist möglich, aber auch ein Verlust beim Proteingehalt, was sich negativ auf die Backfähigkeit fürs Brot auswirkt“, so Böhling: „Die Mühlen stellen da hohe Anforderungen an die Produzenten. Es ist möglich, dass das spät geerntete Getreide nur noch als Futtergetreide vermarktet werden kann.“

Sechs Männer, Landwirte und Vertreter des Kreis-Bauernverbands, stehen in einem modernen Kuhstall. V.l.n.r.: Florian Schmitz, Helmut Dahmen, Markus Schmitz, Heinrich Weidenfeld, Martin Böhling und Martin Spiegelhalter.

In den Dahlemer Milchviehbetrieb von Florian (l.) und Markus Schmitz (3.v.l.) hatte die Kreis-Bauernschaft eingeladen, um eine erste Bilanz der Erntesaison zu ziehen.

Mit Klagen über das Wetter will sich Dahmen jedoch nicht länger als unbedingt nötig aufhalten: „Damit mussten wir Landwirte schon immer irgendwie klarkommen.“ Zumal es in diesem Jahr im Kreis Euskirchen extreme Unterschiede bei den Niederschlagsmengen gegeben habe.

„Trotzdem ist das Wetter aktuell nicht unsere größte Sorge“, betont Dahmen. Sein Wunsch ist es, den weiter fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft aufzuhalten: „Wir wollen die Betriebe erhalten und der nächsten Generation eine Perspektive bieten.“ Dass dies auch bei einer eigentlich guten Marktlage aktuell nicht einfach ist, wird am Beispiel der Milchviehbetriebe deutlich.

Hohe Baukosten belasten die Tierhalter im Kreis Euskirchen

Trotz eines hohen Milchpreises – aktuell erhalten die Erzeuger zwischen 50 und 53 Cent je Kilogramm – ist die Zahl der Milchviehbetriebe im Kreis Euskirchen weiterhin auf Talfahrt: „Vor zehn Jahren hatten wir rund 200 Betriebe mit Milchkühen im Kreis Euskirchen, heute sind es nur noch 80“, rechnet Dahmen vor. Und auch bei den Mutterkuhhaltern sei die Tendenz sinkend. „Eigentlich müssten von den bestehenden Betrieben jährlich zwei oder drei neue Ställe im Kreis gebaut werden – das passiert aber nicht“, beklagt Dahmen.

Kühe fressen ihr Silofutter im Stall von Familie Schmitz in Dahlem.

Der Neubau moderner Kuhställe ist auch für die Tierhalter im Kreis Euskirchen zu einer finanziellen Herausforderung geworden.

Ursache dafür sei das fehlende Vertrauen seiner Berufskollegen in die Zukunft. „Wenn man heute einen modernen Stall baut, dann weiß man nicht, ob dieser in ein paar Jahren noch den gesetzlichen Anforderungen entspricht“, wünscht sich auch Heinrich Weidenfeld aus Kommern mehr Planungssicherheit durch die Politik.

Zumal die Baukosten für neue Betriebsgebäude schnell astronomische Summen erreichen können. „Die Investitionskosten für einen Kuhplatz liegen inzwischen bei rund 20.000 Euro“, hat Dahmen die aktuellen Zahlen parat: „Das ist auch ein Grund, warum immer mehr Betriebe das Vertrauen in die Zukunft verlieren und aufgeben.“

Landwirte wünschen sich einheitliche Spielregeln und weniger Bürokratie

Von der Politik fordern die Landwirte im Kreis Euskirchen daher auch auf europäischer Ebene einheitliche Regelungen. „Wir wollen faire Bedingungen und nicht herumgeschubst werden. Dazu gehört zum Beispiel auch der Mindestlohn“, macht Böhling klar. Der sei in Portugal oder Spanien nur etwa halb so hoch wie in Deutschland. „Aber nicht nur bei personalintensiven Sonderkulturen stehen wir im direkten Wettbewerb mit den Betrieben in Südeuropa.“

Große Hoffnungen setzt die Kreisbauernschaft auf den neuen Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU). Im Gegensatz zu Amtsvorgänger Cem Özdemir sei der wenigstens vom Fach, heißt es von den Bauern. Ob Rainer den Bürokratieabbau voranbringen könne, müsse man aber erst abwarten, so Dahmen. Immerhin: „Die Bauernproteste im vergangenen Jahr haben ja zum Teil schon zu einem Umdenken geführt.“

Als Bedrohung nehmen vor allem die Schweinehalter im Kreis jedoch die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest wahr. „Wir haben große Angst, dass die Tierseuche auch hier auftritt“, betont Heinrich Weidenfeld, der in seinem Betrieb bereits hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, um ein Einschleppen der Seuche zu verhindern. Als großes Problem sieht er dabei die hohe Wildschweinpopulation in den Eifelwäldern an. „Das muss vor allem den privaten Tierhaltern im Kreis Euskirchen klar gemacht werden, dass jeder Kontakt mit einem Wildschwein vermieden werden muss.“