Die Stimmung bei den Unternehmensleitungen im Kreis Euskirchen ist schlecht. Die IHK-Aachen sieht kein Licht am Ende des Tunnels.
IHK-KonjunkturumfrageSo trübe sind die Aussichten für die Wirtschaft im Kreis Euskirchen

Kränkelt die Baubranche, kränkelt auch der Wirtschaftsstandort Kreis Euskirchen.
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Schön klingt das alles nicht. „Kein Licht am Ende des Tunnels“ beginnt Michael F. Bayer seine einleitenden Worte zur Studie über die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Aachen für den Herbst 2025.
Und damit kein Zweifel daran aufkommt, wie ernst die Lage aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer ist, stellt der Hauptgeschäftsführer klar: „Das ist die längste Negativphase in der Wirtschaftsgeschichte der Region Aachen seit Beginn der unserer digitalen Erhebung im Jahr 1995.“ Und mitten drin in dieser trostlosen Gemengelage: der Kreis Euskirchen.
Wie sieht es aktuell aus? Nur 25 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Geschäftsleitungen aus dem Kreis Euskirchen sind mit der aktuellen Situation zufrieden, 33 Prozent berichten hingegen von schlechten Geschäften. Das ergibt einen Saldo von – 8 Punkten.
Da muss man schon genauer hinschauen, um diesen Zahlen etwas leicht Positives zu entlocken: Immerhin ist die Differenz seit der Frühjahrsumfrage zwischen positiver und negativer Einschätzung von -14 auf -8 gesunken.
Kreis Euskirchen: Ein Fünftel geht von keiner Besserung aus
Damals teilten sich die Kreise Euskirchen und die Städteregion Aachen (ohne Stadt Aachen) noch die Rote Laterne. In der aktuellen Umfrage liegt die Städteregion mit -11 alleine am Tabellenende. Die Stadt Aachen (+18) sowie die Kreise Düren (+7) und Heinsberg (+3) stehen unterdessen besser da als Euskirchen.
Wie sind die Erwartungen? Geht so. Bei den Geschäftserwartungen für das kommende halbe Jahr sieht es im Kreis Euskirchen nicht ganz so schlecht aus – zumindest im Vergleich zu den anderen Gebietskörperschaften in der Region. Zwar sind die Firmenchefs, die hierzulande nicht allzu viel erwarten, mit 20 Prozent in der Mehrheit, aber nur ganz knapp. 19 Prozent schauen etwas positiver nach vorne blicken.
Mit diesem Saldo von -1 nimmt der Kreis Euskirchen Platz zwei unter den Gebietskörperschaften im IHK-Aachen-Bereich ein – und dieses Mal von oben.
Das ist die längste Negativphase in der Wirtschaftsgeschichte der Region Aachen seit Beginn der unserer digitalen Erhebung im Jahr 1995
In der Stadt Aachen (-8), in der übrigen Städteregion Aachen und im Kreis Heinsberg (beide -6) ist der Blick der Firmenführungen noch getrübter als im Kreis Euskirchen. Lediglich im Nachbarkreis Düren (+-0) zeigen sie sich ein wenig optimistischer.
Wie sieht es mit den Erträgen aus? Nicht gut. Positiv schätzen 14 Prozent der Unternehmer im Kreis Euskirchen die Ertragslage ein, 39 jedoch negativ. Der Saldo liegt also bei -25. Aber auch in den anderen Gebietskörperschaften sieht bei einem Saldo-Schnitt von 24 nicht viel besser aus. Vor allem im Baugewerbe, das im Kreis Euskirchen stark vertreten ist, sieht es bitter aus.
Viele Bauunternehmen haben bereits Kurzarbeit angemeldet
„Die Ertragslage hat sich sogar deutlich verschlechtert“, heißt es in der Studie über das Baugewerbe im gesamten Bereich der IHK Aachen. Bei keinem Befragten seien die Erträge gewachsen, 42 Prozent der Betriebe melden rückläufige Erträge. Der Saldo sank seit Frühjahr von -28 auf -42 Punkte. Jedes sechste Bauunternehmen habe bereits Kurzarbeit angemeldet.
Wollen die Firmen trotz allem investieren? Die im Kreis Euskirchen eher nicht. Nur 23 Prozent sagen ja, aber 36 Prozent nein. Mit diesem Saldo liegt der Kreis Euskirchen im IHK-Bereich abgeschlagen auf dem letzten Platz. Denn der Kreis Heinsberg kommt auf -7, die anderen liegen im positiven Bereich: Stadt Aachen +14, Kreis Düren + 7 und die übrige Städteregion Aachen +6.
Auch hier dürfte das Baugewerbe, das sich in den Kreisen Euskirchen und Heinsberg stark auf die Zahlen auswirkt, eine Rolle spielen. In dieser Branche sei die Investitionsbereitschaft im gesamten Bereich der IHK Aachen äußerst gering, stellen die Autoren der Studie fest: „Kein Befragter will die Ausgaben erhöhen, 14 Prozent wollen sie hingegen senken.“
Unternehmer: Die Zahl der Beschäftigten dürfte kaum steigen
Wenn im Baugewerbe investiert wird, dann zumeist in die Ersatzbeschaffung (82 Prozent der Befragten), für Produkt- und Verfahrensinnovationen wollen angesichts der wirtschaftlichen Lage nur 29 Prozent Geld in die Hand nehmen.
Wie wirkt sich das alles auf die Beschäftigung aus? „Die Befragten rechnen kaum mit Veränderungen bei der Beschäftigung“, ist der Studie zu entnehmen. Jeder fünfte Befragte im Gebiet der IHK Aachen gibt an, dass er mit einem Anstieg der Mitarbeiterzahl rechnet, 21 Prozent erwarten einen Rückgang.
Im Kreis Euskirchen sieht es noch weitaus schlechter aus: 17 Prozent rechnen mit mehr Mitarbeitern, 28 mit weniger. Mit diesem Saldo von -11 ist der Kreis Schlusslicht hinter dem Kreis Düren, dem Kreis Aachen (beide -7), dem Kreis Heinsberg (+-0) und der Stadt Aachen (+10).
Inlandsnachfrage, Energiepreise, US-Zölle: Das bereitet den Chefs Sorgen
60 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer, die an der Herbst-Konjunkturumfrage der IHK Aachen teilgenommen haben, nennen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als das größte Konjunkturrisiko. „Das ist ein neuer Rekordwert“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Michael F. Bayer. 55 Prozent der Betriebe sorgten sich demnach vor einer sinkenden Inlandsnachfrage. Auch die Arbeitskosten (53 Prozent) sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel (50) stünden ganz oben auf der Liste der wirtschaftlichen Risiken, so Bayer.
„Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seit dem Jahresbeginn nicht verbessert“, stellt Bayer fest. Neben den bürokratischen Belastungen erschwerten die neuen Zollkonflikte mit den USA die Planungssicherheit für die Unternehmen.
„Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält positive Ansätze“, macht der IHK-Chef Hoffnung. Die Unternehmen bräuchten jetzt konkrete Entlastungen, zum Beispiel bei den Energiepreisen, Steuern und Abgaben. „Hier bleibt der Vertrag zu vage. Die aktuellen Voraussetzungen erfordern mehr Mut zur Veränderung“, so Bayer.
An der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Aachen haben 354 Unternehmen mit rund 25.400 Beschäftigten teilgenommen. Die Rücklaufquote lag bei 37 Prozent.