Minus 40 ProzentVerkäufe von Baugrundstücken im Kreis Euskirchen brechen weiter ein

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Das Bild zeigt drei im Bau befindliche Mehrfamilienhäuser.

Bauboom war gestern:Bauwillige gibt es zwar immer noch – wie hier in Mechernich zu sehen. Doch es fehlen Baugebiete.

Der Bauboom im Kreis Euskirchen ist endgültig vorbei. Die Nachfrage ist zwar vorhanden, aber es mangelt an Bauland. 

Der Einbruch bei den Verkäufen von Baugrundstücken im Kreis Euskirchen setzt sich fort: Waren die Verkäufe im individuellen Wohnungsbau 2022 im Vergleich zu 2021 bereits um die Hälfte gesunken, gingen sie in 2023 noch mal um 40 Prozent zurück. Gleichzeitig sind die Preise in diesem Bereich stabil bis leicht steigend– trotz Inflation und steigender Baupreise in vergangenen Jahren.

„Es ist also davon auszugehen, dass es immer noch Interessenten gibt, aber das Angebot an Bauland in den Kommunen nicht ausreicht“, erläutert Bianca Zavelberg, Geschäftsstellenleiterin des Gutachterausschusses des Kreises, der in diesen Tagen den Grundstücksmarktbericht 2024 mit den Zahlen von 2023 vorlegte.

Experten beklagen fehlendes Bauland in den Kommunen des Kreises Euskirchen

Darin stellen die Gutachter fest: „In einigen Kommunen stand dem Grundstücksmarkt insgesamt nur eine geringe Anzahl von Baugrundstücken zur Verfügung.“

An der Spitze der Kommunen mit den meisten Verkäufen steht wie bereits 2022 die Gemeinde Hellenthal. Hier wechselten im vergangenen Jahr 30 (Vorjahr 35) Baugrundstücke die Besitzer. Es folgen Bad Münstereifel (25), Euskirchen (23), Schleiden (18) und Zülpich (16). Schlusslicht ist abermals Weilerswist: Hier sank die Zahl der Verkäufe seit 2021 von 15 über 9 in 2022 bis zu mageren 3 im vergangenen Jahr. Die 23 Kauffälle in Euskirchen bedeuten einen Rückgang um 28 Prozent. 2022 waren es noch 32.

Im Stadtgebiet Euskirchen werden die höchsten Preise erzielt. Der Bodenrichtwert lag hier zum 1. Januar 2024 bei 410 Euro pro Quadratmeter, in Weilerswist bei 360 Euro und in Zülpich bei 370 Euro. „In Einzelfällen wurden in guten bis sehr guten Wohnlagen dieser Gemeinde- und Stadtgebiete Kaufpreise gezahlt, die noch über den Bodenrichtwerten lagen“, stellen die Gutachter fest. Speziell für die dem Kölner Raum nahe gelegenen Kommunen stellen die Experten fest: „Die Nachfrage übersteigt hier weiterhin das Angebot an Baugrundstücken.“

Nur noch drei Baugrundstücke wurden 2023 in Weilerswist verkauft

Im südlichen Bereich des Kreises sind die Preise für erschlossenes Bauland leicht gestiegen – bei Preisen zwischen 30 bis 100 Euro pro Quadratmeter.

Insgesamt ist das Marktgeschehen weiter rückläufig: 2179 Kauffälle gab es 2023 bei Grundstücken und Immobilien, knapp ein Fünftel weniger als 2022. Der Gesamtumsatz sank um 35 Prozent auf 431,95 Millionen Euro.

906 neue und gebrauchte Ein- und Zweifamilienhäuser wechselten im vergangenen Jahr die Besitzer, mithin 23 Prozent weniger als 2022. „Die Preise bei Neubauten waren in etwa gleichbleibend“, so Bianca Zavelberg. Wer aber ein gebrauchtes Haus verkaufen wollte, musste im Vergleich zum Vorjahr schon leichte Abstriche machen.

Die Preise für weiterverkaufte Eigentumswohnungen sind stabil geblieben, bei Erstverkäufen stellen die Gutachter einen leichten Anstieg von drei Prozent fest.

Mechernich macht Hoffnung: 50 Grundstücke kommen bald auf den Markt

„Für neue Eigentumswohnungen wurden durchschnittlich rund 3900 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche je nach Lage und Ausstattungsstandard gezahlt“, heißt es in der Mitteilung des Gutachterausschusses. Der Rückgang der Kauffälle ist hier mit 12 Prozent von 76 auf 69 Verträge noch vergleichsweise gering.

Wo liegen die Ursachen für das rückläufige Marktgeschehen? Vermehrt sei zu hören, dass Bauträger wegen gestiegener Preise auf dem Bau von ihren Vorhaben abgerückt seien, sagt Bianca Zavelberg: „Die Projekte, die auf Eis gelegt wurden, standen dann auf dem Markt nicht zum Angebot.“ Bei anderen klappe es mit der Finanzierung nicht.

Auch die in einigen Kommunen in den Kaufverträgen verankerte Pflicht, innerhalb eines gewissen Zeitraums das Grundstück zu bebauen, könne abschreckende Wirkung haben.

Spitzenreiter: In Hellenthal wurden 30 Grundstücke verkauft

Die entsprechenden Städte und Gemeinden wollen so verhindern, dass Grundstücke jahrelang vor sich hin schlummern. Ihr Ziel ist es schließlich, jungen Familien den Traum vom Eigenheim erfüllbar zu machen und nicht den Spekulanten den Traum von satten Gewinnen.

Dennoch interpretieren die Kommunen diese Vorgaben zuweilen wohlwollend: „Wenn jemand ins Stocken gerät, weil etwa die Baupreise weggelaufen sind, würden wir nicht auch noch in diese Kerbe reinhauen“, sagt der Mechernicher Stadtplaner Thomas Schiefer, der ein wenig Hoffnung verbreitet: Die Stadt wolle ab Sommer rund 50 Grundstücke auf den Markt bringen.

Weitere Schritte in diese Richtung würden erwogen, so Schiefer. Denn Baupreise und Zinsen seien wieder rückläufig und der Wunsch vieler junger Menschen nach Eigentum stabil, so Schiffer: „Wir haben auch wieder mehr Nachfragen nach Baugrundstücken.“


Verkauf von Agrarflächen steigt im Kreis Euskirchen rasant

Im Jahr 2023 sind im Kreis Euskirchen rund 210 Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen in 169 Kauffällen veräußert worden. Die Anzahl der Kauffälle gegenüber 2022 ist damit um etwa 24 Prozent gestiegen.

Die Preise sind in weiten Teilen des Kreisgebietes gleichbleibend bis leicht steigend. Bei einer Bodengüte von rund 70 (der beste Boden in Deutschland befindet sich in der Magdeburger Börde und hat die Bodengüte 100) lag der durchschnittliche Kaufpreis in den Kommunen Euskirchen/Weilerswist/Zülpich für Ackerflächen zwischen 5,76 und 8,14 Euro pro Quadratmeter.

In weiten Gebieten des südlichen Kreisgebietes, bei Bodenzahlen von 30 bis 35 Bodenpunkten, wurden überwiegend Grünlandflächen zu Durchschnittspreisen von 1,07 bis 3,33 Euro je Quadratmeter gehandelt.

2023 wechselten laut Gutachterausschuss 57 Mehrfamilienhäuser (- 31 Prozent) , 40 Wohn- und Geschäftshäuser (- 36 Prozent) sowie 22 Gewerbe- und Industrieobjekte (- 19 Prozent) den Eigentümer. 


Der Grundstücksmarktbericht

122 Seiten umfasst der Grundstücksmarktbericht 2024 für den Kreis Euskirchen. Bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses im Kreishaus können Grundstücksmarktberichte gegen eine Gebühr von 50 Euro erworben werden. Sie können aber auch kostenfrei im Internet abgerufen werden.

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