Haus in Mechernich-RißdorfEin von Gebetsfahnen umwehtes Idyll

Rund 20 Jahre haben Regina und Waldemar Krakor gebraucht, um ein altes Fachwerkhaus in ein gemütliches Heim zu verwandeln.
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Mechernich-Rißdorf – Dass sie mal in der Eifel landen und dort vielleicht für den Rest ihres Lebens bleiben würden, hätten Regina und Waldemar Krakor Anfang der 1980er Jahre nicht gedacht.
Damals lebten und arbeiteten sie noch in Berlin, hatten aber enge Kontakte zum damaligen buddhistischen Zentrum „Kamalashila“ auf Schloss Wachendorf. Aber wie das so ist: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Eifeltypisches Gebäude
„Eigentlich wollten wir irgendwo anders hin, sind dann aber erst einmal in das Haus unseres Freundes gezogen, der in Rißdorf zur Miete wohnte“, erinnert sich Waldemar Krakor, von Beruf Techniker und Baubiologe. Ganze 70 Quadratmeter groß war das alte Fachwerkhäuschen in der Straße „Zur Wolfskaul“ im kleinen Mechernicher Ortsteil.
„Tant Bärb“, so wurde die Vorbesitzerin genannt, die ihr Leben lang in diesem Haus gewohnt und es zeitweilig mit sage und schreibe 14 Mitbewohnern, sprich Angehörigen, geteilt hatte.
Wie man einer Inschrift auf dem Balken des Giebels entnehmen kann, wurde das eifeltypische Gebäude vor genau 250 Jahren, also 1763 erbaut.
Optimal nach Sonneneinstrahlung und Windrichtung ausgerichtet
Wer Fotos aus der Zeit betrachtet, in der die Krakors mit der Sanierung begannen, sieht ein Fachwerkhaus, dessen Front nur wenige Meter breit ist und ein einziges Fenster aufweist.
Während Regina Krakor als Heilpraktikerin in Bad Münstereifel für das Familieneinkommen sorgte, begann ihr Partner und späterer Ehemann mit dem Umbau. Das Dach wurde als Erstes neu eingedeckt.
„Gott sei Dank haben die Erbauer das Haus optimal nach Sonneneinstrahlung und Windrichtung ausgerichtet. Damals haben die Leute auf so etwas geachtet“, erläutert Waldemar Krakor bei einer Tasse Kräutertee im lichtdurchfluteten Anbau.
Und trocken war der Fachwerkbau auch, aber eben doch sehr klein für eine dreiköpfige Familie.
Mit Freunden setzte Krakor sein neues Heim, das die Familie 1994 erwarb, Stück für Stück in Stand. Zum Beispiel den schon vorhandenen Erweiterungsbau in Richtung Garten, in dem das Badezimmer untergebracht war. Zeitweilig war das Haus quasi unbewohnbar, weil zum Beispiel die Gefache mit Lehmziegeln neu ausgemauert wurden.
„Wir haben damals im Hof unter freiem Himmel gekocht und geschlafen. Das war sehr abenteuerlich“, erzählte Regina Krakor von der chaotischen Phase des Hausumbaus. Jedes Zimmer hatte einen eigenen Ofen, eine Zentralheizung wurde erst später eingebaut.
Von 70 auf 140 Quadratmeter gewachsen
Was die beiden Zugereisten – er ist aus Hamburg, sie stammt aus Wuppertal – im Laufe der zurückliegenden 20 Jahre aus der guten Stube von Tant Bärb gemacht haben, ist wirklich erstaunlich.
Durch einen Grundstückszukauf konnten die Krakors neben dem eigentlichen Wohnhaus einen großen Raum anbauen, in dem sich jetzt das tägliche Leben abspielt. Die Familie wählte eine Holzständer-Bauweise mit Zellulosedämmung und Lehmputz. Im Laufe der Jahre wuchs das Haus so von 70 auf 140 Quadratmeter. Auch für eine großzügige, geschmackvoll mit einer Pergola verzierte Terrasse war Platz.
Von dort aus gelangt man in einen verwunschenen Garten, in dem zuvordest die tibetischen Gebetsfahnen ins Auge stechen, die quer über die Wiese gespannt sind.
Eine Buddha-Figur fügt sich ebenso nahtlos ins Idyll wie ein Bienenstock, um den es nur ein paar Meter weiter richtig brummt. „Wir würden schon gerne etwas mehr über die Familie wissen, die vor uns das Haus bewohnt hat. Leider gibt es da nur wenige überlieferte Geschichten im Ort“, bedauert Waldemar Krakor.
Von Haus aus ist Waldemar Krakor Elektrotechniker. Aber mittlerweile hat er sich ein neues berufliches Standbein geschaffen. Und auf die Idee dazu kam er bei der sich über Jahre hinziehenden Sanierung seines Fachwerkhauses in Rißdorf. Durch den Umgang mit alter Bausubstanz beschäftigte sich der 53-Jährige intensiver mit Baubiologie.
„Es ist für die Gesundheit schon enorm wichtig, dass man in einem Haus wohnt, in dem es zum Beispiel keine giftigen Ausdünstungen oder Schimmelpilze gibt“, ist ersich sicher.
Die gesundheitlichen Probleme vieler Leute ließen sich seiner Meinung nach verringern oder sogar abstellen, wenn die Krankheitsursachen beseitigt werden. Dazu zählt nach Krakors Erfahrung unter anderem der umstrittene Elektrosmog durch in der Nähe des Hauses befindliche Hochspannungsleitungen oder Mobilfunkmasten. „Ich habe auch eine Zeit lang Seminare angeboten, damit Kinder und Jugendliche verantwortungsvoller mit dem Handy umgehen. Aber davon will heute keiner mehr was hören“, so der Rißdorfer.
In jüngster Zeit ist er mehr auf „Schimmel, Siff und Silch“ spezialisiert. Als Sachverständiger wird Krakor gebucht, wenn in einem Eigenheim oder in einer Mietwohnung Feuchtigkeitsschäden auftreten oder gar ein akuter Schimmelpilzbefall vorliegt. Um den Kunden bei der Sanierung wirkungsvoll helfen zu können, hat Krakor am renommierten Institut für Baubiologie und Ökologie in Neubeueren einen Abschluss als baubiologischer Messtechniker IBN gemacht.
„Das Schlimme ist ja, dass die Feuchtigkeitsschäden programmiert sind, wenn Häuser in viel zu kurzer Zeit hochgezogen werden“, berichtet Krakor von seinen Erfahrungen. Wenn etwa der Estrich noch nicht ausreichend ausgetrocknet sei und darauf eine Folie sowie Laminat verlegt werde, müsse man sich nicht wundern, dass im Zwischenraum Feuchtigkeit entstehe.
Mittlerweile ist die Baubiologie so weit, dass man hohe Belastungen der Luft, etwa durch Asbest oder andere in Baumaterialien befindliche Gifte, messen kann. Auch gesundheitsgefährdende Bakterien und Pilze lassen sich unter anderem durch Untersuchungen von Hohlräumen per Bohrung nachweisen. (hoc)
Von der schon erwähnten Tant Bärb ist bekannt, dass sie sich immer sehnlichst eine eigene Kuh gewünscht hatte. Als sie endlich das nötige Geld zusammen hatte, ging sie zu Fuß nach Euskirchen zum Viehmarkt und erstand schließlich auch ein Rindvieh. Allerdings war das Tier nicht in allerbester Verfassung, weil es auf dem Rückweg nach Rißdorf auf der Billiger Höhe verendete.
„Tant Bärb ist unseres Wissens nach Anfang der 80er Jahre verstorben und galt als sehr hilfsbereit und fürsorglich im Dorf“, erzählt Regina Krakor über die Vorbesitzerin.
Die 53-Jährige ist überzeugt davon, dass ein Haus mit einer solch langen Geschichte ein ganz anderes Wohngefühl vermittelt als ein nüchterner Neubau, dessen Wände gerade mal ausgetrocknet sind.
Jedenfalls haben die Krakors aus Tant Bärbs unscheinbarem Fachwerkhäuschen ein richtiges Schmuckstück gemacht, das gar nicht mal perfekt daher kommt.
Die gemütliche Atmosphäre und die Ausstrahlung des historischen Bauwerks erschließen sich dem Besucher oft erst auf den zweiten Blick.