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Aufführung in MechernichNorbert Heckelei aus Nöthen inszeniert Theaterstück zum Klimaschutz

Lesezeit 3 Minuten
Im Klimatheater Mechernich auf der Bühne sitzen am Tisch von links: Clarissa Gundlach, Christian Stock, Liza Reichardt und Lukas Franke.

Am Tisch von links: Clarissa Gundlach, Christian Stock, Liza Reichardt und Lukas Franke.

 Norbert Heckelei aus Nöthen hat das Stück entwickelt, das bereits an zahlreichen Schulen gezeigt worden ist. 

Auf den ersten Blick sind sie die perfekte Familie. Vater Bernhard ist wohlhabender Manager bei einem Energie-Konzern, Mutter Nicole Bürgermeisterin und Mitglied der Grünen, Tochter Sophie „Fridays for Future“-Aktivistin und Sohn Leon Frontex-Soldat.

Eine Familie also, die mitten in einem der heißesten Themen unserer Zeit steht, nämlich dem Klimaschutz. Ausgangspunkt ist der reich gedeckte Abendbrottisch in einer schicken Villa. Dort zentriert Autor und Regisseur Norbert Heckelei die brisantesten Themen der modernen Gesellschaft und zeigt Widersprüche und Doppelmoral auf. Klima, Krieg und Katastrophen „Macht euch die Erde untertan“ lautet der Titel des Theaterstücks, das seit März in insgesamt elf Schulen aufgeführt wurde.

Der Satz aus der Bibel wird häufig im Zusammenhang mit der Ausbeutung und Zerstörung der Erde verwendet. Umso origineller war die Umsetzung, die in Mechernich einmalig öffentlich aufgeführt wurde. Heckelei überzeugte mit professionellen Schauspielern, Musical-Darstellern und beeindruckender Kreativität. Bei einer Spielzeit von zwei Stunden wurde es nicht langweilig. Das Publikum in der Aula im Gymnasium am Turmhof verfolgte gebannt das emotional berührende Geschehen.

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Grandios verkörperte Clarissa Gundlach die Tochter der Familie Nettersheim. Angst und Verzweiflung über den Klimanotstand bringen sie schnell aus der Fassung. Ein sachlich-ruhiger Austausch ist unmöglich. Davon angenervt ist ihr Bruder Leon, dargestellt von Lukas Franke.

Er konfrontiert sie mit ihrem Konsumverhalten, das alles andere als klimaneutral ist. Die Eltern Bernhard (Christian Stock) und Nicole (Liza Reichardt) wollen vor allem in Ruhe ihren Feierabend genießen. Ihre Teilnahme an der Diskussion bleibt zurückhaltend. Bis die Abendbrotkulisse von der Nachricht gesprengt wird, dass die heimatliche Region von einer Flutwelle überschwemmt wurde. Fragen zu Ursachen, Hilfeleistungen und Überlegungen, wie es beispielsweise mit der Stadt Bad Münstereifel weitergeht, prägen im Weiteren die Geschichte.

Norbert Heckelei verknüpft in seinem Stück die Klimakrise eng mit der Flüchtlingsproblematik. Ngako Keuni, Musical-Künstler aus Berlin, spielt einen jungen Afrikaner, der aus seiner Heimat flüchtete, nachdem Öl-Konzerne seinen geliebten Urwald für Bohrungen gerodet haben. Sein Schicksal verfolgt das Mechernicher Publikum vom Aufbruch in Afrika bis zum Erfolg in Deutschland: Als Model für ein Luxus-Modelabel kommt er zu Wohlstand, doch das schlechte Gewissen beißt. Auch der Ukraine-Krieg kommt auf den Tisch. Hitzige Diskussionen um Gründe und Schuldige erregen die Gemüter. Eine besonders spannende Rolle hat Igor Schwab als Journalist, der mit den Großen der Politik zusammenarbeitet.

„Ich bin ein schlechter Journalist. Ich fange an zu hinterfragen.“

Gestern plaudert er noch mit Kanzlerin Angie, heute mit Olaf Scholz. Mit allen „per Du“, in kumpelhaftem Jargon und stets die Fahne nach dem Wind drehend, berichtet er das, was von ihm erwartet wird und was der aktuell angesagten Politik und der Wirtschaft dient. Igor Schwab füllt diese Rolle exzellent aus, gibt sich großspurig und weltmännisch, manipulativ und korrupt. Doch dann kommt der Wendepunkt. „Ich bin ein schlechter Journalist. Ich fange an zu hinterfragen.“

Das kostet ihn am Ende seinen Job. Tanz, Sprechgesang, Musik, Fotos und Video-Beiträge reichern die ausdrucksstark gespielten Szenen an. Trotz der schweren Themen durfte auch mal gelacht werden, manchmal blieb einem das Lachen aber im Halse stecken. Zum Beispiel, als der Vater den großen Schinken vom Abendbrottisch nahm und ihn zur Luftgitarre oder zum Golfschläger umfunktionierte. Dies wirkte besonders makaber, denn am Schinken war das Bein des Schweins noch dran. In der abschließenden Gesprächsrunde berichteten auch die Darsteller von ihrer persönlichen Entwicklung bei der Arbeit an dem Stück.

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