UrfttalsperreWasser für Inspektion abgelassen

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Das Betreten des trocken gefallenen Urftsees ist lebensgefährlich. Daher entstand das Bild mithilfe einer Drohne.

  • Die Urfttalsperre fällt in diesen Wochen weitgehend trocken.
  • Grund ist aber nicht fehlender Regen. Das Wasser wird für eine technische Inspektion abgelassen.
  • Und dafür muss der Tunnel zum Kraftwerk in Hasenfeld begangen werden.

Schleiden – Einen gewaltigen Schreck dürfte in diesen Tagen jeder bekommen, der an der Urfttalsperre vorbeigeht und dabei noch die erschreckenden Nachrichten über ausbleibenden Regen und das dritte Dürrejahr hintereinander im Ohr hat. Auf ein sehr niedriges Niveau ist der Wasserstand gefallen, und der Schotter am Ufer bestimmt das Bild. Es sieht aus wie in einem afrikanischen Wadi, einem trockenen Flussbett.

Doch wie der Wasserverband Eifel-Rur auf Anfrage mitteilt, hat das alles rein gar nichts mit der Trockenheit zu tun. Ganz im Gegenteil, die Talsperren des Wasserverbandes (WVER) sind gut gefüllt, die Versorgung mit Trinkwasser ist sichergestellt. Die Absenkung des Wasserspiegels ist geplant, und sie wird auch noch weitergehen. Bis Mitte November dürfte es dauern, bis der Pegel im Urftsee das Niveau erreicht haben wird, das sich die Verantwortlichen wünschen.

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Grund der Absenkung sei, dass der Stollen, mit dem das Wasser der Urft den Kermeter hindurch zum Jugendstilkraftwerk in Hasenfeld fließt, kontrolliert und begangen werden müsse, erläutert Marcus Seiler, Sprecher des Wasserverbandes: „Das letzte Mal ist das im Jahr 1997 geschehen, der Prüfrhythmus ist etwa 20 Jahre.“

Tunnel zum Kraftwerk wird begangen

Diese Kontrolle erfolgt durch Mitarbeiter des Wasserverbandes und des Betreibers des Kraftwerks, die gemeinsam durch den Tunnel gehen und dessen Sicherheit überprüfen. Bis zu fünf Meter sei der Tunnel am Einlauf groß, und er verenge sich dann, berichtet Seiler. Allerdings sei er auf seiner gesamten Länge von 2,7 Kilometern bequem zu begehen.

Damit dies trockenen Fußes geschehen kann, muss der Wasserspiegel unter 279 Höhenmeter über Normalnull fallen, die Höhe des Einlaufs zum Tunnel. Um die Arbeiter zu schützen, wenn plötzliche Regenfälle einsetzen, soll der Wasserstand sogar bis auf 278,20 Höhenmeter abgesenkt werden. „Dann haben wir 80 Zentimeter Puffer“, so Seiler. Dass dieser Sicherheitsabstand unbedingt nötig ist, haben die Verantwortlichen vor fünf Jahren erkannt.

Bei Betreten Lebensgefahr

Nur mit Einsatz einer Drohne konnte das Foto des leergefallenen Bodens des Urftsees gemacht werden. Denn, wie der Sprecher des Wasserverbandes Eifel-Rur, Marcus Seiler, betont, ist das Betreten der Urfttalsperre nicht nur streng verboten, sondern lebensgefährlich. Der an der Oberfläche getrocknete Schlick sehe zwar stabil aus, der Boden könne aber jederzeit nachgeben.

„Als der Wasserstand der Rurtalsperre ähnlich niedrig war, ist dort eine junge Frau in den Schlamm eingebrochen“, erinnert er sich. Bei diesem Einsatz im November 2011 musste die Feuerwehr Woffelsbach über eine Strecke von zehn Metern Steckleitern auf dem Schlamm auslegen, um sich nicht selber zu gefährden. Wenige Tage vorher war ein Spaziergänger in den Schlamm geraten, der seinen entlaufenen Hund einfangen wollte. (sev)

Damals gab es bereits einen ersten Versuch, die Tunnel zu begehen und zu inspizieren. Eigentlich hätte dies bis 2017 geschehen müssen. Doch 2015 machten heftige Regenfälle den Ingenieuren einen Strich durch die Rechnung. Es fiel mehr Regen, als über die Rohre des Kraftwerks abgeleitet werden konnte.

Arbeiten 2015 nur zum Teil erledigt

Daher stieg der Pegel wieder. „Die Talsperre füllt sich relativ schnell. Sie hat ein großes Einzugsgebiet“, sagt Seiler. Selbst wenn es stark regne, hätten die Inspekteure durch den Puffer genug Zeit, den Stollen zu verlassen, bevor sie nasse Füße bekommen. Allerdings konnte 2015 wenigstens ein Ziel erreicht werden: Neben der Inspektion der Zuleitungstunnel stand auf der To-do-Liste des Wasserverbandes, den Südschacht zu kontrollieren, der an seinem auffälligen Turm zu erkennen ist.

Taucher sollten ihn von metallenen Überresten einer alten Sprossentreppe befreien, um einen gefahrlosen Einstieg zu gewährleisten. Diese Arbeiten konnten damals erfolgreich erledigt werden.

Dass die Absenkung nicht in den regenarmen Jahren 2018 und 2019 angegangen wurde, begründet Seiler mit der Sicherheit der Trinkwasserversorgung. „Im Laufe der Trockenzeiten wurde die Urfttalsperre zur Stützung gebraucht“, so Seiler. Dann sei, um den Wasserstand im Obersee stabil zu halten, Wasser über die Grundablässe in den alten Urftarm abgelassen worden, während normalerweise alles Wasser der Urft durch den Stollen in das Heimbacher Becken fließt.

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Vom Höchststand ist man derzeit an der Urfttalsperre weit entfernt, wie man am Bewuchs des  Ufers erkennen kann.

Jetzt seien hingegen alle Talsperren gut gefüllt. Deshalb wird die Absenkung wieder angegangen. Zwar hätten die Regenfälle der vergangenen Wochen den Pegel wieder ansteigen lassen, doch noch immer liege die augenblickliche Füllung der Talsperre mit 17 Millionen Kubikmetern unter dem langjährigen Mittel von 24 Millionen Kubikmetern. „Wir haben darauf geachtet, die Talsperre leerer als sonst zu halten“, so Seiler.

Wenn Schäden im Stollen entdeckt werden, müssten diese allerdings bei einer neuerlichen Absenkung beseitigt werden. Denn wenn die Inspektion des Tunnels erledigt ist, wird der normale Wasserstand des Urftsees wieder hergestellt. „Der staut sich aber schnell wieder auf“, weiß Seiler aus Erfahrung.

Die älteste Talsperre der Eifel

Sie ist die älteste Talsperre der Eifel: die Urfttalsperre. Gebaut wurde sie in den Jahren von 1900 bis 1905 unter Leitung von Otto Intze aus Aachen, dessen Porträt an der Staumauer zu sehen ist. Die Kronen sind bei 324 Höhenmeter über Normalnull. Sie wurde aus Bruchsteinen von örtlicher Grauwacke und Tonschiefer erbaut.

Von der Gründungssohle erstreckt sich die 226 Meter lange Mauer 58,5 Meter in die Höhe. Am Fuß ist sie 50,5 Meter breit, an der Krone sechs Meter. Der Stausee ist bis zu 7,85 Kilometer lang. 

Seit 1993 gehört der Urftsee zum Wasserverband Eifel-Rur. Mit der Urfttalsperre wurde der Lauf der Urft umgeleitet. Sie fließt nun durch den Stollen zum Jugendstilkraftwerk Heimbach. Das Wasser im Altlauf der Urft auf der anderen Seite der Staumauer stammt aus der Rur, wird vom Paulushofdamm gestaut und gehört zum Obersee.

Angriff mit britischen Spezialbomben

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Talsperre von britischen Einheiten mit Spezialbomben vom Typ „Tallboy“ angegriffen. Beim zweiten Angriff am 11. Dezember 1944 wurde der Damm beschädigt, hielt aber stand. Bis zum Sommer 1964, als eine britische Spezialeinheit sich an die Bergung machte, lagen noch Blindgänger von dieser Operation im Urftsee. 

Am 10. Februar 1945 sprengten deutsche Einheiten die Verschlüsse des Kermeter-Stollens und der Grundablässe des Rursees, um so das Vorrücken der alliierten Truppen aufzuhalten. (sev)

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