Abo

Namen verwechseltProzess am Euskirchener Amtsgericht abgebrochen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Polizeiauto steht vor dem Amtsgericht in Euskirchen.

Ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Ladendiebe ist am Amtsgericht Euskirchen abgebrochen worden.

Prozess am Euskirchener Amtsgericht gegen zwei mutmaßliche Ladendiebe wegen Ungereimtheiten abgebrochen. Gegen Angeklagte laufen etwa 40 Strafverfahren.

Drei Hosen soll  Asil A. (Namen geändert) übereinander getragen haben, als er am Samstag, 28. Januar, gegen 14 Uhr die Herrenabteilung eines Euskirchener Kaufhauses verließ. Die Hosen waren laut Polizei ebenso gestohlen wie die Jacke im Wert von 250 Euro, die sein Begleiter Hamza K. bei sich getragen habe.

Die beiden sollen versucht haben, den Laden mit Kleidung im Gesamtwert von 948 Euro zu verlassen – ein Fall besonders schweren Ladendiebstahls, sagte jetzt Alexander Klingberg, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bonn.

Beschleunigtes Verfahren

Deswegen standen die beiden marokkanischen Staatsbürger, die aktuell in einer Asylunterkunft in Schleiden leben, am Donnerstag vor dem Amtsgericht Euskirchen. Dort sollte es zu einem beschleunigten Verfahren gegen die Männer kommen, denen auch zahlreiche andere Taten zur Last gelegt werden. „In kürzester Zeit sind beide Täter massiv in Erscheinung getreten“, sagte Klingberg. Und das nicht nur im Kreis Euskirchen.

Zwei Männer, knapp 40 Strafverfahren in ganz NRW

Gegen Hamza K. stünden aktuell mehr als 20 Verfahren in NRW aus – in Münster, Arnsberg und Düsseldorf. Die Vorwürfe: Diebstähle, Sachbeschädigungen,schwerer Raub und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Zudem habe Hamza K. vor Gericht eine Alias-Personalie verwendet   – er habe seinen Namen ausgetauscht, mit der Absicht, seine Identität zu verschleiern.

Gegen Asil A. liefen derzeit etwas weniger als 20 Ermittlungsverfahren mit ähnlichen Vergehen: besonders schwerer Diebstahl, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Urkundendelikte. Wie Hamza K. halte sich auch Asil A. nie lange an einem Ort auf, sagte Klingberg. Bisher kam es allerdings in beiden Fällen nicht zur Verurteilung. Deswegen habe es nun das beschleunigte Verfahren gegeben, das dazu diene, zu einem schnellen Urteil zu kommen und so eine „auffällig gewordene reisende Tätergruppe“ zu stoppen.

Schlechte Bedingungen

Doch die Verhandlung in Euskirchen startete bereits unter schlechten Voraussetzungen. So blieb etwa die Verkäuferin des Kaufhauses, die als Zeugin geladen war, der Verhandlung fern – wegen einer Corona-Erkrankung. Die Zeugin habe gesehen, wie die Angeklagten zusammen in eine Umkleidekabine gegangen seien, erklärte Richter Malte Theis.

Zeugin hörte im Euskirchener Kaufhaus Scherengeräusche

Aus dieser Umkleidekabine habe sie „verdächtige Scherengeräusche“ gehört. Anschließend habe sie abgeschnittene Etiketten gefunden. Das Tatwerkzeug – die Schere – sei später von einem Polizeibeamten bei einem der Täter gefunden worden. Neben der Verkäuferin war auch der Ladendetektiv auf die Tat aufmerksam geworden.

Das Überwachungsvideo des Geschäfts habe er der Polizei zukommen lassen. Doch vor Gericht war es nicht mehr abspielbar. Auf dem Monitor: ein schwarzer Bildschirm, eine leere Datei – als Beweis unbrauchbar, sagte Theis. Auf dem intakten Video sei ihm zufolge zu erkennen gewesen, dass die Angeklagten in der Umkleidekabine die Kleidungsstücke anziehen.

Verwechslung

Doch das größte Problem der Verhandlung war die Verwechslung der Namen der Angeklagten. Während sie im Haftbefehl noch korrekt zugeordnet waren, wurden sie in der Antragsschrift vertauscht – aus Asil A. wurde Hamza K. und aus Hamza K. wurde Asil A. „Unter bestimmten Umständen haben Leute Verwechslungsprobleme“, sagte der Richter dazu. Während A. sich zu der Tat nicht äußerte, bestritt K. alle Tatvorwürfe: „Ich bin in den Laden reingegangen, aber ich habe nichts geklaut.“

Blindflug

Durch die Verwechslung der Namen kam es zu weiteren Ungereimtheiten. Die Staatsanwältin sagte: „Wir sind alle sehr verwirrt. Das ist eine schlechte Entscheidungsgrundlage.“ Bei der gegebenen Beweislage sei es schwierig, zu einem Urteil zu kommen. „Zu viel Blindflug“ habe es in diesem Verfahren gegeben.

Auf ihren Antrag hin wurde das beschleunigte Verfahren beendet. Die Haftbefehle vom 29. Januar wurden aufgehoben, die anwesenden Zeugen ohne Vernehmung entlassen. Das Verfahren wurde anschließend auf unbestimmte Zeit verschoben.

KStA abonnieren