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Magic, Pokémon und CoEuskirchener Laden bietet Spielkarten im Wert von Zehntausenden Euro an

Lesezeit 7 Minuten
Der Besitzer des Fantasy Store in Euskirchen hält eine seltene Spielkarte in der Hand.

So sieht ein echter Schwarzer Lotus aus: Jan Humrich hält eine der extrem seltenen Magic-Sammelkarten in der Hand. Die Karte kostet schnell mehrere Zehntausend Euro und wird an einem sicheren Ort aufbewahrt.

Magic, Pokémon und Co: Die Liste an Fantasy-Kartenspielen ist lang. Jan Humrich aus Euskirchen zeigt, dass Fantasy-Spiele nicht nur was für Kinder sind.

Weltenwanderer, Spontanzauber, Artefakte, Goldene Regel, Power Nine, Lebenspunkte und Mana – alles vereint in Decks. Begriffe, bei denen Magic-Spielern das Herz aufgeht, der Rest aber irgendwie ratlos zurückbleibt.

Und dann ist da noch der Black Lotus. Die bekannteste Karte, des Fantasyspiels „Magic: The Gathering“, das 1993 auf den Markt gekommen ist. Sie ermöglicht es, ein Match im ersten Zug zu gewinnen. „Die Karte hat Kultfaktor“, sagt Jan Humrich.

Der 40-Jährige betreibt in Euskirchen an der Oststraße einen Fantasystore, hat Magic professionell gespielt und hatte zwischenzeitlich sogar mehrere Black Lotus in seinem Besitz. Heute ist es noch mindestens eine, die er an einem sicheren Platz aufbewahrt.

Euskirchen: Black Lotus als seltene Magic-Sammelkarte

Der Grund: Die Karte wird in einem guten Zustand in der Szene oder bei Sammlern gerne für an die 80.000 Euro gehandelt. „Vielleicht gibt es noch 150 Karten weltweit. In einem guten Zustand sind es vielleicht noch 20. So kommt der hohe Wert zustande“, erklärt Humrich.

Gespielt werden kann die Karte eigentlich nicht mehr. Nur in der sogenannten Vintage-Version von Magic darf sie sich im Deck, dem Kartenstapel, befinden. Doch Humrich hat nicht nur den Black Lotus, sondern die komplette Power Nine. Die neun stärksten und wertvollsten Karten im Magic-Universum. Verstaut sind die in zwei Koffern, ebenfalls an einem sicheren Ort.

Was ich Eltern immer wieder nur empfehlen kann: Schmeißt die Karten der Kinder, wenn der Speicher entrümpelt wird, nicht einfach weg.
Jan Humrich über das Fantasykartenspiel „Magic: The Gathering“

„Wenn man die verkaufen würde, würde man schon ein nettes Haus bekommen“, so der 40-Jährige, der mehrere Ordner voller Magic-Karten hat, von denen jede einzelne schnell einen Wert von mehreren Hundert Euro hat. Entsprechend bekommen Gleichgesinnte große Augen, als der 40-Jährige seine „Schatzkisten“ ausnahmsweise mal mit in den Laden gebracht hat. „Wow. Da bekomme ich Gänsehaut. So etwas sieht man nicht alle Tage“, sagt ein Stammkunde des Fantasystores.

„Magic: The Gathering“: Sammler aus Euskirchen besitzt fünf der wichtigsten Karten

„Was ich Eltern immer wieder nur empfehlen kann: Schmeißt die Karten der Kinder, wenn der Speicher entrümpelt wird, nicht einfach weg. Da könnte das eine oder andere Schätzchen dabei sein“, sagt der Experte. Er selbst habe auf dem Trödelmarkt schon mal Schnäppchen gemacht.

Mit dem Magic-Virus infiziert ist der Euskirchener seit seinem elften Lebensjahr. Damals ging er an einem kleinen Laden – ebenfalls an der Oststraße in Euskirchen – vorbei und beobachtete Männer bei einem mysteriösen Kartenspiel. Von seinem Taschengeld holte er sich „für zehn Mark oder so“ ein Starterpaket. Sein Bruder habe ihm erst mal erklären müssen, was es mit den Karten so auf sich habe, denn die fürs Spiel durchaus wichtigen Fakten standen in Englisch auf den Karten.

„Natürlich haben wir es falsch gespielt, aber wir hatten Spaß“, erinnert sich der heute 40-Jährige. Den Spaß habe er auch nicht verloren, als er in der Anfangszeit „nur auf die Nase bekommen habe“, wie es Humrich formuliert. Das Spiel sei komplex, erfinde sich immer wieder neu – auch, weil es mittlerweile mehr als 120 Sets in verschiedenen Sprachen gibt. Laut der offiziellen Datenbank Gatherer gibt es mehr als 20.000 verschiedene Karten.

Pokémon zieht die Menschen seit 1996 in den Bann

Doch Magic ist nicht das einzige Kartenspiel, das generationenübergreifend die Menschen in den Bann zieht – und für das Kunden den Fantasystore ansteuern. Da gibt es auch noch Pokémon. Und die Boosterpaks, also neue Karten, in Tütchen verpackt wie Panini-Karten, gibt es eben bei Humrich. Das Kartenspiel kam 1996 auf den Markt und löste 2016 einen neuen Hype aus, als es das Spiel auf dem Smartphone gab. In der virtuellen Realität kann jeder auf Monsterjagd gehen.

Gegen das Pokémon-Virus ist Humrich relativ immun. „Die meisten sammeln die Karten nur und spielen sie nicht“, sagt er. Pokémon sei eines der wenigen Kartenspiele, die von Corona profitiert hätten. Der Grund dafür: YouTuber wie Logan Paul, der vor laufender Internetkamera ein Kartenset aus dem Erscheinungsjahr 1996 breakt, wie man in der Szene sagt, also öffnet.

Das Problem: Der US-Amerikaner hat mehrere Millionen Dollar für die Karten bezahlt, die sich im Nachgang als gefälscht herausstellen. Das Video ist mittlerweile millionenfach geklickt worden. Danach war Pokémon als Kartenspiel wieder in aller Munde, und man machte sich auf die Jagd nach Pikachu und seinen Freunden.

Das dritte Kartenspiel, das die Oststraße zum Pilgerort für Nerds werden lässt: Yu-Gi-Oh!. „Plötzlich sind Rentner wieder Kinder. Sie sehen nur anders aus“, sagt Humrich augenzwinkernd. Und Nerds sei auch keine Beleidigung, sondern ein Fakt.

Doch was macht den Reiz der Spiele aus? „Man interagiert und spricht von Angesicht zu Angesicht miteinander“, sagt Humrich, der in seinem Laden auch Brettspiele verkauft, die, wie der 40-Jährige ausdrückt, nicht zum Mainstream gehören. Und nur solche, die er selbst gespielt hat und weiterempfehlen kann. „Ich baue gerade ein Repertoire an Brettspielen für Kinder ab drei Jahren auf“, sagt er.

Er habe nie gedacht, dass Brettspiele in jungen Jahren schon so wichtig seien. „Man merkt Jugendlichen an, ob sie in ihrer Kindheit Brettspiele gespielt haben oder nicht“, so der Experte: „Mit Mensch-ärgere-dich-nicht bekommt man aber keinen mehr von der Playstation weg.“

Nicht nur für Kinder: Warhammer ist ein Brettspiel für Erwachsene

Auch für Erwachsene gibt es Brettspiele. Warhammer heißt das, was im Fantasystore ganze Regale füllt. Entsprechend groß sind die Landschaften, auf denen die Menschheit und zahlreiche andere Spezies um die Vorherrschaft und das Überleben im Universum und das Erreichen von unzähligen Planeten bis hin zur Eroberung ganzer Systeme kämpfen. Und ähnlich groß wie das echte Universum ist das Warhammer-Universum.

Es gibt – wenig überraschend – Sammelkarten. Aber auch Romane, Filme oder PC-Spiele. Und natürlich Figuren. Denn Warhammer ist ein Tabletop-Spiel – es wird auf der Tischplatte gezockt. Die Modelle sind in 28-Millimeter-Größe gehalten, und zum Spiel gehört ein Maßband, denn die Figuren dürfen sich charakterspezifisch nur in einem gewissen Rahmen bewegen – und der wird im Regelwerk in Zoll definiert.

„Bei dem Spiel geht es nicht nur ums Gewinnen, sondern auch um das Drumherum. Wer das erste Mal eigene Figuren aufs Brett stellt, macht erst einmal Fotos“, sagt Humrich. Die Figuren werden nämlich nicht einfach aus einer Kiste geholt und in die fiktive Landschaft gestellt. Sie werden bemalt. Handbemalt. Der Fantasie und dem Detailreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Und nicht selten werden Armeen individuell gestaltet, indem Figuren mithilfe zusätzlicher Kleinteile oder Modelliermasse umgebaut werden. In der „Maker-Szene“ kommt auch immer häufiger 3D-Druck zum Einsatz, um individuelle Modelle für Warhammer zu gestalten und herzustellen.

„An einem normalen Set, das aus 13 Figuren bestehen kann, malt man als Ungeübter gerne mal drei, vier Tage“, erklärt der 40-Jährige. Und genau wie in andere Hobbys lässt sich in Warhammer viel Geld investieren. So kostet ein kleiner Spielsatz mit 13 Figuren etwa 40 Euro. Aber mit einer so kleinen Armee lässt sich bei Warhammer nicht mal ein Scharmützel gewinnen, geschweige eine Schlacht oder gar den Krieg. „Ich habe bei der Flut Figuren im Wert von 2500 Euro verloren“, berichtet ein Euskirchener Stammkunde. Nicht eingerechnet: die Zeit und die Liebe, die er ins Bemalen der Figuren gesteckt hat.

Seit 15 Jahren gibt es den Fantasystore in Euskirchen. Zu Beginn war er an der Wilhelmstraße. Nun also an der Oststraße. „Meine Stärke ist die Beratung“, sagt der Inhaber, der in den Abendstunden – außer mittwochs, wenn der Laden geschlossen hat – immer zu Spielerunden einlädt. Montags und freitags wird Magic gespielt, dienstags und samstags Yu-Gi-Oh! und sonntags Tabletop, also Warhammer.


Pokémon-Karte für 5,275 Millionen Dollar:

YouTuber Logan Paul aus den USA besitzt die wertvollste Pokémon-Karte – so steht es zumindest im Guinnessbuch der Weltrekorde. 5,275 Millionen Dollar hat der Internetstar für seine „Pikachu Illustrator“-Karte auf den Tisch gelegt.

Ein Blick auf den Speicher oder in angestaubte Kinderkisten könnte sich lohnen. Denn eine Holo-Glurak-Karte der allerersten Pokémon-Generation wird heute für bis zu 50.000 Euro gehandelt.

Eine Baseballkarte aus dem Jahr 1952 ist für 5,2 Millionen Dollar verkauft worden. Es handelt sich um nur eine von neun Karten des legendären New-York-Yankees-Spielers Mickey Mantle – und es soll die am besten erhaltene sein. Sie erhielt von der Bewertungsfirma Professional Sports Authenticator (PSA) den Zustandswert Mint 9. PSA untersucht wertvolle Karten genau und verpackt sie danach in einer fix verschlossenen Schutzhülle. Eine perfekte Karte erhält die Bewertung 10 und hat somit von allen Karten dieser Art den höchsten Wert.

Was auch immer gut geht: Michael Jordan. Karten des wohl besten Basketballers der Welt aus dem Jahr 1986 werden auch gerne im sechsstelligen Bereich gehandelt. (tom)

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