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Heinz FloheEin Weltstar mit Bodenhaftung

Lesezeit 4 Minuten

Hatten stets viel zu lachen: Heinz Flohe (links) herzt Heinz-Willi Trimborn.

Euskirchen – Die Anteilnahme war überwältigend. Nicht nur in Euskirchen, sondern in ganz Deutschland löste der Tod von Heinz Flohe tiefe Trauer aus. Der einstige Mittelfeldstar, der mit dem 1. FC Köln 1978 Meister und Pokalsieger wurde, verstarb am vergangenen Samstag, 15. Juni, im Alter von 65 Jahren in Vettweiß. Flohe hatte am 11. Mai 2010 einen Schwächeanfall erlitten und seitdem im Wachkoma gelegen.

Der ehemalige Nationalspieler (39 Länderspiele; acht Tore), der mit Deutschland 1974 Weltmeister und 1976 Vize-Europameister wurde, fing klein an: Der gebürtige Euskirchener, den später alle liebevoll nur "Flocke" nannten, erlernte das Fußballspielen bei seinem Heimatverein TSV Euskirchen, der sich 1967 mit dem SC Euskirchen zum Euskirchener TSC zusammenschloss. Flohe wechselte 1966 von Euskirchen zum 1. FC Köln, ehe 1979 ein kurzes Intermezzo beim TSV 1860 München folgte. Für die Löwen bestritt der feine Techniker, von dem Franz Beckenbauer einst behauptete, er sei während seiner Glanzzeit der beste deutsche Fußballer gewesen, nur 14 Partien. Der Grund waren nicht etwa schlechte Leistungen, vielmehr zwang ihn eine schwere Verletzung zum Aufhören: Im Spiel gegen den MSV Duisburg zog sich Flohe einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch zu und musste seine Karriere schon mit 31 Jahren beenden.

1981 kehrte er schließlich zu seinem Heimatverein ETSC zurück, coachte dort die erste Seniorenmannschaft und obendrein die A-Junioren. Jahre später trug er zudem die sportliche Verantwortung für die damaligen Bezirksligisten TuS Olympia Ülpenich und SSV Eintracht Lommersum. Anschließend war er für den 1. FC Köln im Nachwuchsbereich tätig. Die größten Erfolge als Trainer feierte Flohe aber mit Euskirchen: 1982 hievte er das Team in die Landesliga und nur ein Jahr später sogar in die Verbandsliga.

Zuvor hatte er die A-Junioren zur Mittelrhein-Meisterschaft geführt und beorderte einen Großteil der Talente in den Kader der Ersten. Dazu gehörte auch Torhüter Jörg Bensberg. "Ich habe unter Flohe zwei Jahre lang in der Jugend gespielt und anschließend zehn Jahre lang als Senior. Alles, was ich im Fußball gelernt habe, hat er mir beigebracht. Er war für uns alle ein Idol, zu dem wir immer aufgeschaut haben", erinnert sich Bensberg gerne an die gemeinsame Zeit mit dem prominenten Coach zurück. Bensberg, der heute beim Bezirksliga-Aufsteiger SSV Eintracht Lommersum das Amt des Vorsitzenden bekleidet, lobt vor allem Flohes Ehrlichkeit und bezeichnet ihn als "Perfektionisten, der äußerst emotional war und absolut nicht verlieren konnte". Bensberg ergänzt: "Er hat immer sehr viel von den Spielern verlangt. Davon haben aber alle enorm profitiert." Dass der Keeper später ein ausgezeichneter Feldspieler in der Offensive wurde, hatte er ebenfalls Flohe zu verdanken. "Nach unserem Aufstieg in die Landesliga habe ich mal im Sturm ausgeholfen und ein Tor erzielt. Danach sagte er nur, dass ich ab sofort kein Torwart mehr sei."

Und Bensberg fallen noch weitere Episoden ein: Bei einem Landesliga-Spiel in Siegburg spielte der ETSC eine katastrophale erste Halbzeit, doch eine Kabinenpredigt Flohes blieb aus. "Der Heinz war so bedient, dass er einfach nach Hause gefahren ist. Während der anschließenden ersten Trainingseinheit hat er dann kaum mit uns gesprochen. Das war schon Strafe genug."

Auch "Ibi" Heinz-Willi Trimborn hat noch so manche Anekdote auf Lager: Der Vorsitzende der Fußball-Abteilung des ETSC, der den Klub in- und auswendig kennt, berichtet von einer Begebenheit, die sich vor über 40 Jahren in Köln ereignete. Trimborn war in der Domstadt gerade mit dem Auto unterwegs, als er das damals 18-jährige Ausnahmetalent plötzlich am Straßenrand entdeckte. Trimborn hielt an und fragte Flohe, was denn los sei. Dieser antwortete eilig: "Fahr mich nach Hause!" Was war passiert? Flohe hatte sich gerade erst in einem Kölner Krankenhaus einer Mandeloperation unterzogen und sich selbst entlassen. "Heinz hatte eben immer seinen eigenen Kopf", sagt Trimborn.

Er muss heute noch lachen, wenn er an die zahlreichen Gespräche mit Flohe zurückdenkt. "Wir haben uns auch nach seiner aktiven Zeit ständig über Fußball unterhalten. Immer wenn ich aus seiner Sicht bei irgendeinem Thema falsch lag, fragte er mich: «Wie viele Länderspiele hast du eigentlich gemacht?» Mit Heinz gab es eben immer viel zu lachen."

Trotz aller Neckereien hat Trimborn den einstigen Nationalspieler stets als sehr zurückhaltend und bodenständig erlebt - und als einen Menschen, der sehr am Euskirchener TSC hing. "Er hat später bei uns im Vorstand gearbeitet und uns dadurch zahlreiche Türen geöffnet", erklärt Trimborn. Dies sieht auch Bensberg so: "Heinz hat den Verein nach oben gebracht. Davon profitiert der Klub noch heute."