ImmobilienStadt Euskirchen setzt Standards für Neubaugebiete zum Klimaschutz

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Zwei Männer montieren Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses.

In Neubaugebieten sollen künftig mindestens 50 Prozent der Dachflächen mit Photovoltaik (Bild) oder Solarwärmekollektoren versehen werden, lautet eine Vorgabe in Euskirchen.

Die Stadt Euskirchen macht für Neubaugebiete Vorgaben zu Energieversorgung, Flächenversiegelung und Überflutungsvorsorge.

Wenn die Stadt Euskirchen künftig Neubaugebiete entwickelt, muss sie „Standards für eine klimagerechte Bauleitplanung“ berücksichtigen. Eine entsprechende Regelung hat jetzt auf Vorschlag der Verwaltung mit großer Mehrheit der Stadtrat beschlossen. Die Vorarbeit hatte ein interfraktioneller Arbeitskreis geleistet.

Die Vorgaben sollen der Verbesserung des Klimaschutzes dienen. Sie basieren auf dem schon vorher vom Rat verabschiedeten Klimaschutzplan, mit dem es gelingen soll, „die stadtweiten Treibhausemissionen in den kommenden Jahren erheblich zu reduzieren und bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen“. Gleichzeitig, so die Verwaltung, müsse die Stadt Euskirchen wegen der stetig hohen Nachfrage mit dem Aufstellen von Bebauungsplänen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass weitere Wohnbauflächen entstehen können.

Wegen der hohen Dynamik ist die Euskirchener Liste nicht endgültig

Besagte Standards sollen helfen, die Ziele – neue Wohngebiete und die stärkere Beachtung ökologischer Belange – unter einen Hut zu bringen.

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Die Zusammenstellung sei als Selbstverpflichtung der Stadt zu verstehen, erklärte der Technische Beigeordnete Wolfgang Honecker. Da die gesetzlichen Rahmenbedingungen, technische und klimatische Entwicklungen einer hohen Dynamik unterlägen, sei die Liste nicht als abschließend zu betrachten.

Die Standards sind in drei Kapitel unterteilt. Hier Auszüge:

Energieversorgung

Das Regelwerk verlangt, dass bei der Aufstellung eines Bebauungsplans ein Energiekonzept zu erstellen ist. Dies gilt für Neubaugebiete ab einer Größenordnung von 20 Wohneinheiten. Zu prüfen ist, welche Varianten der Strom- und Wärmeversorgung infrage kommen.

Um eine solarenergetische Optimierung zu erreichen, sollen die Hauptfassaden der Gebäude in dem Baugebiet nach Süden ausgerichtet werden. Dachform und Dachneigung sollen so gewählt werden, dass der effiziente Einsatz von Solaranlagen möglich ist.

Weiter heißt es: „Nutzbare Dachflächen von Gebäuden und baulichen Anlagen sind zu mindestens 50 Prozent mit Solaranlagen (Photovoltaik und/oder Solarwärmekollektoren) zu versehen.“ Auch Vorgaben zu einer energieeffizienten und insektenfreundlichen Beleuchtung gehören zu der Liste.

Unversiegelte Flächen

Der Katalog regelt auch die Grundstücksgestaltung. Insbesondere in Neubausiedlungen, so die Verwaltung, seien vermehrt Schottergärten zu beobachten – versiegelte Flächen, die das Überflutungsrisiko vergrößern, die Grundwasserneubildung beeinträchtigen und das Mikroklima negativ beeinflussen.

Um eine stärke Begrünung zu erreichen, wird festgesetzt, dass Vorgärten bei frei stehenden Einzelhäusern maximal zu 40 Prozent versiegelt werden dürfen, bei Doppelhäusern maximal zu 70 Prozent. Für Flachdächer und flach geneigte Dächer ist generell eine Begrünung vorgesehen.

In weiteren Unterkapiteln geht es um standortgerechte und klimaresiliente Pflanzen, um die Begrenzung der versiegelten Flächen im gesamten Baugebiet und um versickerungsfähige Bodenbeläge.

Überflutungsvorsorge

Um Überflutungsrisiken zu verringern, schreibt die Stadt im Rahmen der Bauleitplanung vor, dass auf Grundstücken Retentionszisternen anzulegen sind. Sie sollen Niederschlagswasser aufnehmen, das für die Gartenbewässerung genutzt wird. Diese Vorschrift gilt allerdings nur, so weit der Einbau von Zisternen räumlich und technisch sinnvoll und verhältnismäßig ist und die Bodenverhältnisse es zulassen.

Andere Regelungen betreffen die Bauweise in Hochwasserrisikogebieten. Unter anderem muss die Stadt in Bebauungsplänen künftig Mindestvorgaben für die Erdgeschossfußbodenhöhe festlegen.

Abweichungen sind möglich

Besagte Standards sollen grundsätzlich bei der Bauleitplanung zum Einsatz kommen, allerdings müssen die individuellen örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Abweichungen sind möglich, wenn sie hinreichend begründet werden. „Am Ende entscheidet in jedem Verfahren der   Rat, ob die einzelnen Maßnahmen sinnvoll und verhältnismäßig sind“, hatte Klaus Voussem (CDU) bei den Vorberatungen im Ausschuss für Umwelt und Planung erklärt. So lautete sinngemäß auch die Formulierung im Beschluss.

Im Rat lehnte nur die AfD die neue Regelung ab. Sie führe zu einer „Bevormundung und Gängelung der Bauherren“, hatte der Fraktionsvorsitzende Josef Burkart im Fachausschuss gesagt. Auch Franz-Josef Mauth (CDU) äußerte Kritik: „Die modernen Baugesetze sind eine moderne Art der Folter. Jetzt machen wir die Sache noch komplizierter. Wir sollten sicherstellen, dass Bauherren künftig nicht einen Bogen um Euskirchen machen.“

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