Zahlreiche AnklagenEuskirchener schweigt bockig vor dem Landgericht Bonn

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Das Bild zeigt das Eingangsportal des Landgerichts in Bonn.

Sechs Anklagen werden vor dem Landgericht Bonn gegen einen Mann aus Euskirchen verhandelt.

In der Drogenszene ist der Euskirchener kein Unbekannter. Derzeit sitzt er in Untersuchungshaft.

„Klapp dinge Aktendeckel zoo un mach disch vom Acker“, wies der Angeklagte seinen Anwalt im schönsten rheinischen Dialekt an. Vor der 1. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht hat ein Verfahren gegen einen 55-jährigen Euskirchener begonnen, der in der lokalen Drogenszene kein Unbekannter ist.

Nachdem die Justizwachtmeister den Angeklagten, der derzeit in Untersuchungshaft in der Kölner Justizvollzugsanstalt Ossendorf sitzt, in den Saal geführt und ihm die Handschellen abgenommen hatten, ließ der Mann demonstrativ vier Sitzplätze zwischen sich und seinem Pflichtverteidiger Albert Stumm frei.

Euskirchener ist mit seinem Pflichtverteidiger nicht zufrieden

Ausreichende Gründe für eine Ablehnung lagen allerdings nicht vor: Er fühle sich schlecht vertreten und wünsche einen anderen Anwalt, ließ der Euskirchener die Vorsitzende Richterin wissen. Das hätte er sich allerdings früher überlegen müssen, und einen Wahlverteidiger mochte der Mann aus Kostengründen auch nicht ins Boot holen.

So beschloss der 55-Jährige, zunächst einmal bockig zu schweigen, nachdem die Staatsanwältin die Anklage verlesen hatte. Und es war eine durchaus langwierige Verlesung, die Strafverfolgungsbehörde hatte nämlich insgesamt sechs Anklageschriften für das Verfahren miteinander verbunden. Immer wieder Diebstähle, aber auch eine gefährliche Körperverletzung und viele weitere Straftaten wie Computerbetrug, bewaffneter Drogenhandel, Verstoß gegen Weisungen seiner Führungsaufsicht, Hausfriedensbruch oder Hehlerei werden dem Mann zur Last gelegt.

Ein Komplize ist bereits zu einer Haftstrafe verurteilt worden

Der gravierendste Vorfall soll sich am 23. April 2020 kurz vor 4 Uhr in der Nacht ereignet haben: Mit zwei Komplizen, von denen einer bereits im Frühjahr zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, soll der Angeklagte in die Wohnung eines Bekannten eingebrochen sein. Während der bereits Verurteilte den Wohnungsinhaber auf der Couch festhielt, sollen die beiden anderen Eindringlinge dessen Wohnung durchsucht haben. Die Beute war mit 90 Euro und einer Schachtel Zigaretten allerdings eher dürftig ausgefallen.

Womöglich ging es aber gar nicht um Beute: Bei einem Folgebesuch am 13. Juni sollen der Angeklagte und der bereits verurteilte Mittäter nämlich laut Anklage im Kopf gehabt haben, dem Opfer eine Lektion zu erteilen. Nachdem das Duo die Haustür des Mannes eingetreten hatte, soll es dem Opfer gemeinsam mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.

Der Überfallene soll versucht haben, sich mit einer Machete zur Wehr zu setzen. Die Täter konnten ihm die Schlagwaffe aber entringen, der Kampf hinterließ Schnittwunden an der Hand des Opfers. Auf der Flucht soll er noch von dem Verurteilten ins Gesicht getreten worden sein; er trug eine Schädelprellung und eine Nasenbeinfraktur davon und verlor einen Zahn.

Zu Beginn der Beweisaufnahme hielt der Angeklagte seinen Schweigevorsatz allerdings nicht komplett durch und schenkte dem ein oder anderen hilfreichen Hinweis seines Pflichtverteidigers doch etwas Beachtung. Mit einem Urteil wird vor Weihnachten gerechnet.

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