Intensiver KunstgenussJugendsinfonieorchester beeindruckte auf Burg Langendorf

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Zu sehen sind das Orchester mit dem Dirigenten Vitali Alekseenok und ein Teil der Zuhörer.

Unter der Leitung von Vitali Alekseenok spielte das Landesjugendsinfonieorchester Hessen ein tolles Konzert.

Bei seinem ersten Auftritt auf Burg Langendorf bei Zülpich sorgte das Landesjugendsinfonieorchester Hessen für intensiven Musikgenuss.

Was für ein Konzert! Zum ersten Mal gastierte das Landesjugendsinfonieorchester Hessen auf Burg Langendorf und hinterließ sogleich einen noch lange nachklingenden Eindruck. Die jungen Musikerinnen und Musiker waren einfach sagenhaft gut. Unter der Leitung von Vitali Alekseenok boten sie am Samstagabend einen intensiven Kunstgenuss auf äußerst hohem Niveau.

Es dauerte einige Minuten, bis alle 78 Nachwuchstalente ihren Platz auf der Bühne eingenommen hatten. „Zum Glück gibt es keine Gewerkschaften für Jugendorchester“, freute sich Jens Bastian, der Geschäftsführer von „Junge Musik Hessen“. Daher sei kein Mindestabstand notwendig, und die Musiker dürften auch mal etwas enger sitzen. Ein Profi-Orchester hätte hier nicht gepasst. Das Programm war herzerwärmend und das, was das Hessener Orchester daraus machte, noch viel mehr.

Der junge Geigenvirtuose Johan Dalene beim Spielen.

Fesselte das Publikum mit seinem virtuosen Spiel: Johan Dalene.

Mit dem sinfonischen Gedicht Finlandia op. 26 von Jean Sibelius ging es ganz feierlich los. Der Komponist zeichnete 1899 ein musikalisches Bild von finnischen Landschaften, beschrieb sie mit viel homophoner Erhabenheit und entwickelte ein Pathos, das zunehmend volkstümlicher wird. Mit packendem Ausdruck ließ das Orchester die Musik dann ins Schwermütige umschlagen und das kurze, aber gehaltvolle Werk in einer prunkvollen Apotheose enden. Schon hier beeindruckte es mit großer Präzision, Volumen und Homogenität.

Dann betrat der Geiger Johan Dalene die Bühne und interpretierte das Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64 von Felix Mendelssohn Bartholdy. 22 Jahre alt ist er und bewegt sich bereits in der Weltklasse-Liga. Er fesselte das Publikum mit seiner abenteuerlichen Virtuosität, die er mit betörendem Charme und Witz zum Besten gab. Ab und an nahm er die Zuhörer sehr direkt ins Visier, hielt viel Blickkontakt und war äußerst präsent. Dann tauchte er wieder in seine Musik ab und brachte das Spätwerk Mendelssohns zu voller Blüte.

Kraftvoll und innig war sein Violinspiel auf der Stradivari von 1736, über weite Strecken in herausfordernder Höhe und mit spektakulären Figurationen und Solokadenzen versehen. Johan Dalene verlieh dem berühmten Stück eine faszinierende Rasanz und Stringenz.

Publikum in der Remise der Burg Langendorf war aus dem Häuschen

Eingebettet in einen warmen, vollen Orchesterklang mit herrlich glanzvollen Holzbläsern, ergab sich ein wunderbares und lebendiges Klangbild.

Eine zauberhafte Melodie prägte den Mittelsatz Andante, bevor das hochromantische und kontrastreiche Finale ansetzte. Auch dieser Satz forderte Johan Dalene auf das Äußerste. Dennoch bildete er mit dem Landesjugendsinfonieorchester Hessen durchweg eine Einheit und konzertierte mit ihm in bewundernswerter Ausgewogenheit.

Das Publikum in der Remise war aus dem Häuschen. Ohne Zugabe ließ es den Virtuosen nicht von der Bühne, und der setzte mit dem Scherzo op. 6 von Fritz Kreisler noch eins drauf.

Junger Dirigent blickt bereits auf eine große Karriere 

Die zweite Konzerthälfte gehörte Pjotr Iljitsch Tschaikowski. Nachdem sich das Orchester für Mendelssohn etwas reduziert hatte, war es hier in voller Pracht wieder da und spielte die Sinfonie Nr. 5 e-Moll. Der Komponist selbst schätzte dieses Werk nicht besonders, die Uraufführung 1888 in Moskau war ein mäßiger Erfolg. Inzwischen lieben die Konzertbesucher diese Sinfonie ganz besonders. Die Fülle an warmen Klängen, die tiefen Tonlagen und die klare Struktur vermittelten auf Burg Langendorf Ruhe und trotz der weitläufigen Melancholie eine gewisse Geborgenheit.

Die Zuhörer versanken in der Musik, die vom Orchester so innig, dicht und liebevoll interpretiert wurde. Viele schlossen die Augen, manch einem standen Tränen in den Augen – so bewegend war die Aufführung, die Schwermut und Freude sehr stimmungsvoll und authentisch miteinander vereinte. Als Zugabe gab es den Ungarischen Tanz Nr. 6 von Johannes Brahms.

Bemerkenswert jung ist auch der Dirigent Vitali Alekseenok. 1991 in Weißrussland geboren, blickt er bereits auf eine große Karriere und etliche Erfolge zurück. Auch politisch ist er engagiert. Ein Blick auf Wikipedia lohnt sich.

Zum Abschluss der diesjährigen Konzertsaison auf Burg Langendorf spielt am 3. September ab 11 Uhr das Jugendjazzorchester NRW unter der Leitung von Gabriel Perez und Stefan Pfeiffer-Galilea sein aktuelles Programm „The Messenger“. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.vetter-konzerte.de.

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