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Zweiter ProzessSeniorin in Zülpich überfallen und misshandelt

4 min
Das Bild zeigt den Angeklagten und seinen Verteidiger, sie sitzen nebeneinander im Gerichtssaal.

Vor dem Landgericht Bonn muss sich ein Angeklagter für den Überfall auf eine Seniorin in Zülpich verantworten.

Zwei der vier Täter wurden bereits verurteilt, jetzt ist am Bonner Landgericht ein 26-Jähriger angeklagt. Ihm droht mehrjährige Haft.

Sie waren zu viert und wollten das ganz große Ding drehen: eine alte Frau in ihrem Haus in Zülpich im Schlaf überfallen, Geld, Gold und Schmuck aus ihrem Tresor holen und schnell wieder verschwinden. So hatte es ein Nachbar der Rentnerin geplant, der sich selbst „eine große Nummer in Zülpich“ nannte und für den Coup drei flüchtige Bekannte anheuerte.

„Er hat mir die Welt versprochen“, sagte ein 26 Jahre alter Angeklagter, der sich jetzt vor der Strafkammer 7a des Bonner Landgerichts wegen erpresserischen Menschenraubs, schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Seine Welt heute gleicht aber so gar nicht der, die ihm der Anführer versprochen hatte: Er sitzt seit dem 1. Juni in Siegburg in Untersuchungshaft und muss mit einer mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen.

Zwei Täter sind von einer Jugendkammer verurteilt worden

Es ist bereits der zweite Prozess in Bonn wegen dieses brutalen Überfalls vom 16. April 2023 auf eine damals 81-Jährige, die in jener Nacht zu Boden geworfen, gefesselt und beraubt worden war. Im Juli vergangenen Jahres waren zwei der Täter, damals 17 und 18 Jahre alt, von einer Jugendkammer des Landgerichts zu dreieinhalb Jahren Jugendstrafe beziehungsweise zu einem Dauerarrest von drei Wochen verurteilt worden.

Der 18-Jährige kam mit dem Arrest davon, weil er nur den Tipp gegeben hatte, dass bei der Seniorin „was zu holen“ sei. Gegen einen Hintermann ist ein Verfahren vor der 3. Großen Strafkammer anhängig, aber noch nicht eröffnet worden.

Der 26-Jährige reiste vor dem Überfall mit der Bahn nach Zülpich

Der jetzige Angeklagte war damals in seine Heimat Kosovo abgeschoben worden, wurde inzwischen aber nach Deutschland ausgeliefert. Er räumte zum Prozessauftakt die Tatbeteiligung ein und schilderte aus seiner Sicht die Geschehnisse. Demnach hatte ihn eine Woche vor der Tat der Planer, den er Jahre zuvor über eine Social-Media-Gruppe kennengelernt hatte, angerufen: „Komm vorbei, ich habe was Gutes für dich“, zitierte der Nachbar den Angeklagten, der in Essen wohnte, nach Zülpich. Dort zeigte er ihm in seiner Wohnung am PC einen Übersichtsplan des Hauses der Rentnerin auf der anderen Straßenseite – das Ziel des Einbruchs.

Eine Woche später, am 16. April 2023, habe der Planer ihn gegen 17.30 Uhr erneut angerufen: „Jetzt geht es los.“ Der 26-Jährige reiste mit der Bahn nach Zülpich und traf sich gegen 20 Uhr in einem Park mit dem Bekannten. Zwei weitere Mittäter kamen hinzu. Einer war der später zu einer Jugendstrafe verurteilte 17-Jährige, der mit dem Angeklagten die Tat ausführen sollte. Der Dritte sollte Schmiere stehen. Der Planer schärfte ihnen ein, sie sollten den Tresor aufbrechen – und ging dann heim: Er sei vorbestraft und könne deshalb nicht direkt dabei sein, habe er gesagt.

Die maskierten Eindringlinge sollen die Frau gefesselt haben

Gegen 21 Uhr schlüpften die beiden Einbrecher durch ein Kellerfenster in das Einfamilienhaus der Rentnerin, deren Mann kurz zuvor gestorben war. Sie hatte im Fernsehen ein Theaterstück angeschaut und sich bereits bettfertig gemacht, als sie einen lauten Knall hörte: Die Täter hatten die Flurtür eingetreten und standen plötzlich vor der Witwe, die vermeintlich längst schlafen sollte.

Die dunkel gekleideten und maskierten Fremden brachten sie zu Boden, fesselten sie mit Panzertape an Händen und Füßen und wickelten das Klebeband auch um Nase und Mund. Danach hoben sie sie im Wohnzimmer auf einen Stuhl. Der 26-Jährige durchwühlte das erste Obergeschoss, warf Schubladen aus Schränken und Kommoden auf den Boden, fand aber keinen Safe. „Wo ist der Tresor?“, soll der Angeklagte das Opfer wiederholt aggressiv angeschrien haben. Tatsächlich gab es den in dem Haus gar nicht.

Ich habe sie selbst abgenommen. Sonst hätten die mir die Ohrläppchen abgerissen.
Die überfallene Frau

Am Ende erpressten sie von der heute 84-Jährigen Ringe, Broschen, eine goldene Uhr, Brieftaschen, zwölf silberne Kuchengabeln ihrer Großeltern und 1100 Euro Bargeld. Auch ihre goldenen Ohrringe, die sie zur Tatzeit trug, verlangten sie. „Ich habe sie selbst abgenommen“, erzählte die Zeugin: „Sonst hätten die mir die Ohrläppchen abgerissen.“

Die Männer durchtrennten ein Telefonkabel und verschwanden mit ihrer Beute im Wert von 5000 Euro. „Wer macht die Unordnung hier wieder weg?“, rief ihnen die Witwe hinterher. „Sie“, wurde ihr geantwortet. Gegen 22.58 Uhr wurde die Polizei alarmiert.

Das Opfer hat den Überfall erstaunlich gut verkraftet. „Das Leben geht weiter“, sagte die Frau vor Gericht.

Die Täter wurden schnell gefasst, weil der Bruder des Tippgebers den 17-Jährigen verriet. Der machte daraufhin bei der Polizei reinen Tisch.