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Klimatologe im Interview"Extremes Wetter ist um diese Zeit nicht ungewöhnlich"

Lesezeit 3 Minuten

Der Klimatologe Dr. Karsten Brandt mit seinem Laser-Niederschlagsmessgerät an der Wetterstation Weißer Stein. i

  1. Erst vergangene Woche hat es in Köln extremen Regen gegeben. Unter anderem liefen etliche Keller voll, die Feuerwahr war im Dauereinsatz.
  2. Auch in der Region rund um Köln kam es zu großen Schwierigkeiten. Sowohl während des Unwetters als auch nun im Nachgang.
  3. Im Interview spricht Klimatologe Dr. Karsten Brandt über Extremwetter, den Klimawandel und Schutz vor Starkregen.

Ein Wochenende mit Sturzregen, Überschwemmungen, Gewitter – haben wir es mit Extremwetter zu tun?Ja, durchaus. Aber ungewöhnlich ist es nicht. Zwischen Ende Mai und Mitte Juni ist die Wahrscheinlichkeit für Starkregenereignisse grundsätzlich am höchsten. Wenn die Wetterlage entsprechend ist, werden um den Sonnenhöchststand Ende Juni herum die bodennahen und die tiefen Luftschichten extrem aufgeheizt, was Gewitterlagen begünstigt.

Nehmen solche Wetterereignisse in jüngster Zeit zu?

Eigentlich nicht. In den letzten zwei Jahren hatten wir etwas Ruhe, aber wenn man weiter zurückschaut, findet man solche Ereignisse für die Bereiche Köln/ Bonn/ Rhein-Sieg-Kreis eigentlich alle paar Jahre. Diese Art von Unwetterereignissen gab es schon immer. Und sie gehören als klassisch landschaftsgestaltende Ereignisse einfach dazu – zu einem gewissen Grad ist das ein natürlicher Prozess. Das ist natürlich nichts, was man hören möchte, wenn einem der Keller vollgelaufen ist. Ich weiß das, das ist mir auch schon passiert.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Das ist momentan etwas umstritten. Wenn man in die Geschichte schaut, zum Beispiel auf das berühmte Gewitterläuten von Andernach 15./16 Jahrhundert, mit dem die Leute vor Unwettern gewarnt wurden, dann stellt man fest: Gewitter und Unwetter gab es damals fast genau so häufig wie heute. Aber klar ist auch, dass der Mensch der große Störfaktor ist – wir haben die Landschaft in den letzten 70 80 Jahren noch einmal stark verändert: intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen, versiegelte Oberflächen und zugebaute Böden, die das Wasser nicht aufnehmen können – das spielt in diesem Zusammenhang wahrscheinlich eine größere Rolle als der Klimawandel.

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Wie sind die Aussichten für die nächsten Tage und Wochen?

In den nächsten Tagen könnten wir etwas Glück haben. Wahrscheinlich kommt das Wetter vor Ende nächster Woche erstmal nicht zurück . Da sieht es dann aber sehr gewitterlastig aus. Die Grundwetterlage ist stabil: Die feuchtwarme Luft bleibt über Deutschland und Europa, sie kommt wieder zurück , wird wieder aufgeheizt, es wird schwül und wir bekommen wieder Gewitterlagen – das wird der Prozess in der nächsten Woche sein.

Kann man sich gegen die Folgen von Starkregen schützen?

Es gibt keinen 100-prozentigen Schutz. Aber man sollte sich informieren, ob Unwetter angesagt werden – und nicht denken, das wird mich schon nicht treffen. Man sollte in den Kellern die Rückstauklappen kontrollieren, und wenn man keine hat: Einbauen! Man kann bei vielen Kommunen erfragen, wo sich bei Starkregen das Wasser staut. Man kann Kellerschächte abdecken, und ich hab immer ein paar Sandsäcke zuhause. Hört sich verrückt an – aber wenn man mal Wasser im Keller hatte, dann macht man das.