An vier Einrichtungen hat die Stadt Burscheid Denkmalplaketten neu vergeben. Ina Beimbauer und Rüdiger Porsch haben die Brucher Mühle zum Wohnhaus umgebaut.
Plaketten vergebenDenkmäler in Burscheid: In der Brucher Mühle wurde früher getanzt

Ina Beimbauer und Rüdiger Porsch vor ihrer Brucher Mühle.
Copyright: Stefanie Schmidt
Hobbygärtner in der Stadt müssen ihre Dahlien vor allem gegen Schnecken verteidigen. Ina Beimbauer hat in ihrem Garten rot-weißes Flatterband aufgehängt. Das soll die Rehe von ihren Dahlien fernhalten. „Das funktioniert so zwei bis drei Tage, dann muss ich mir etwas anderes ausdenken“, sagt sie lachend.
Vieles ist anders, hier im Wald am äußersten Stadtrand von Burscheid, kurz bevor Wermelskirchen beginnt. Vor allem anders als in Köln, wo Ina Beimbauer und Rüdiger Porsch 20 Jahre lang gewohnt haben, bevor sie 1998 die Brucher Mühle gekauft haben. Trotzdem sagen sie heute: „Wir wüssten nicht, wo wir heute lieber wohnen würden.“ Die Ruhe, die Natur, keine direkten Nachbarn. „Wenn ich will, kann ich mitten in der Nacht Saxophone spielen“, sagt Porsch.
Lehmboden und keine Heizung
Bis dahin war es ein weiter Weg: Der Boden bestand aus Lehm, Ziegelsteinen und ein paar Holzbrettern, eine Wandisolierung oder Heizungsanlage gab es nicht, bis heute ist das Haus nicht an die Kanalisation angeschlossen. Großteils in Eigenarbeit hat Porsch, der viele Jahre das Haus der Jugend in Leverkusen geleitet hat, das Haupthaus saniert. Der Diplompädagoge ist auch handwerklich ausgebildet. „80 Prozent konnten wir selbst machen, für Elektrik und Wasser haben wir Spezialisten dazu geholt.“ Immer mit im Boot: die Denkmalschutzbehörde.

Die ehemalige Tanzhalle ist schwer beschädigt
Copyright: Stefanie Schmidt
Denn das ganze Ensemble Brucher Mühle steht schon seit rund 25 Jahren unter Denkmalschutz. Seit dieser Woche ist das auch für Passanten erkennbar: Die Stadt Burscheid hat Porsch und Beimbauer, wie drei weiteren Denkmaleigentümern (siehe unten), die Denkmalplakette des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Inklusive eines QR-Codes, der Interessierte zu weiteren Informationen führt. Porsch hat beides direkt angebracht, neben der Tür, die ehemals in die „Ausflugsgaststätte Bruchermühle“ führte, wie noch heute ein Schild über der Tür verkündet.
Mühle aus dem 18. Jahrhundert
Die Brucher Mühle hat eine bewegte Vergangenheit. Eine Mühle war hier schon um 1715 vorhanden, der alte Fachwerkbau aber brannte 1876 ab. Die Mühle wurde wieder aufgebaut und diente bis zu ihrer Stilllegung 1993 als Mahlstätte für alle Getreidearten, auch ein Brotbackofen war vorhanden. Das Mühlrad ist heute schwer beschädigt, der Teich mit Stauvorrichtung, über den es früher einmal angetrieben wurde, trocken gelegt. Die Mühlstube im Haus ist aber weiterhin im „Urzustand“ vorhanden. „Das soll auch so bleiben“, versichert Porsch.

Die Mühlstube ist noch im Original von um 1900 erhalten
Copyright: Stefanie Schmidt
Außerdem entwickelte sich das Ensemble zum Ausflugsziel: Neben der Gaststätte, die bis Anfang der 70er-Jahre betrieben wurde, gab es auch eine Veranstaltungshalle, die in den 50er- und 60er-Jahren für Tanzveranstaltungen und zwischenzeitlich auch als Jazzclub genutzt wurde. „Sogar ‚The Lords‘ haben mal hier gespielt“, berichtet Porsch stolz vom Gastspiel der deutsche Beat- und Rockband. Die ehemalige Tanzhalle steht noch, ist aber schwer geschädigt, durch jahrzehntelangen Verfall und zuletzt das Hochwasser, das auch hier gewütet hat. „Als wir die Mühle gekauft haben, wollten wir die Halle gerne sanieren“, sagt Porsch. Aber dafür gab es damals von den Behörden keine Genehmigung, das Areal ist liegt im Landschafts- und Wasserschutzgebiet.
Kioskbetrieb künftig möglich
Für ein Denkmal, zumal eines im Schutzgebiet, braucht es einen langen Atem und viel Geduld, sagt Ina Beimbauer: „Den haben wir aber, wir mühlen hier weiter vor uns hin.“ Die Tochter baut mit Partner den Dachstuhl zu einem eigenen Apartment um, die nächsten Projekt der Eltern sind eine eigene kleine Kläranlage und eine Streuobstwiese auf einem Waldstück, auf dem diverse Fichten dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind.
Ursprünglich hatten sie auch überlegt, die Gaststätte noch einmal wiederzubeleben. Doch dafür hätte es eine neue Konzession und größere Umbauarbeiten wie etwa Brandschutztüren gebraucht. „Wir sind keine Gastronomen, das können wir nicht leisten“, sagt die Tanzpädagogin, die an einer Waldorfschule unterrichtet. Immerhin haben sie kürzlich eine kleine Konzession für einen Kioskbetrieb bekommen. „Wir dürften jetzt aus dem Fenster zum Beispiel Kaffee und Getränke verkaufen.“
Die vielen Ausflügler, die an sonnigen Wochenenden hier vorbeikommen, vor dem Gaststättenschild stehen bleiben und auf der Suche nach einer Erfrischung neugierig durch die Fenster schauen, würden sich freuen.
Denkmalplaketten vergeben
Neben der Brucher Mühle wurde an drei weitere Burscheider Denkmalbesitzer die Denkmalplakette vergeben. Bürgermeister Dirk Runge überreichte sie auf Gut Landscheid an dessen Inhaber Kurt Lammert sowie an Frank Kieslich-Frühn für die Villa Frühn. Auch Walter Nippel bekam eine Plakette für das Haus Benninghausen 15, war aber zur Verleihung nicht anwesend.
„Alle Häuser sind schon länger Denkmäler“, sagt Linus Klenter, der bei der Stadt dafür zuständig ist. Für eine digitale Denkmalübersicht wurden alle Eigentümer angeschrieben und in diesem Zuge auch gefragt, ob sie eine Plakette wünschen, wenn noch keine vorhanden ist.

Ina Beimbauer, Rüdiger Porsch, Kurt Lammer und Frank Kielich-Frühn erhalten Plaketten und Urkunden von Linus Klenter und Drik Runge.
Copyright: Stefanie Schmidt
Einig sind sich alle, dass der Besitz eines Denkmals eine große Aufgabe ist. „Ständig gibt es neue Auflagen, Regeln, Brandschutzvorschriften“, klagt Lammert, „normalerweise müsste man das hier zu machen.“ Das kennt auch Frank Kieslich-Früh, der aus seiner 2015 gekauften Villa eigentlich eine Arztpraxis machen wollte. Das ging nicht – nun ist die Villa Frühn ein ambulant betreutes Wohnhaus für zehn Menschen mit und ohne Demenz. „Die Idee ist, dass Mensch hier gemeinsam alt werden und einander unterstützen können“, erklärt der Arzt.
Auch wenn der Denkmalschutz auch ihm viele Steine in den Weg gelegt habe, stehe er voll hinter dem Erhalt alter Häuser. „Was heute gebaut wird, hält vielleicht 30 bis 35 Jahre. Die alten Häuser zeigen, dass man auch mit Substanz bauen kann. Ich finde es wünschenswert, die alten Bauweisen und die Geschichte zu erhalten.“ (stes)