Inklusives Theater in BurscheidNackte Tatsachen im Gemeindehaus

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Bei dem Stück „Des Kaisers neue Kleider“ trat der Kaiser im Nackt-Kostüm auf.

Bei dem Stück „Des Kaisers neue Kleider“ trat der Kaiser im Nackt-Kostüm auf.

Burscheid – „Es war einmal ein Kaiser, der lebte in einer Stadt, fast so schön wie Burscheid“, lauteten die einleitenden Worte zum inklusiven Theater im Evangelischen Gemeindehaus in Burscheid am Samstag Nachmittag. Seit Dezember letzten Jahres probte die Theatergruppe an dem Stück „Des Kaisers neue Kleider“, das 1837 von Hans-Christian Andersen veröffentlicht wurde und die Leichtgläubigkeit der Menschen thematisiert. „Insgesamt 17 Leute spielen mit, alle zwischen sechs und 67 Jahren.

Und etwa die Hälfte der Gruppe hat ein Handicap, die andere Hälfte nicht“, erzählt Anke Theron-Schirmer, die als Theaterpädagogin gemeinsam mit der Lebenshilfe Bergisches Land das Projekt auf die Beine gestellt hat und Regie führte. Sie selber habe zwei Patenkinder mit Downsyndrom und besuche außerdem regelmäßig das Theater RambaZamba,ein inklusives Projekt in Berlin. „Wir haben ganz unterschiedliche Handicaps in der Gruppe dabei und das kommt natürlich nicht ohne Herausforderungen. Ich wusste nicht so richtig, was mich erwartet, das war für mich auch Neuland“, erklärt Theron-Schirmer.

Lockere Atmosphäre

Über eine Stunde dauerte die Inszenierung und bracht das Publikum regelmäßig – manchmal auch unfreiwillig – zum lachen. Die Atmosphäre war während der gesamten Zeit locker und entspannt, ein jeder fühlte sich willkommen im Theatersaal. „Manchmal kommt eine nicht gewollte Situationskomik auf“, findet auch Joachim Zurmann aus Leichlingen, dessen Tochter Teil der Theatergruppe ist. „Ich kenne viele der Mitspielenden und man kann ganz klar erkennen, wie gut die Rolle auf die einzelnen zugeschnitten sind und passen“, sagt Zurmann. Man müsse herausfinden, wo die Talente der einzelnen liegen und wer was gut kann, gerade was die Merkfähigkeit der Texte betreffe, meint Zurmann.

Für die Mitarbeitenden der Werkstatt der Lebenshilfe gilt das Theaterprojekt als Fort- und Weiterbildung. „Wir sehen, dass das den Menschen gut tut und würden das gerne weiterführen“, erklärt Gina Sasse von der Lebenshilfe Bergisches Land. Ganz ohne Herausforderungen kommt ein inklusives Theaterprojekt jedoch nicht. Vor allem längere Textstellen seien manchmal schwierig gewesen und primär müsse natürlich erst einmal auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen werden. „Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass man nichts erzwingen kann und vieles einfach tagesformabhängig ist“, erzählt Xenia Heß, die auch Teil der Gruppe ist.

Alle seien aber gut in ihre Rolle reingerutscht und hatten immer viel Spaß bei der Sache. „Und natürlich war die ganze Gruppe sehr aufgeregt vor dem Auftritt“, sagt Carsten Holst, der einen der Weber spielte, die dem Kaiser seine neuen unsichtbaren Kleider nähen. Auf der Bühne unterstützten sich die Mitspielenden gegenseitig. Wer seinen Text vergaß, dem wurde ausgeholfen und der Umgang miteinander war liebevoll und harmonisch, ganz ohne Berührungsängste. Die Gruppe schaffte es ein Stück aufzuführen, das alle begeisterte – und holte sich zum Schluss den wohl verdienten Applaus ab.

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