Missbrauchs_ProzessMit Besuchen beim Pferd gelockt

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Landgericht Köln_RUST

Das Landgericht Köln.

Burscheid – An der Gesamtschule Schlebusch sollte Stefan A. (alle Namen geändert) die städtischen Grünflächen pflegen. Den Auftrag nutzte der nun 52-Jährige anscheinend aus, um mit der damals elfjährigen Schülerin Ayleen G. in Kontakt zu treten. Das war 2014, am 21. März dieses Jahres ist er verhaftet worden und sitzt seit dem in der Justizvollzugsanstalt Köln. Am Donnerstag  begann sein Verfahren vor dem Landgericht Köln.

Der Vorwurf: Teils schwerer sexueller Missbrauch der Leverkusenerin in zwölf Fällen, die er gegen ihren Willen in seiner Burscheider Wohnung gefilmt haben soll. Doch nicht nur Beweise hierfür fand die Polizei, als sie im Frühjahr seinen Computer und eine Kamera beschlagnahmte, sie stellte auch weiteres kinderpornografisches Material sicher.

Stefan A. wollte sich noch nicht zu den Vorwürfen äußern. Den Gerichtssaal betrat er mit einem schwarzen Tuch über dem Gesicht, das ihm seine Strafverteidiger gegeben hatten. Stefan A. schaute die ganze Zeit zu Boden, als der Anklagevertreter Bild- und Videomaterial unter anderem von der Geschädigten zu beschreiben begann, das auf den gesicherten Medien sortiert in Ordnern gefunden wurde. Die Opfer waren teilweise erst ein Jahr alt. So brutaler ihr Inhalt, desto schneller und regungsloser verlas er die Anklageschrift.

Schon mit sechs Jahren missbraucht

Wieso die damals Elfjährige sich nicht nur immer wieder mit ihm treffen, sondern sogar bei ihm übernachten konnte, sollte in der Befragung der ersten Zeugen geklärt werden. Der Vater der Geschädigten machte in eineinhalb Stunden klar, Ayleen hatte es immer schon schwer.

Bereits mit sechs wurden sie und ihre jüngere Schwester von ihrem Stiefgroßvater schwerst missbraucht, der schon ihre Mutter misshandelt hatte. Nach einer Verurteilung mit Freiheitsentzug von dem Landgericht Düsseldorf ist dieser mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Die Leverkusener Wohnung des Vaters, in der er nach Erhalt des alleinigen Sorgerechts seit 2017 mit seiner Tochter wohnt, scheint laut der Beschreibung des Jugendamts und der Polizei kein geeignetes Umfeld für ein Kind zu sein. Dort versteckte der Vater sie auch vor dem Jugendamt, nach dem sie aus einem Internat weggelaufen war. Die 36-jährige Mutter konnte nicht viel mehr über das Leben ihrer Tochter berichten.

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Richter Christoph Kaufmann erfragte jedoch, dass der Kontakt zu Stefan A. im Jahr 2014 von den Eltern zunächst geduldet wurde, weil Ayleen mit Besuchen bei seinem Pferd gelockt wurde. Finanziell konnten es sich ihre Eltern nicht leisten, ihr Reitunterricht zu ermöglichen, doch der Gärtner aus der Schule nahm sie gerne mit zu den Tieren. Dass etwas nicht stimmte, merkte der Vater erst, als Ayleen vorgab, mit Freundinnen unterwegs zu sein, jedoch im Auto des Angeklagten gesehen wurde. Der Vater nahm seiner Tochter ihr Handy weg und entdeckte Nachrichten, in denen sie sich mit dem Angeklagten verabredete.

Jeden Kontakt verboten

Der Vater benachrichtigte die Schule, sodass Stefan A. fortan vom Gelände verwiesen wurde, und untersagte seiner Tochter jeglichen Kontakt. Am 9. Mai 2014 aber scheute sich der Angeklagte nicht, persönlich bei Ayleens Familie an der Tür zu klingeln, um für die Aufhebung ihres Kontaktverbots zu argumentieren. Der Vater habe sich auch seine Erklärung angehört, aber noch am selben Tag Anzeige gegen ihn erstattet.

Ein ganzes Jahr lang brachte und holte der Vater Ayleen jeden Morgen und jeden Mittag persönlich zur und von der Schule. Nach ihrer frühen Erfahrung mit sexueller Gewalt war für die Eltern die Verschwiegenheit ihrer Tochter nichts neues.

Der Prozess wird am 14. November fortgesetzt.

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