Abo

„Helden des Alltags“Unterwegs mit einer ehrenamtlichen Jagdaufseherin in Witzhelden

4 min
Die Dokumentation von Wildschweinschäden gehört auch zu den Aufgaben der Jagdaufseherin.

Die Dokumentation von Wildschweinschäden gehört auch zu den Aufgaben der Jagdaufseherin.

In einer Serie stellt der „Leverkusener Anzeiger“ Tätigkeiten vor, die häufig nicht auf dem Radar der Öffentlichkeit liegen.

Der Himmel ist noch mit Wolken verhangen, als Katharina Salawa an diesem Herbstmorgen den Kontrollgang durch eines ihrer Reviere in Witzhelden beginnt.  Das Maisfeld, ihr erstes Ziel, ist längst abgeerntet. Die Erde ist locker und noch nass vom Regen der letzten Tage. Überall verstreut findet die Jagdaufsehern zurückgebliebene, bereits abgeknabberte Maiskolben. Nagetiere und Wildschweine haben hier ihr Mahl genossen.

Salawa zieht ihr Smartphone aus der Tasche und fotografiert die Reste der Maiskolben und einige Wildschweinspuren, die sich in der feuchten Erde abzeichnen. Neben den abgenagten Kolben ist an manchen Stellen die Erde durchwühlt. Diese Dokumentation ist wichtig. „Der Pächter ist für Wildschäden grundsätzlich schadenersatzpflichtig“, erklärt die Jagdaufseherin. „Es sei denn, der Landwirt hat nicht alles getan, um diese abzuwenden. Maiskolben, die liegenbleiben, sind ein solches Beispiel.“

Die Kontrolle von land- und forstwirtschaftlichen Flächen ist eine der vielen Aufgaben einer Jagdaufsicht. Auch im Grünland können Wildschweine Schäden anrichten, wie sich kurze Zeit später herausstellt. Auf einer Kuhweide haben die Tiere großflächig den Boden aufgewühlt. Diese Stellen müssen wieder geglättet werden. Die zahlreichen Schadenstellen sprechen dafür, dass die Wildschweinpopulation sehr hoch ist. „Da müssen wir jagen gehen“, erklärt Salawa.

Katharina Salawa kontrolliert eine Lebendfalle in einem privaten Garten.

Katharina Salawa kontrolliert eine Lebendfalle in einem privaten Garten.

Im Auto geht es nach dieser Kontrolle weiter, einen Waldweg entlang. Die Schonungen, in denen neue Bäumchen gepflanzt wurden, sehen gut aus. Auch dieser Check gehört mit in das regelmäßige Kontrollprogramm. Die Jagdaufseherin parkt das Auto am Weg und begibt sich zu einem der Jagdsitze. Zielstrebig geht sie auf ein Fass zu und entnimmt diesem eine Schippe Maiskörner. Weiter geht es zu einer Wiese, auf der an einer Stelle winzige Mengen von Futterresten liegen, die mit Stämmchen verdeckt sind.

Salawa verteilt den Mais gleichmäßig auf diese Stellen. „Das nennt man kirren“, erklärt sie. „Hierfür darf nur ganz wenig Futter verwendet werden, sonst wäre es eine Fütterung. Damit locken wir die Tiere an und können so den Wildbestand im Auge behalten. Wir gucken nach der Anzahl der Tiere, nach den Arten und nach dem Gesundheitszustand. Außerdem gehören das Anlegen und die Pflege von Wildwiesen und Wasserstellen gehört zu unseren Aufgaben“.

Viele der Verpflichtungen eines Jagdaufsehers oder einer Jagdaufseherin haben mit Naturschutz zu tun und weniger mit dem Schießen der Tiere. Aber auch das ist notwendig, wie etwa bei den bereits angesprochenen hohen Wildschweinpopulationen. Hierbei unterliegt der zuständigen Jagdaufsicht häufig die Durchführung von Einzel- und Gesellschaftsjagten und unter anderem die Kontrolle über die Sicherheitsbestimmungen. Auch die Organisation und Durchführung von Treib- und Drückjagden fällt in den Aufgabenbereich. Die Sicherstellung eines tierschutzgerechten und gesetzeskonformen Jagdbetriebes ist unerlässlich.

Katharina Salawa hat bei ihrer Arbeit einen Hund dabei.

Katharina Salawa hat bei ihrer Arbeit einen Hund dabei.

Was außerdem sehr nützlich sein kann, ist eine positive Kommunikationsfähigkeit, denn es immer wieder zu Begegnungen mit Menschen, die die im Wald geltenden Regeln nicht einhalten. „Die Hunde dürfen auf den Waldwegen freilaufen, aber nur außerhalb der Naturschutzgebiete und sie müssen in Sicht und Rufweite auf den Wegen bleiben. Das funktioniert nicht immer. Wenn man da selbst ruhig bleibt und es den Leuten erklärt, haben die meistens Verständnis dafür“, erzählt die Jagdaufseherin. Aber auch die Menschen, die im Revierbereich leben, können die Jagdaufsicht um Hilfe bitten, wenn es Probleme mit Tieren, wie dem Waschbären, gibt.

In bewohnten Gebieten ist die Jagd mit der Waffe generell verboten. In dem Fall kann vom Betroffenen ein Ausnahmeantrag auf Fallenjagd bei der zuständigen Kreis- oder Ordnungsbehörde gestellt werden. Dann wird eine Lebendfalle im betroffenen Gebiet, wie einem Garten aufgestellt, die dann regelmäßig kontrolliert wird. Ein Sensor benachrichtigt die Jagdaufsicht sofort, wenn das Tier in die Falle gegangen ist.

Auch die Zusammenarbeit mit der Polizei, der Forstbehörde und den Veterinärämtern gehört dazu. „Wir dürfen bei Verstößen die Personalien aufnehmen und im Notfall auch jemanden am Ort festsetzen, müssen dann aber die Polizei alarmieren.“ Um das Verständnis für den Wald und die Natur bei der Bevölkerung zu wecken, beteiligen sich Jagdaufsichten auch an Schulungen, Führungen und Jagdkursen.

Und: „Wir dokumentieren alle gejagten Tiere im Jahr. Die Jäger müssen uns darüber Meldung machen“, erklärt Salawa. „Außerdem notieren wir die Fallwildfälle. Am Ende des Jahres übermitteln wir die Zahlen an die untere Jagdbehörde.“  Die Tätigkeit Jagdaufseher wird in vielen Fällen ehrenamtlich ausgeübt. Allerdings gibt es bei sehr großen Revieren, wie in städtischen Wäldern, auch angestellte Jagdaufsichten. „Wenn ein Jäger mehr in Richtung Naturschutz machen möchte, als ‚nur‘ zu jagen, ist die Tätigkeit Jagdaufsicht eine tolle Möglichkeit“, versichert Salawa, die in ihrem Revier bei manchen Spuren sogar sagen kann, welches Tier dort regelmäßig seine Runden dreht.