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Neue GrenzwerteWie die Stadt Leichlingen mit der PCB-Belastung umgeht

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Auch das Rathaus in Leichlingen ist PCB-belastet.

Auch das Rathaus in Leichlingen ist PCB-belastet.

Schulzentrum und Rathaus sind PCB-belastet. Wie es jetzt weitergeht.

Was wirklich hinter der Abkürzung PCB steckt, das wissen wohl nur Fachleute. Oder eben Leute, die sich damit beschäftigen müssen. Wie die Stadtverwaltung Leichlingen. Denn die Polychlorierten Biphenyle bereiten Bürgermeister Frank Steffes derzeit große Sorgen. Die chlorierten Kohlenwasserstoffe verursachen in der Blütenstadt große Probleme.

Früher, also bis in die 80er-Jahren wurde PCB als Weichmacher verwendet, zum Beispiel in Dichtungsmassen, Isoliermitteln oder Lacken. Keine Überraschung also, dass sich die Stoffe, die in der Natur so nicht vorkommen, in vielen Gebäuden finden. Das war auch schon länger klar. Und solange bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden, ist das auch erst mal nicht weiter tragisch.

Jetzt sollen aber neue Richtwerte eingeführt, das steht in einem Papier des Umweltbundesministeriums, das zwar noch keine Rechtsgültigkeit hat, aber dafür sorgt, dass in Leichlingen Großprojekte angestoßen werden müssen. Die Sekundarschule muss neu gebaut werden, das steht schon fest. Sie soll Am Hammer wieder errichtet werden. Die neuen Richtwerte werden aber, sobald sie Gültigkeit erlangen, zur Folge haben, dass auch am Gymnasium etwas gemacht werden muss. Was genau, das steht noch nicht fest. Ob es eine Sanierung oder auch hier ein Neubau wird, muss noch entschieden werden. Aber all' das sorgt jedenfalls dafür, dass sich das Schulzentrum in Leichlingen drastisch verändern wird. Das hat auch der Rat erkannt, und beschlossen, den gesamten Campus noch einmal neu zu denken.

Leichlingen: Nur der Rathauskeller war nicht belastet

Und damit nicht genug. Anfang des Jahres wurden auch im Rathaus erstmals erhöhte PCB-Werte in sieben Räumen festgestellt, die den aktuell geltenden Vorsorgewert überschreiten. Im Mai hat man dann noch einmal gemessen und in allen 17 Räumen in den fünf Etagen des Rathauses erhöhte PCB-Werte festgestellt. Nur im Kellergeschoss waren die Werte im Normbereich.

Daraufhin wurde eine Dienstanweisung zur PCB-Lüftung erlassen, wie die städtische Pressestelle auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ mitteilt. Das heißt: Bevor ein Raum genutzt, muss er mindestens 15 Minuten gelüftet werden. Weitere Lüftungen sollen mindestens jede Stunde für zehn Minuten folgen. Das gilt für eine Außentemperatur von 20 Grad. Ist es draußen wärmer, sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeweils länger lüften.

Außerdem können Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter häufiger von zu Hause arbeiten. Und die Verwaltung führt derzeit Gespräche darüber, ob eine Firma eine Grundreinigung des Rathauses vornehmen kann und ob grundsätzlich häufiger geputzt werden kann. Wer im Rathaus arbeiten muss und seinen Dienst nicht von zu Hause aus tun kann, dem bietet die Stadt eine Blutuntersuchung an. Ab Mitte August soll das beginnen, teilt die Stadt mit.

Die Stadtverwaltung prüft parallel die Anmietung von Arbeitsplätzen für die Beschäftigten außerhalb des Rathauses.
Aletta Wieczorek, Pressesprecherin

Im Laufe des Jahres sollen weitere PCB-Messungen im Rathaus erfolgen. Denn: Alle Ergebnisse, die man bisher hat, beziehen sich auf die zwei beschriebenen Messreihen. Für eine Beurteilung sei aber der Jahresmittelwert entscheidend, so die Stadt. Nach den Sommerferien soll wohl die nächste Messreihe erfolgen.

„Die Stadtverwaltung prüft parallel die Anmietung von Arbeitsplätzen für die Beschäftigten außerhalb des Rathauses – sobald sich Konkretes ergibt, informieren wir entsprechend“, schreibt Aletta Wieczorek aus der städtischen Pressestelle.

Nach den Sommerferien, genauer gesagt im September, soll dann auch das Schulzentrum wieder auf die Tagesordnungen der kommenden Ausschüsse gesetzt werden. „Auch hier laufen aktuell verschiedene Vorplanungen“, heißt es dazu aus dem Rathaus. Details nennt die Verwaltung nicht.

Einen Hoffnungsschimmer kann die Stadt doch vermelden: „Aktuell besteht bei keinen weiteren städtischen Immobilien ein Verdacht auf PCB-Belastung.“


Was ist PCB?

Seit 1982 dürfen in Deutschland keine PCB-haltigen Stoffe mehr produziert werden, ein PCB-Verbot gilt seit 1989. Die Polychlorierten Biphenyle sind aber heute noch in Baustoffen, Böden, Luft, Wasser und in Organismen zu finden. Das heißt: Eine gewisse Hintergrundbelastung für Menschen besteht ohnehin. Laut Stadt gelten fettreiche tierische Lebensmittel als größte Belastungsquelle. 90 Prozent der aufgenommenen PCB kommen durch Nahrung in den Körper.

PCB sind schwer abbaubar und können sich leicht im Fettgewebe von Menschen und Tieren anreichern. Gefährlich kann es werden, wenn zur üblichen Hintergrundbelastung eine weitere hinzukommt. Zum Beispiel der langjährige Aufenthalt in belasteten Räumen.

Zu möglichen Folgen für die Gesundheit schreibt die Stadt: „Die Auf- oder Einnahme geringer Mengen von PCB-Gemischen über einen längeren Zeitraum hinweg kann noch nach einigen Jahren/Jahrzehnten zu gesundheitlichen Problemen führen. Die Forschung geht davon aus, dass es unter anderem zu Immunerkrankungen und Hautschäden sowie zu erhöhten Infektanfälligkeiten kommen kann.“ Grundsätzlich erfolgt die Aufnahme von PCB allerdings nur in geringen Anteilen über das Einatmen. Und: „Bei direkten Tätigkeiten am Arbeitsplatz mit PCB-haltigem Material kann eine Aufnahme auch über die Haut erfolgen, wenn kein geeigneter Arbeitsschutz (Arbeitskleidung und Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz) existiert.“

In einer früheren Version stand, dass die Sekundarschule in der Balker Aue neu errichtet wird, anstatt Am Hammer. Das bitten wir zu entschuldigen.