Neues KonzeptEnttäuschung im Quartierstreff - „Wir wollen nicht einfach verschwinden“

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Ulrike Ring (links), Hilde Cordes und Ulrich Schwelm im Büro der „Alltagsbegleiter“ mit dem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Neukonzeption der Quartiersarbeit, durch den sie vom Ende ihrer Arbeit an der Gartenstraße erfahren haben.

Ulrike Ring (links), Hilde Cordes und Ulrich Schwelm im Büro der „Alltagsbegleiter“ mit dem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Neukonzeption der Quartiersarbeit, durch den sie vom Ende ihrer Arbeit an der Gartenstraße erfahren haben.

Leichlingen – „Wir hatten noch so viele Ideen…“, bedauert Ulrike Ring, dass all die schönen Pläne geplatzt sind. Sie hat wie viele andere Ehrenamtler im Leichlinger Quartierstreff mitgearbeitet. „Es hat so lange gedauert, das alles aufzubauen – wir waren ja immer noch am wachsen“, ist sie maßlos enttäuscht darüber, dass die Sozialarbeit im Nachbarschaftstreff an der Gartenstraße abrupt beendet werden soll.

Die Corona-Pandemie hat das Veranstaltungsprogramm und die Gruppentreffen zwar ausgebremst. Und momentan ist das Ladenlokal, das bei der Hochwasserkatastrophe im Juli überflutet worden ist, geschlossen, hat der Treff im Mietercafé des Spar- und Bauvereins und im Büro der „Alltagsbegleiter“ Obdach gefunden.

Sozialarbeit in der Siedlung

Doch die Beteiligten waren davon ausgegangen, dass sie ihre engagierte Arbeit fortsetzen können. Rat und Verwaltung wollten die Quartiersarbeit neu aufstellen, auf die Siedlung Cremers Weiden ausweiten und ihr mit zusätzlichen Kooperationspartnern ein auch finanziell sicheres Fundament verschaffen. Vor zwei Wochen ist das neue Konzept des Quartierstreff im Sozialausschuss vorgestellt worden. Er soll wie berichtet an der Montanusstraße angesiedelt werden.

Der Wermutstropfen: Das Team von der Gartenstraße spielt in diesem Plan überhaupt keine Rolle mehr. Die Hauptamtler und die große Schar der Ehrenamtler, die das Projekt seit 2017 mit Leben gefüllt haben, sind an dem Neustart nicht beteiligt worden. Sie haben aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ davon erfahren, dass ihre Initiative ohne sie fortgesetzt wird. Sie fühlen sich ausgebootet und trauern den vielen Basisgruppen nach, die fortan zugunsten einer von Stadtverwaltung und Verbänden getragenen Sozialarbeit auf der Strecke bleiben. In einem Gespräch mit der Zeitung betrauern sie die Entwicklung.

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Wie berichtet sollen in der neu entstehenden Anlaufstelle fürs sozial problematische Stadtviertel Senioren-, Wohnraum-, Pflege- und Migrantenberatung, Integrations- und Familienberatung gebündelt werden.

Hilfe für einsame oder demenzkranke Bürger

„Das ist sicherlich alles wichtig und gut“, begrüßen die Ehrenamtler Ulrike Ring und Ulrich Schwelm, dass in der Siedlung ein neuer Schwerpunkt gesetzt wird. „Aber das hat inhaltlich mit der Arbeit, die wir bisher geleistet haben, überhaupt nichts mehr zu tun“, beklagen sie: „Wir haben einsame Bürgerinnen und Bürger, Menschen mit Demenz und Behinderungen angesprochen, engagierte Bürger, die ihr Wissen und Können einbringen wollten, den Literaturkreis, das Reparaturcafé, Wandergruppen begründet, Kino, Frühstückstreffs, Ferienprogramme, die Nachbarschaftsbank-Aktion… Sachen, die unglaublich wichtig sind“. Das dabei aufgebaute Vertrauen, stimmt ihnen Hilde Cordes, die bisherige Leiterin der Einrichtung zu, ist nicht so schnell ersetzbar, und das sei ein Verlust.

Abschiedsfest

Das Team des alten Quartierstreffs an der Gartenstraße will das Ende der Einrichtung am Samstag, 11. Dezember, mit einem Abschiedsfest bei Kaffee und einem Imbiss würdigen. Dazu sind für die Zeit von 11 bis 15 Uhr alle Mitstreiter, Besucher und interessierten Gäste ins Mietercafé des Spar- und Bauvereins in der Brückenstraße 33 eingeladen. (hgb)

Für Cordes ist die Tatsache, dass die Verwaltung das Engagement ihres Teams derart ignoriert hat und zukünftig außen vor lassen will, „ein total abstruses Vorgehen“, mit dem man nie gerechnet habe. Sie selbst wisse zwar schon länger, dass ihre halbe Stelle beim Diakonischen Werk als Treff-Leiterin Ende des Jahres auslaufe und der Mietvertrag für das Ladenlokal an der Gartenstraße gekündigt worden ist. Sie wird nicht arbeitslos, sondern beruflich ganz ins Seniorenzentrum Hasensprungmühle zurückkehren. Ihre Kollegin Sabine Rauh ist bereits auf der Antidiskrimierungsstelle der Diakonie tätig. Alle dachten aber, dass ihre Arbeit und Freiwilligen-Struktur ins neue Konzept einfließen würden.

Diese Hoffnung sei jetzt gestorben. Und man möchte deshalb, dass die neue Einrichtung auch nicht mehr den Namen Quartierstreff trägt.

Überleben wird lediglich das von Ulrich Schwelm geleitete Reparaturcafé, das im DRK-Haus eine neue Heimat gefunden hat und am 3. Dezember das nächste Mal öffnen soll. Und auch die Literaturgruppe möchte sich gerne weiter treffen. „Alle anderen Gruppen machen nicht weiter“, bedauert Ring. Die Web-Seite des Quartierstreffs wird zum Jahresende abgeschaltet.

Als Abschiedsgeschenk an die Stadt und ihre Bürger wird das Team bald noch die zwölf Nachbarschaftsbänke übergeben, die Handwerker in den vergangenen Wochen beim Tischlerworkshop in Berthold Welters Kunstbüdchen in Dierath angefertigt haben. Sie sollen an geeigneten öffentlichen Plätzchen in Leichlingen aufgestellt werden.

„Wir wollen nicht einfach verschwinden“, sagt Hilde Cordes und lädt alle, die am Quartierstreff beteiligt waren und Freude an dessen Arbeit hatten, zu einem letzten Treffen ins Mietercafé des Bauvereins ein (siehe „Abschiedsfest“) – bei dem es wahrscheinlich wehmütig zugehen wird.

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