17. Leverkusener KunstnachtEine Stadt als Gesamtkunstwerk

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Das Fachwerkhaus am Edelrather Weg 188 - angestrahlt wie ein Gemälde von Piet Mondrian.

Das Fachwerkhaus am Edelrather Weg 188 - angestrahlt wie ein Gemälde von Piet Mondrian.

Leverkusen – Während in Opladen Funken und Worte fliegen und aus vielen Ecken Wiesdorfs Musik schallt, geht es am östlichsten Ende der 17. Leverkusener Kunstnacht ruhiger zu. Nacheinander färben sich einzelne weiße Rechtecke zwischen den dunklen Balken des Fachwerkhauses in rot, gelb oder blau - bis das ganze Haus am Edelrather Weg 188 aussieht wie ein Gemälde von Piet Mondrian.

Vom 3-D-Modell auf die Hauswand

„Wir haben uns schon im letzten Jahr überlegt, dass wir wegen Corona gerne etwas draußen machen wollen“, sagt Alfred Prenzlow, der hier sein Atelier und die Galerie Kunst-Menschen-Ideen betreibt. Gemeinsam mit Michael „Mütze“ Wolf hatte er schon vor Jahren die Pro-jeck-toren gegründet und verschiedene Gebäude in Leverkusen illuminiert. Nun also anlässlich der Kunstnacht die eigene Galerie. „Dafür werden zunächst Fotos gemacht und ein 3-D-Modell erstellt“, erklärt Prenzlow. Darauf wird das Design erstellt, anschließend muss ein Projektionsprogramm die Verzerrung einberechnen. Alles nicht einfach, aber es passt.

Partituren in der Sauna

Nachbarin Claudia Müller-Konrad freut sich ebenfalls über die Beleuchtung. Eigentlich wollte sie dieses Jahr nicht mitmachen bei der Kunstnacht, dann habe sie sich aber doch überzeugen lassen. So bekommen die Besucher einen Einblick in ihr außergewöhnliches Atelier: Es ist die ehemalige Wohn- und Wirkungsstätte des Leverkusener Künstlers Bernhard Kirchgässer.

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Claudia Müller-Konrad mit der Stockhausen-Partitur.

Claudia Müller-Konrad mit der Stockhausen-Partitur.

Müller-Konrad hat den damals recht verfallenen Hof nach dem Tod es Ehepaars Kirchgässer übernommen, aufwändig saniert und und in ein eigenes Atelier sowie ein kleines Kirchgässer Museum umgewandelt. So hat sie das originale Türschild aufbewahrt und stellt es gemeinsam mit Radierungen und ein paar erläuternden Worten zum Künstler aus. Dazu erzählt sie Besuchern Geschichten wie die von den zwei Partituren des Komponisten Karlheinz Stockhausen, die Kirchgässer für ihn gezeichnet hatte. „Die habe ich aus dem feuchten Keller gerettet und in der Sauna nebenan getrocknet“, erzählt Müller-Konrad, die sich selbst eher der abstrakten Malerei widmet. „Aber für meine Enkel male ich auch gerne mal eine Giraffe, die man als solche erkennen kann“, sagt sie lachend. Wer nicht bis zum Ostende der Stadt reisen wollte, der fand auch zentraler spektakuläre Unterhaltung, etwa am Kulturausbesserungswerk, wo eine Komposition aus Farbe, Feuer und Licht die Lebensgeister der Kultur nach dem langen Corona-Schlaf wiedererweckte.

Oberbürgermeister ist begeistert

Und viele Besucher anzog, unter ihnen auch Oberbürgermeister Uwe Richrath, der ganz angetan war: „Die Menschen haben sich extrem gefreut, es war eine absolute Sehnsucht da, nach der langen Zeit der Entbehrung.“ Ein langer Abend voller interessanter Gespräche und Eindrücke sei für ihn im Topos zu Ende gegangen. „Die Kombination aus Kunst, Kulinarik und Musik gefällt mir einfach, das ist toll“, resümiert der Oberbürgermeister.

Kunst und Musik mit dem Orchester "Pension Tina" im KAW

Kunst und Musik mit dem Orchester "Pension Tina" im KAW

In der Schlebuscher Fußgängerzone ist die achtjährige Klara ganz in ihrem Element. Mit einem Stein haut sie vorsichtig auf den Rand eines Eisklotzes - ähnlich, wie es neben ihr Eiskünstler Christian Fischer tut, der gerade einen Adler aus Eis erstellt. „In meinem Zweitberuf will ich auch mal Eisbildhauerin werden“, sagt die Achtjährige. Als Erstberuf ist Forscherin gesetzt. „Aber ich finde es toll, dass Menschen sich so viel Mühe geben, um so etwas schönes zu machen“, sagt sie und streicht dem Adler bewundern über den Schnabel. Für die Schlebuscher Familie ist die Kunstnacht ein fester Termin im Kalender. Das Herz aus Eis, das Klara bei der letzten Kunstnacht gemacht hat, lag fasst ein Jahr im Tiefkühlfach, erzählt ihr Vater lachend.

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Dass sie im vergangenen Jahr ausgefallen ist, sei traurig gewesen, ein Highlight dagegen, dass die Aktion „Kunst im Schaufenster“ dennoch stattgefunden hat. Sie ist auch dieses Jahr mit der Kunstnacht gestartet. Klara würde am liebsten noch am Abend mit dem Rätsel beginnen, denn sie hat einen Titel zu verteidigen: „Im letzten Jahr habe ich gewonnen“, erzählt sie stolz. Doch es ist spät für kleine Mädchen, das Rätsel muss warten.

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