Chemieunternehmen in LeverkusenKronos verschickt Abfindungsangebote an Mitarbeiter

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Der Leverkusener Chempark.

Der Leverkusener Chempark.

Leverkusen – Aufregung herrscht seit einigen Tagen bei den Mitarbeitern von Kronos Titan in Leverkusen: Viele Angestellte des amerikanischen Chemieunternehmens mit Hauptsitz in Dallas/Texas erhielten am Mittwoch vergangener Woche Post vom Arbeitgeber. Der Inhalt: Abfindungsangebote, unterteilt in zwei Kategorien. Eines gilt für Mitarbeiter im Alter bis 56, ein anderes für Mitarbeiter im Alter zwischen 57 und 59 Jahren.

Der Redaktion des „Leverkusener Anzeiger“ liegt ein solcher Brief vor. Demnach sollen Mitarbeiter, die sich an diesem so genannten Freiwilligenprogramm der Firma beteiligen, eine Abfindung in Höhe von 91 674 Euro (Alter: bis 56 Jahre) beziehungsweise 145 825 Euro (57 bis 59 Jahre) bekommen. Die Kündigungsfrist beträgt jeweils sechs Monate. In dieser Zeit wird der Lohn weitergezahlt. Auch für Mitarbeiter über 60 soll es entsprechende Angebote geben.

Nach Aussage der Geschäftsführung möchte das Unternehmen im Rahmen der Initiative „Kronos 2020“ Kosten reduzieren. Diese Angebote seien eine Maßnahme dazu. Im Brief heißt es: „Mit diesen Angeboten für ein freiwilliges Ausscheiden sollen betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.“ Am vergangenen Mittwoch gab es eine Mitarbeiterversammlung zum Thema bei Kronos.

„Es herrschen Unruhe und Panik innerhalb der Belegschaft“, sagt ein Mitarbeiter der Firma, der nicht genannt werden möchte. Er selbst sei 50 Jahre alt, arbeite seit 22 Jahren im Betrieb – und mache sich nun Sorgen um seine berufliche Zukunft. Zudem seien der Betriebsrat bei diesem Schreiben übergangen und Gewerkschaftsvertreter von der Versammlung ausgeschlossen worden.

Frank Werth, der als stellvertretender Bezirksleiter der Gewerkschaft Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie , Energie (IGBCE) die Mitarbeiter bei Kronos betreut, schiebt jeglichem Gedanken an unlautere Methoden indes einen Riegel vor: „Wir befinden uns in harten aber absolut fairen Gesprächen mit dem Unternehmen.“ Richtig sei, dass Kronos innerhalb der kommenden Jahre weltweit 40 Millionen Euro einsparen wolle und dass weder Gewerkschaft noch Betriebsrat die Abfindungsangebote unterstützten. „Das war eine Idee der Unternehmensführung.“ Aber: Von „übergangen“ könne keine Rede sein. Im Gegenteil: „Wir wussten bescheid.“ Auch sei niemand von der Versammlung zum Thema ausgeschlossen worden. „Es war nur so, dass die Betriebsratsmitglieder und Gewerkschaftler lediglich als Mitarbeiter eingeladen worden waren – weil es eine vom Arbeitgeber einberufene Versammlung und keine Betriebsversammlung war“, sagt Werth.

Auch Kronos-Geschäftsführer Ulrich Kabelac bestätigt die „spürbare“ Unsicherheit. Schließlich habe jeder der 1280 Mitarbeiter an den deutschen Kronos-Standorten Leverkusen und Nordenham ein Abfindungsangebot bekommen. Die Situation sei kritisch: „Wir haben seit dreieinhalb Jahren mit fallenden Marktpreisen zu kämpfen und müssen weltweit jeden Stein umdrehen und an jeder Kostenschraube drehen.“ Ein Problem sei, dass Kronos Titan als Ein-Produkt-Unternehmen – die Firma stellt ausschließlich Titandioxid her, das für Lacke und Anstriche verwendet wird – besonders anfällig sei. Wie viele Mitarbeiter sich für das freiwillige Ausscheiden entscheiden müssten, damit sich die Situation entspanne, das stehe noch nicht fest. Klar sei nur: „Wenn es zu wenig sind, dann kommen wir um betriebsbedingte Kündigungen nicht herum. Dann werden wir uns umgehend wieder mit dem Betriebsrat zusammensetzen, der übrigens von Beginn an über alles informiert wurde.“

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