„Das wichtigste ist eine Tagesstruktur“Ärztin gibt Tipps gegen Depression im Lockdown

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Bis wann ist es eine Verstimmung, ab wann eine Depression? Florence Hellen von der LVR-KLinik Langenfeld klärte auf.

Leverkusen – Der zweite Lockdown schlägt langsam aber sicher allen auf das Gemüt. Genoss man im ersten Lockdown noch fast die Entschleunigung und das schöne Wetter, werden nun existenzielle Ängste und Sorgen immer größer. Dass so etwas gar in einer Depression münden kann, erklärte Dr. Florence Hellen von der LVR-Klinik Langenfeld, die auch psychisch erkrankte Patienten aus Leverkusen betreut. In einem YouTube-Live-Vortrag sprach sie über die Unterschiede einer depressiven Verstimmung und einer Depression und gab Tipps, wie man gesund durch die Pandemie kommt.

Depressionen noch immer unterschätzt - mehr als 200 Zuschauer beim Vortrag

Das Thema stieß auf großes Interesse: Zu Spitzenzeiten hatten sich deutlich über 200 Zuschauer hinzugeschaltet und stellten Fragen über die Kommentar-Funktion. Ein großer Erfolg für den ersten digitalen Vortrag der LVR-Klinik. In einer Präsentation legte die Ärztin zunächst Fakten zu depressiven Erkrankungen dar. „Depressionen sind zwar häufig“, so die Chefärztin der Allgemeinen Psychiatrie 3. „In ihren Auswirkungen werden sie aber immer noch unterschätzt.“ 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung, heißt es auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums. Es sei jedoch wichtig zu unterscheiden, ob man sich in einer depressiven Verstimmung oder schon in einer Erkrankung befinde, so Dr. Hellen. „Das hat vor allem therapeutische Gründe, beispielsweise, ob man direkt mit einer Medikation beginnen sollte.“

Diagnose dem Arzt überlassen

Bei Symptomen wie Interessensverlust, Freudlosigkeit, Antriebsmangel oder erhöhter Ermüdbarkeit sollte man sich außerdem nicht selbst diagnostizieren. „Machen Sie sich bitte nicht verrückt, wenn Sie Indikatoren einer Depression bei sich erkennen. Sprechen Sie am besten mit einem Arzt darüber“, sagte die Fachfrau. Fragen wie „Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig bedrückt oder hoffnungslos?“ oder „Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?“ können lediglich Hinweise darauf geben, ob eine Depression vorliegen könnte.

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„ Überbelastung im Lockdown kann eine Depression begünstigen“

„Alle sind in der Lockdown-Situation gerade erhöhtem Stress ausgesetzt“, so Florence Hellen. „Es gibt eine Überbelastung durch die Kinderbetreuung, den Arbeitsplatz und finanzielle Sorgen. So etwas kann eine Depression begünstigen.“ Erste Studien aus dem Lockdown im vergangenen Jahr deuteten bereits an, dass Covid einen Einfluss auf unsere psychische Gesundheit habe. Durch  den zweiten Lockdown erwartet die Ärztin eine deutliche Verschärfung dieses Problems. Umso wichtiger sei es daher, einer Depression vorzubeugen.

Tipps für psychische Gesundheit: Struktur und aktiv bleiben

„Eine Tagesstruktur ist ganz, ganz wichtig“, erklärte die Expertin. „Wir neigen dazu, im Home-Office rumzulümmeln. Aber arbeiten Sie nicht bis zu spät in den Abend hinein, und lassen Sie sich Zeit zum Abschalten.“ Um Arbeit und Privates besser voneinander zu trennen, sollte man außerdem nicht in der Jogginghose und vom Sofa aus arbeiten. „Ziehen Sie sich an, als würden Sie zur Arbeit gehen. Und verbringen Sie tagsüber keine Zeit im Bett“, rät sie. Bei sozialen Kontakten würde es sich auszahlen, kreativ zu werden: „Sie können sich beispielsweise mit Freunden virtuell zum Abendessen verabreden.“ Auch körperliche Aktivität hat einen positiven Einfluss. „Man muss sich aufraffen, das ist ganz klar. Aber es wird Ihnen gut tun.“

Professionelle Hilfe suchen

Sollte man bei sich oder bei einer Person im näheren Umfeld jedoch eine Depression vermuten, dürfe man aber nicht scheuen, sich Hilfe zu suchen. „Rufen Sie uns an. Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man alleine nicht mehr weiterkommt. Dafür gibt es professionelle Hilfe“, so Dr. Florence Hellen. In Leverkusen ist dies beispielsweise der Sozialpsychiatrische Dienst, erreichbar unter der 0214 8333-22 oder im Notfall die Zentrale der LVR-Klinik in Langenfeld unter der 02173 102 -0, die rund um die Uhr besetzt ist.

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