Eine Acid Jazz Night steigt am Samstagabend wie ein Funkstern über Leverkusen auf und zieht alle hinein, die den Groove lieben.
Jazztage Leverkusen„Incognito“ und „Stereo MC’s“ entfachen eine Acid Night

„Incognito“ und „Stereo MC’s“ verwandeln das Forum Leverkusen in eine rhythmische Farbwelt, als die Acid Jazz Night der Jazztage ihr Publikum in einen vibrierenden Strom aus Groove zieht.
Copyright: Timon Brombach
Jean-Paul „Bluey“ Maunick steht im Zentrum seiner Band „Incognito“ wie ein ruhiger Planet, um den ein ganzes Sonnensystem aus Stimmen, Bläsern und Rhythmen kreist. Seine Musiker strahlen diese besondere Wärme aus, die nur entsteht, wenn ein Ensemble über Jahrzehnte gelernt hat, nicht nur zusammen zu spielen, sondern miteinander zu atmen. Er leidet unter anderem am Parkinson und Diabetes. „Das sage ich euch jetzt nicht für Mitleid, sondern weil viele immer fragen, warum ich so ernst auf der Bühne aussehe“, sagt er übersetzt.
Und gerät darauf in einen Monolog, immer positiv zu bleiben, für den ihn die Menge minutenlang feiert. Die drei Bläser steigen auf wie goldene Spiralen, die Gitarren tanzen in kleinen Funken über die Grooves, das Schlagzeug setzt mit einem Perkussionisten federnde Schritte in den Raum. In der Mitte des Konzertes verlassen alle Musiker, bis auf die beiden die Bühne und es gibt ein einmalig intensives Drum-Set. Aber viel wichtiger: dann diese Stimmen – seidig, weit, manchmal wie ein Strom, der die Brust füllt und den Abend trägt.
„Incognito“ malt den Terrassenaal in warmen Funkfarben
Man spürt sofort, warum „Always There“ einst eine ganze Szene elektrisierte: Dieser Sound öffnet den Terrassenaal, er lässt ihn noch weiter wirken, als er ist. „Still A Friend Of Mine“ singt der Saal in zwei Sektionen mit. „Incognito“ verwandelt ihre langen Linien und satten Akkorde in Geschichten. Jeder Song klingt wie eine Reise durch nächtliche Städte, durch Sommerregen, durch das helle Herz eines Clubs, der nicht schließen will.
Maunicks Philosophie wird hörbar: Die Musiker entfalten ihre Persönlichkeit, und doch entsteht ein Kollektivgeist, der den Saal wie ein warmes Licht erfüllt. Vor dieser Klangfülle setzen die „Stereo MC’s“ im ersten Teil des Abends einen anderen Puls. Rob Birchs Stimme hat diesen rauen, urbanen Atem, der die Beats nach vorne zieht. Die „Vorband“ ist ein Konzerterlebnis für sich auf Augenhöhe. In der Pause beim Plausch wird „Stereo MC’s“ von Besuchern als eigentliches Highlight des Abends gehandelt: „Wir sind eigentlich wegen denen hier.“
„Stereo MC’s“ bringen die Welt der Straße ins Forum
Nick Hallam schichtet elektronische Texturen, die wie Neonstreifen durch den Saal schneiden. Zusammen entsteht ein körperlicher Groove, der die Jazztage in Bewegung bringt. Intensive Lichtstrahlen und Stroboskope untermalen das. „Connected“ wird zu einem Ruf, den alle sofort beantworten. Es ist diese spezielle Mischung aus Hip-Hop, Funk und frühen Clubbeats, die den Sound der Neunziger prägt und hier in Leverkusen wieder aufflackert.

„Stereo MC’s“-Sänger Rob Birch und Band auf der Bühne im Forum Leverkusen
Copyright: Timon Brombach
Die Menge wippt, springt, streckt die Arme in die Luft. Der Beat breitet sich aus wie ein eigener Körper, der im Raum steht. Die „Stereo MC’s“ wirken frisch, direkt und laden das Publikum ein, Teil eines gemeinsamen Rhythmus zu werden, der alles Persönliche für einen Moment aufhebt.
Die Acid Jazz Night lebt von der Reibung dieser beiden Pole: dem warmen, farbigen Jazz-Funk von „Incognito“ und dem entschlossenen Urban Pulse der „Stereo MC’s“. Im Forum entsteht ein Spannungsfeld, das nicht trennt, sondern verbindet. Die Jazztage tragen diesen Gedanken seit Jahrzehnten – hier wird Genre nicht als Schublade, sondern als Einladung verstanden. Wie der Abend einen Sog entwickelt, der niemanden außen vor lässt. Und wie sich zwei musikalische Welten zu einer gemeinsamen Erzählung verweben, die nicht nach hinten blickt, sondern nach vorne: Lebendig. Offen. Neugierig.

