EM und WMLeverkusener Judo-Kämpferin hat Gold im Visier

Lesezeit 4 Minuten
Sveyarike Konrad beim Turnier in Leverkusen. Sie trägt einen blauen Judoanzug und einen braunen Gürtel.

TSV-Talent Sveyarike Konrad beim internationalen Bayer Judo Cup, ausgerichtet in der Leichtathletikhalle in Manfort.

Bevor sie um die internationalen Medaillen kämpfen kann, muss sich Sveyarike Konrad vom TSV Bayer 04 Leverkusen bei den Deutschen Meisterschaften beweisen.

Die Ziele von Judoka Sveyarike Konrad sind klar: „Am besten zu den Weltmeisterschaften fahren und da Gold gewinnen, das wäre schon schön“, sagt die 16-jährige Kämpferin vom TSV Bayer 04 Leverkusen leise, bescheiden und selbstbewusst zugleich. Ihre Pläne sind nicht etwa langfristiger Natur. Schaffen will Konrad ihren ersten großen internationalen Coup bereits in diesem Jahr. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Weltspitze wären die Europameisterschaften der Altersklasse U18 in Sofia im Juni. Bei ihrer EM-Premiere im vergangenen Jahr kam sie noch nicht an die Medaillen heran, das soll sich jetzt ändern. 

Dafür muss sich Sveyarike Konrad, Sveya genannt, aber erst einmal gegen die deutsche Konkurrenz behaupten – und das bereits am kommenden Wochenende. Denn dann werden die nationalen Titel in Leipzig ausgekämpft. Ihre Gewichtsklasse — die Kategorie bis 63 Kilogramm – sei aktuell eine der besten in ganz Deutschland, sagt Konrads Bundestrainer, Christopher Schwarzer. Eine Glaskugel, um in die Zukunft zu gucken, habe er zwar nicht. Dass die Leverkusenerin „jede Menge Potenzial“ mitbringt, sei aber unumstritten. „Sie ist einfach ein Kämpfertyp“, sagt Schwarzer. 

Erstes Saisonziel: Die Deutsche Meisterschaft in Leipzig

Von diesem Charakterzug ist vor dem Heimtraining in der Herbert-Grünewald-Halle in Leverkusen allerdings erst einmal wenig zu sehen. Konrad, noch gekleidet in ihrem Alltagsoutfit, steht da entspannt am Mattenrand. Auf dem Arm trägt sie ihre Schwester, die jüngste von sechs Geschwistern, und schaut sich das Treiben des Kindertrainings an. Irgendwo im Gewusel zwischen gelben, orangenen und grünen Gürteln sind zwei weitere Konrad-Schwestern zu finden. Ihr jüngerer Bruder flitzt zwischen den Beinen der wartenden Eltern herum, ihre Mutter beobachtet das Geschehen von den Sitzbänken aus – ein ganz normaler Mittwochabend für die Familie.

Dreimal wöchentlich geht die Fahrt von ihrem Wohnort in Pulheim nach Leverkusen, hinzu kommen Trainingseinheiten am Bundesstützpunkt in Köln. Neben dem Schulalltag können die Tage so schon mal ganz schön lang werden. Bis 21 Uhr dauert das Training. Den Spaß an ihrem Sport verliert die Elftklässlerin trotzdem nicht: „An Judo mag ich einfach alles. Über die Grenzen gehen, sich quälen, einfach kämpfen“ sagt sie. 

Judo ist Familienangelegenheit

Während sich die jüngeren Konrads nach ihrer Einheit auf den Weg nach Hause machen, beginnt das Training der älteren. Schnell noch bindet sich die Bayer-Athletin ihren schwarzen Gürtel über dem Judoanzug, eine Verbeugung, dann geht es los. Auf dem Plan stehen nicht nur kleine Übungskämpfe, auf japanisch „Randori“ genannt, sondern auch kurze Sprints, Würfe und Griffstrategien. 

Dass Konrad dabei häufig mit ihren männlichen Vereinskameraden trainieren muss, stört sie kaum. „Mit den Jungs macht es fast mehr Spaß, die Runden sind härter und intensiver“, sagt die Schülerin des Kölner Berufskollegs Humboldtstraße. Einen Sonderstatuts habe sie in der Trainingsgruppe trotzdem nicht. Aber vielleicht rührt gerade daher ihr eher kraftbetonter Kampfstil. Keine Scheu habe sie vor dem „Infight“, eine Kampfsituation, die vor allem im Männerjudo angewendet wird und bei der gerne mal spektakuläre Wurfszenen entstehen.  

Nur um ihren älteren Bruder Björn macht sie beim Training meist einen größeren Bogen, obwohl er es war, der seine Geschwister auf die Matte lockte. „Ich habe mit Judo angefangen und dann blieb den anderen nicht viel übrig“, erzählt er schmunzelnd. Mit fast 30 Kilogramm mehr auf der Waage kommt er als Trainingspartner für die Mittelgewichtlerin allerdings nicht mehr in Frage. 

Das war ein anderes Gefühl, mit den Beiden im Publikum auf der Matte zu stehen.
Sveyarike Konrad über die familiäre Unterstützung durch ihren Bruder und Vater

Umso größer ist die mentale brüderliche Unterstützung. Bei dem bislang größten Erfolg seiner Schwester, dem Sieg beim international hoch angesehenen Europacup in Berlin im vergangenen Oktober, saß er gemeinsam mit seinem Vater auf den Zuschauerrängen und feuerte laut an. Als „Schreihals“ sei er inzwischen bekannt. Funktioniert hat es. „Das war ein anderes Gefühl, mit den Beiden im Publikum auf der Matte zu stehen“, sagt Sveyarike Konrad, für die sich der Titel in der Hauptstadt immer noch unreal anfühlt. 

„Es pusht einfach, wenn die ganze Familie hinter einem steht“, sagt auch Björn Konrad. Dass es seine Schwester bis ganz nach oben schaffen kann, davon ist er überzeugt. „Wenn sie sich richtig anstellt, kann das groß werden“, glaubt er und nimmt für die Zukunft selbst das magische Wort „Olympia“ in den Mund.

In dieser Saison kommt es für Sveya Konrad aber erst einmal auf die sportlichen Höhepunkte ihrer eigenen Altersklasse an. Bei den Deutschen Meisterschaften am Wochenende ist das Ziel klar: „Natürlich erste werden“, sagt Konrad und kann sich auch dort auf die Rückendeckung der Familie verlassen. 

KStA abonnieren