Karneval in Leverkusen100 jecke Wiever stürmen durch Schlebusch

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100 weiber ziehen durch die Schlebuscher Fußgängerzone und anschließend ins festzelt. Foto: Ralf Krieger

Schunkeln auf der Straße: 100 Frauen ziehen durch die Schlebuscher Fußgängerzone und anschließend ins Festzelt.

Weiberfastnacht gehört den Frauen. In Schlebusch ist um 11.11 Uhr der Weibersturm gestartet.

Es ist Weiberfastnacht, wenn in Schlebusch am Morgen der Direkt-Bus 260 Remscheid randvoll gepackt mit bunt kostümierten, feierbereiten Frauen vorbeifährt. Fast niemand steigt aus, ein paar drängen noch hinein. Sie alle wollen nach Köln.

100 weiber ziehen durch die Schlebuscher Fußgängerzone und anschließend ins festzelt. Foto: Ralf Krieger

Erstmal gabs eine runde Likörchen auf dem Bauernmarkt.

Den Straßenkarneval eröffnen allerdings auch die Schlebuscherinnen traditionell ungefähr um 11.11 Uhr mit einem Zug durchs Dorf. Man sieht sie aus dem Bus nicht. In diesem Jahr versammeln sie sich vor der Kirche Sankt Andreas an der Fußgängerzone, früher begann man den Umzug an der Gezelinallee. Aber da habe sich ein Anwohner beschwert, erfährt man von Elke Masurowski, die die Schlebuscher Clowns anführt. Die Gruppe kommt aus dem Altenheim Sankt Elisabeth rüber, wo sie ein bisschen Frohsinn und Fastelovends-Jeföhl verbreitet haben.

Die Musik kommt aus dem Autoradio

Aus einem alten Kinderwagen kommt Karnevalsmusik, nicht aus einer Bluetooth-Box, sondern, ganz oldschool, aus einem Autoradio. Strom kommt aus einer Autobatterie unten im Korb. Die Fußgängerzone ist abgeriegelt, jeder der rein will, muss nachweisen, dass er keine Glasflaschen dabei hat. Die Maßnahme gilt den Jugendlichen. Ein Wachmann, der arg cool mit Sonnenbrille an der Kirche steht, erkennt aber schnell, dass von den Schlebuscher Clowns wenig Gefahr für die Ordnung droht. Ein Trupp des Ordnungsamts patrouilliert über die Bergische Landstraße.

Die vielleicht knapp 100 Frauen ziehen los: Vorbei an der für kurz nach elf Uhr erstaunlich langen Warteschlange am Herkenrath-Hof. „Eine halbe Stunde nach Öffnung ist die Kneipe voll“, weiß einer. Die Frauen ziehen auf den Bauernmarkt, dazu haben die Räuber ein passendes Lied im Repertoire: Op dem Maat, op dem Maat stonn die Buure…, das stimmen die Frauen an, nicht alle sind ganz textsicher, vielleicht auch wegen des unanständigen Textes. Es ist vielleicht auch noch zu früh für sowas. Die Frauen stauben auch etwas ab: Äpfel vom Hof Jüch, Mettwürstchen vom Biometzger, und Alexandra Johannes vom Mönchhof schenkt eine Runde süßen Likör für die Wiever aus. „Dreimol Schliebisch alaaf!“, dafür sorgt Lilo Schmitz, die als Vorsitzende der Gesellschaft Grün-Weiß Schlebusch die Traditionen hochhält.

Wer in der Schlebuscher Geschäftswelt etwas auf sich hält, spendiert den Frauen was zu trinken: Im Geschäft Nähszene gibts den ersten Sekt. Die Apotheke muss etwas Gesundes bieten, eine heiße Magnesium-Lösung. Die Apothekerin weist nicht ausdrücklich darauf hin, aber das hilft jetzt schon gegen Kater, die Frauen tun also etwas für die Gesundheit, bevor sie nach einer zehnminütigen Schunkelphase ins Zelt neben dem Lindenplatz gehen. „Jetzt ist mir warm“, sagt Monika Gietzen. Folgerichtig sind die Heizpilze im Zelt ausgeschaltet und die Feier, jetzt mit Bühnenprogramm, kann weitergehen.

Draußen, der Lindenplatz füllt sich langsam mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ersten in Tierkostümen sind auch schon da. Am Mittag war alles ruhig. 

Denn auch daran erkennt man Weiberfastnacht ist: Dass Polizei die Mülheimer Straße sperrt, dass dort ein Rettungszelt für allzu Alkoholisierte steht und daran, dass morgens, wenn andere nach Köln durchfahren, vorsorglich schonmal ein Notfallseelsorger in Schlebusch auf seinem Moped eintrifft.

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