Die Arbeit begann im Jahr 2000 mit einem Auto und sechs bedürftigen Familien. Inzwischen sind es mehr als 6000.
25 Jahre nach GründungDie Tafel in Leverkusen wird immer dringender gebraucht

Die Keimzelle gibt es immer noch: die Wiesdorfer Ausgabestelle der Leverkusener Tafel im alten Flerserbunker in der Dönhoffstraße
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Am Anfang war es eher eine Vorsichtsmaßnahme. Eine Reaktion auf ein vermutetes Problem. Als Ende Oktober 2000 eine Kerngruppe, zu der Herz-Jesu-Pfarrer Wolfgang Heinen, die Landtagsabgeordnete Ursula Monheim und Sozialdezernent Frank Stein gehörten, den Verein „Leverkusener Tafel“ gründete, war das zwar die 39. derartige Organisation in Deutschland. Aber über den Bedarf an Lebensmittelspenden in Leverkusen ließ sich noch nicht viel sagen. „Sechs Familien“, erinnert sich Adolf Staffe, habe man zunächst versorgt. Das war vor Weihnachten des Jahres 2000. Die Lebensmittel kamen nicht mal aus Leverkusen, sondern von einem Supermarkt in Langenfeld, sagt der Vorsitzende des Vereins. Heute versorgt der Verein mehr als 6000 Bedürftige und braucht dafür gut 80 Tonnen Lebensmittel im Monat.
Der frühere Bayer-Chemiker Staffe war vor 25 Jahren gerade Rentner geworden – und machte sich mit Feuereifer ans Werk. Die Tafel brauchte natürlich eine Bleibe. Gefunden wurde sie in zentraler Lage: Der Flerserbunker am westlichen Ende der Dönhoffstraße in Wiesdorf wurde mit einem Kühlhaus ausgestattet. Der erste Lebensmittel-Transporter war ein Bulli, gespendet vom VW-Zentrum. Inzwischen braucht die Tafel sechs Autos, um die Waren abzuholen und zu verteilen.
Sechs Ausgabestellen in Leverkusen
Der Bunker ist immer noch die Zentrale der Leverkusener Tafel, auch wenn es mittlerweile fünf weitere Ausgabestellen gibt: zwei in Opladen, außerdem Alkenrath, Manfort und Quettingen. „Die Ausgabe in Rheindorf mussten wir wieder schließen“, so Staffe am Mittwochabend. Aus einem Grund, der den Vorstand allgemein umtreibt: Es fehlt an ehrenamtlichen Mitarbeitern. „Ohne die Ehrenamtler machen wir gar nichts“, sagt Staffes Vorstandskollegin Gudrun Schramm. Auch sie hält dem Verein seit vielen Jahren die Treue, leitet zum Beispiel die Ausgabestelle im Wiesdorfer Bunker.

Svetlana Tsakh (vorne) und Ute Sauer im Lager der Tafel im Wiesdorfer Bunker
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Dass der Verein ohne die rund „180, 190“ Helferinnen und Helfer genauso aufgeschmissen wäre wie ohne Spenden, betont auch Reiner Endlein. „Wir haben da Leute, die sich richtig reinhängen.“ Der heutige Vize-Vorsitzende ist vor 15 Jahren zur Tafel gekommen, wie Staffe hat er beruflich einen Bayer-Hintergrund. Und dann sei da eine angestellte Vollzeitkraft – die in Wahrheit viel mehr arbeite, als die vereinbarten 40 Stunden pro Woche. Auf der Suche nach verlässlichen Leuten habe der Verein auch schon mal einen jungen Mann gefunden, der den Bundesfreiwilligendienst absolviert. An sich eine positive Erfahrung – aber die Rekrutierung sei sehr kompliziert, bedauert Endlein.
Überhaupt, die Bürokratie. Nicht nur Unternehmen klagen darüber. Auch ein gemeinnütziger Verein wie die Tafel wird mit immer neuen Pflichten überzogen, berichten Staffe und Endlein. Gefährdungsbeurteilungen für die freiwillige Arbeit in den Ausgabestellen sind ein jüngeres Beispiel. Immerhin habe es auch eine Erleichterung gegeben, erinnert sich Staffe: „Die Lebensmittellisten sind weggefallen.“ Früher habe die Tafel dokumentieren müssen, was sie von Supermärkten eingesammelt und flugs an bedürftige Menschen abgegeben hat.
Der Bunker in Wiesdorf ist zu klein
Im 25. Jahr werde auch die Raumnot immer erkennbarer. „Wir brauchen eine neue Zentrale“, legt sich Endlein fest. Pläne, den Bunker um eine große Halle zu ergänzen, seien fertig ausgearbeitet. Aber: Der Schutzbau gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Und seit dem russischen Überfall auf die Ukraine „werden keine Bunker mehr abgegeben“. Genauso wenig komme ein Anbau infrage, sei die Ansage aus der Bonner Behörde. Also müsste die Tafel etwas ganz Neues finden.

Adolf Staffe (links) gehört zu den Gründern der Leverkusener Tafel. Reiner Endlein ist aber auch schon 15 Jahre dabei.
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Die Versorgung mit Lebensmitteln klappt aber, berichten die Vorsitzenden. Milchprodukte seien zwar knapper geworden, weil die Märkte selbst Produkte anbieten, deren Ablaufdatum kurz bevorsteht. Aber dass die Tafel selbst etwas zukauft, um Lücken im Angebot zu füllen, sei die absolute Ausnahme, berichtet Endlein. „Das kann nicht unser Ziel sein.“
Am Mittwoch sind im Bunker Äpfel und Birnen eher knapp. Dafür gibt es frische Kräuter – die werden genauso gern genommen wie die kleinen Blumensträuße. Die Stimmung auf dem Platz vor dem Bunker ist heiter; die Leute kennen sich, Gedrängel gibt es nicht: Jeder bekommt eine Nummer und wird aufgerufen. Das Team, zu dem außer Gudrun Schramm an diesem Tag Monika Czok, Heidi Köster, Zebije Kurnaz, Ursula Nibbeling, Ute Sauer und Svetlana Tsakh gehören, arbeitet zügig und mit offenkundiger Freude.
Vielleicht ist auch ein bisschen Vorfreude dabei: Am Samstag feiert die Leverkusener Tafel sich mal selbst – mit einem schönen Essen im Bayer-Kasino. Und an diesem Abend werden diejenigen, die das wohltätige Geschäft täglich am Laufen halten, im Mittelpunkt stehen.
Freiwillige Helfer gesucht
Die Leverkusener Tafel sucht immer ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Wer Interesse hat, melde sich telefonisch unter 0214 / 310 23 70 oder schreibe eine Mail: info@tafel-leverkusen.de