Letzte Straßenbahn fuhr vor 60 JahrenAls aus Leverkusen „Autokusen“ wurde

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1920: Straßenbahn in Hitdorf.

Um 1920 fuhren regelmäßig Straßenbahn über die Rheinstraße in Hitdorf.

Einst gab es mehrere Straßenbahnlinien in Leverkusen. Davon ist nichts geblieben, aber es gibt Forderungen nach einer Wiederbelebung.

An Kilometern verlegter Eisenbahngleise ist Leverkusen auch heute nicht gerade arm, die meisten dienen dem überregionalen Verkehr. Das war einmal anders, allerdings ist alles abgewickelt, was es einst als schienengebundenen Nahverkehr gab. Ziemlich genau vor 60 Jahren, am späten Abend des 15. Juni 1963 fuhr der letzte Straßenbahnwagen zwischen von Monheim über Hitdorf nach Rheindorf, danach war Schluss mit dem Personenverkehr.

Die Strecke war da schon unter Verwaltung der „Bahnen der Stadt Monheim“ gefallen. Die Leute mussten ab 1963 mit Bussen fahren – oder mit dem eigenen Auto. Eingerichtet worden war die Eisenbahnstrecke 1908, nachdem sich die am Rhein liegenden Städte, besonders Hitdorf mit seinem Hafen, um einen Bahnanschluss bemüht hatten. Zwischen 1904 und 1908 hatte man eine schienenlose Kleinbahn fahren lassen, das waren elektrische Kutschen, die Strom über Oberleitungen bekamen.

Ein Hochleitungsmast steht noch am Hitdorfer Ufer.

Ein Hochleitungsmast der zuerst elektrischen Kleinbahn steht am Hitdorfer Ufer nördlich des Hafens. Die Trasse rechts ist der Rheinradweg.

Das „Bähnchen“ fuhr zwar vom Bahnhof Langenfeld über Monheim nach Hitdorf, zunächst aber nur bis zur Stadtgrenze. Die „Schienenlose“ soll allerdings heftig gerumpelt haben, mit ihren Eisenrädern zermarterte sie die Straße zu stark, besonders bei Regen, weshalb man bald die Schienen legte. Ab 1909 reichten die Gleise bis zum Hitdorfer Hafen.

1912 verlängerte man die Trasse über die Wiesenstraße, die Unterstraße und den Burgweg hinein nach Rheindorf. An der Felderstraße mündete die Bahnstrecke im heutigen Denso-Werk. Wichtig war von Anfang an der Gütertransport, die Güterbahn soll den Städten und dem Hafen einen schönen Aufschwung beschert haben, das geht aus mehreren Quellen hervor. Eine Verlängerung nach Opladen am Nordrand von Bürrig über Reuschenberg und die Schusterinsel wurde zwar geplant, aber nie gebaut.

Gleise an der Stadtgrenze Monheim

Gleise an der Stadtgrenze zu Monheim. Die Kleinbahn fuhr von 1908 bis1986. Die Personenbeförderung endete 1963.

Von Anfang an wurden auch Personen befördert. Es gab neun Haltestellen auf dem heutigen Leverkusener Stadtgebiet. Die wichtigsten waren die an der Hitdorfer Stadtgrenze, am Rathaus am Rhein, im Hafen und an der Fähre. In Rheindorf hielt man unter anderem am Kirmesplatz, an der Unterstraße und an der Endhaltestelle an der Felderstraße an der Gaststätte Norhausen.

Der im Dorf umtriebige Kneipier hatte seine Gaststätte zeitweise sogar umbenannt: „Zur Endhaltestelle“ steht auf einem Schild.  Die Strecke wurde offenbar gut angenommen:  1924 nutzten 550.000 Fahrgäste die Kleinbahn Langenfeld-Monheim-Hitdorf. Der Name Kleinbahn führt ein wenig in die Irre: Kleinbahn bezieht sich nur auf die untergeordnete Bedeutung im gesamten Streckennetz. Durch Hitdorf und Rheindorf fuhren Züge mit normaler Spurweite, wie man an den wenigen noch liegenden Gleisstücken sehen kann.  

Unterstraße, Durchfahrt unter der Autobahn: hier liegen noch Gleise der Kleinbahn, die von 1908 bis 1986 fuhr.

Unterstraße, Durchfahrt unter der Autobahn: hier liegen noch Gleise der Kleinbahn, die von 1908 bis 1986 fuhr.

1963 endete mit der Straßenbahn auf der Rheindorf-Hitdorfer Strecke der letzte Straßenbahnbetrieb im Personennahverkehr auf Leverkusener Stadtgebiet. Die Hitdorfer Bahn war die letzte Straßenbahnstilllegung, ihr gingen mehrere voraus.  Schon 1955 wurde die Straßenbahn zwischen Opladen und Solingen-Ohligs eingestellt.

Letzte Fahrt der Straßenbahn von Monheim nach Rheindorf.

Eigentlich gab es am 15.06.1963 nichts zu jubeln: Die letzte Fahrt der Straßenbahn von Monheim nach Rheindorf war gleichzeitig die letzte Fahrt einer Straßenbahn im Linienverkehr in Leverkusen.

Die legendäre „Linie O“ von Köln nach Opladen über Wiesdorf stellte man 1958 ein. Mit ihr konnte man zeitweise über die Mülheimer Brücke und die Ringe bis in die Kölner Südstadt fahren. In Schlebusch entfernte man im selben Jahr ein Gleis, das von der heutigen Endhaltestelle der Linie 4 bis in die Reuterstraße führte, und verkürzte die Linie. Es war die Zeit, in der der Verkehr komplett auf Autos umgestellt wurde. Von Monheim über Hitdorf bis zum Bayerwerk setzte man als Ersatz Busse ein, die natürlich flexibler fahren konnten.  Der für die Strecke ehemals so wichtige Güterverkehr wurde noch bis 1979 als elektrifizierte Strecke aufrechterhalten, dann fuhr man mit Dieselloks. Der letzte Güterzug rollte 1986.

Noch heute liegen ein paar Gleisreste der Kleinbahn im Boden. Unter der Autobahnbrücke über die Unterstraße und an der Stadtgrenze zu Monheim sind zum Beispiel noch Schienen sichtbar.


Straßenbahnen erwünscht

Bestrebungen für die Verlängerung oder gar Neuanlage von Straßenbahnen in Leverkusen gibt es: Die Odenthaler Politik möchte gerne eine Verlängerung der 1958 gekürzten Linie 4 über Schlebusch, das Klinikum und Schildgen nach Odenthal. Auch die Stadt Leverkusen hat diese Verlängerung beim Land NRW beantragt – im Gespräch ist auch eine Verlängerung über Lützenkirchen nach Opladen.

Die Stadt Köln meldete 2017 beim Land Bedarf für eine neue Straßenbahnlinie über Stammheim nach Flittard an. Leverkusen beantragte die Weiterführung dieser Linie bis nach Opladen. Der neue ÖPNV-Bedarfsplan ist auch nach vielen Jahren noch nicht fertig, im Ministerium arbeite man dran, schreibt ein Sprecher. Bei Bauten am Europaring werden mögliche Schienentrassen regelmäßig berücksichtigt, etwa bei der jetzt fertiggestellten Dhünnbrücke.

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