Obdachlose überfahrenLeverkusener will Bewährung – weil er so betrunken war

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Im Oktober 2018 ereignete sich die todbringende Trunkenheitsfahrt in Wiesdorf auf dem Ludwig-Erhard-Platz.

Im Oktober 2018 ereignete sich die todbringende Trunkenheitsfahrt in Wiesdorf auf dem Ludwig-Erhard-Platz.

Leverkusen – Mit einer interessanten Begründung hat der Todesfahrer vom Leverkusener Ludwig-Erhard-Platz am Mittwoch im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Köln eine Bewährungsstrafe gefordert. Laut seiner Anwältin sei der BMW-Fahrer am Steuer sitzend so betrunken gewesen, dass seine Schuldfähigkeit vermindert gewesen sei. Der Mann hatte im Herbst 2018 eine schlafende Obdachlose überfahren.

Fahrlässige Tötung

Das Amtsgericht Leverkusen hatte den 28-jährigen Produktionshelfer im August vergangenen Jahres zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt, die aufgrund der Höhe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Die Straftatbestände fahrlässige Tötung, Gefährdung des Straßenverkehrs und Unfallflucht sah das Gericht als erfüllt an.

Im Oktober 2018 hatte der Angeklagte mit Freunden in der Kölner Altstadt gefeiert, Bier und Schnaps getrunken und sich danach ans Steuer eines geliehenen BMW 328i gesetzt. „Für den braucht man einen Waffenschein“, hatte ein Autotester einmal über das PS-starke Modell geschrieben. Der Fahrer hatte bis zu zwei Promille Alkohol im Blut, als er losgefahren war.

Mit Harndrang aufs Gas

Weil er angeblich dringend auf Toilette musste, habe er laut eigenen Angaben Gas gegeben und sich nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung gehalten. Von der Friedrich-Ebert-Straße kommend bretterte er mit 90 Stundenkilometern in Richtung Europaring und flog aus der Kurve. Der BMW krachte in das Gesundheitshaus. Eine obdachlose Frau hatte davor in einem Eingang übernachtet. Die 63-Jährige wurde überrollt, wohl zweimal, nachdem der BMW-Fahrer direkt nach dem Unfall zurückgesetzt hatte und geflüchtet war.

Eine halbe Stunde später meldete er sich selbst bei Polizei – womöglich hatte er inzwischen bemerkt, dass ein Nummernschild des Unfallwagens am Tatort abgefallen sein musste und er somit ohnehin leicht identifiziert worden wäre.

Dass er mitbekommen habe, eine Frau überfahren zu haben, konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, weswegen er auch nicht wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt wurde. Polizisten hatten den Notarzt alarmiert, die 63-Jährige war zunächst noch ansprechbar, aber verwirrt. Das Opfer starb im Krankenhaus an schweren inneren Verletzungen.

Mehr als zwei Promille

Das Amtsgericht Leverkusen habe in seinem Schuldspruch einen zu niedrigen Promillewert zugrundegelegt, sagte Verteidigerin Claudia Lenné. Dieser sei nicht auf den Unfallzeitpunkt zurückgerechnet worden. Statt 1,24 Promille hätte man damit rund zwei Promille annehmen müssen. Und das müsste, so die Anwältin, zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen.

Lenné forderte in ihrem Plädoyer mit anderthalb Jahren Gefängnis dann auch eine erheblich geringere Strafe für den Angeklagten, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Nach wie vor leide ihr Mandant unter dem Unfall, er steige nicht mehr gerne in ein Auto. Ihm tue das Geschehene furchtbar leid. Derzeit betreue der 28-Jährige zu Hause seine krebskranke Mutter.

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Richter Thomas Beenken nahm dem Angeklagten jedoch schnell die Hoffnung auf Bewährung. Der übermäßige Alkoholkonsum sei ausdrücklich nicht dazu geeignet, die Strafe großartig zu mildern, das zeigten Urteile des Bundesgerichtshofs. Am Ende senkte der Richter die Strafe lediglich um einen Monat – der Todesfahrer muss somit für zwei Jahre und fünf Monate in Haft.

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