„Wurst-König“ war ein Anziehungspunkt im Erdgeschoss der Wiesdorfer Shopping-Mall. Das Ende der Metzgerei-Filiale wirft viele Fragen auf.
Rathaus-GalerieMetzgerei-Imbiss in Leverkusen schließt unter dubiosen Umständen

Die Mitarbeiterinnen Angelika Buczkowski und Metija Kurthisova (v.l.) wurden vom Aus ihres Arbeitgebers überrascht.
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Angelika Buczkowski hat 15 Jahre lang hart gearbeitet und die Filiale von „Wurst König“ in der Rathaus-Galerie zu einem Anziehungspunkt für Kundinnen und Kunden gemacht. Bis Montag, 16. Dezember 2024. An dem Tag hatte Angelika Buczkowski wie üblich im Metzgerei-Imbiss morgens die Abrechnung vom Vortag gemacht und wollte das Ergebnis in die Zentrale faxen. Doch die Telefonleitung und das Faxgerät waren tot. „Da bin ich zusammengebrochen“, berichtet die 58-jährige Schlebuscherin im Gespräch. Sie musste zum Arzt gehen und schloss deshalb die Filiale, die sie mit ihrer Teilzeitkollegin Metija Kurthisova gemeinsam betrieb.
Und dabei blieb es. Ende Dezember 2024 schlossen auch alle weiteren 15 Filialen, die das Essener Unternehmen „Wurst König“ in Nordrhein-Westfalen unterhält. Etwa 200 Mitarbeitende sind davon betroffen.
Buczkowski hatte vor dem 16. Dezember schon eine ganze Reihe beunruhigende Informationen über ihren Arbeitgeber erhalten und seltsame Beobachtungen gemacht. Beobachtungen, die die erfahrene Verkäuferin alarmierten.
Sicherheitsdienst holte Umsätze in bar bei Wurst König ab
Zum Beispiel beim Procedere für die Übergabe der Tageseinnahmen an die Zentrale: Bis Anfang November 2024 hatte Buczkowski das Geld jeweils einfach auf einem Firmenkonto eingezahlt. Doch seit mit Giuseppe Lumini in jenen Tagen ein neuer Geschäftsführer die Macht in der Wurst König Verwaltungs GmbH in Essen übernommen hatte, galt ein anderes System. Eines, das die Verkäuferin stutzig machte. „Seit 5. November kam immer ein Mitarbeiter eines Security-Unternehmens, der die Umsätze in bar abholte. Ohne dass ich seinen Namen kannte, ohne mir den Erhalt des Geldes mit Unterschrift zu quittieren.“
Buczkowski führte seitdem selbst Buch. Die Umsätze, die sie dem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma bei sieben Gelegenheiten in bar übergab, summieren sich laut ihren Aufzeichnungen auf fast 39.000 Euro. Den letzten Betrag hat sie, als sie Filiale wegen ihres Zusammenbruchs schließen musste, ein paar Tage später in Begleitung einer Freundin – „Damit ich eine Zeugin habe“ – wiederum an einen Mann der Sicherheitsfirma übergeben, inklusive ihrer Schlüssel zur Filiale. Wieder ohne Unterschrift, ohne jeden Beleg. „Sie können sich vorstellen, wie ich mich da gefühlt habe“, sagt sie.
Unternehmen soll Lieferanten nicht mehr bezahlt haben
Doch die Methode, wie das Essener Unternehmen die Umsätze einkassierte, waren für die Verkäuferin nicht das einzige Alarmzeichen. Von Lieferanten hörte sie, dass ihr Arbeitgeber seinen Lieferanten für Wurst- und Schinkenspezialitäten kein Geld mehr gezahlt haben soll. Sie selbst hatte am Mittwoch, 4. Dezember, letztmals frische Ware erhalten. Und dann bis zum 14. Dezember gar nichts. „Wir sind von einem Lieferanten sonst alle zwei Tage und zwei weiteren jeweils einmal pro Woche beliefert worden“, so Buczkowski.
50 bis 60 Stunden pro Woche, so Buczkowski, habe sie in der Filiale gearbeitet. Sie habe dafür gesorgt, dass „Wurst König“ in der Rathaus-Galerie in den vergangenen zwei Jahren schwarze Zahlen geschrieben habe. Doch seit der letzten Geldübergabe hat sie nichts mehr von der Unternehmensleitung gehört. Weder sie noch Metija Kurthisova haben für ihre Arbeit im Dezember ihr Gehalt bekommen. Eine Kündigung haben die beiden aber auch nicht erhalten. Buczkowski: „Ich habe mich arbeitslos gemeldet, bekomme aber kein Geld. Ich hab’ jetzt nur Theater.“ Angelika Buczkowski ist wütend und traurig über die Art und Weise, wie „Wurst König“ mit ihr umgegangen ist. „Das tut einem so weh. Ich fand das unter aller Sau. Ich hab’ die Filiale durch die Corona-Pandemie am Leben erhalten. Und alles, damit man mich jetzt in den Hintern tritt.“
Ich habe mich arbeitslos gemeldet, bekomme aber kein Geld. Ich hab' jetzt nur Theater.
Beim Amtsgericht in Essen ist – Stand Montag, 3. Februar – ausweislich der Internetseite dazu nach wie vor kein Insolvenzantrag eingegangen. Der Sprecher des Amtsgerichts berief sich darauf, dass er aus rechtlichen Gründen dazu keine Auskunft erteilen könne. Auch bei der Staatsanwaltschaft in Essen ist keinerlei Verfahren in der Sache anhängig. Allerdings erging in der letzten Januarwoche laut WDR bereits ein erstes Urteil gegen „Wurst König“. Das Gericht verurteilte den Metzgerei-Filialisten demnach, die ausstehenden Löhne an alle Mitarbeitenden zu zahlen. Ob das Urteil ausreicht, die Zahlungsmoral des Unternehmens so zu stärken, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das ihnen zustehende Geld auch tatsächlich bekommen, bleibt offen. Bei dem Arbeitsgerichtsverfahren war kein Firmenvertreter anwesend.
Das Unternehmen ist telefonisch nicht erreichbar. Ein Versuch der Kontaktaufnahme per E-Mail scheitert ebenfalls. Die auf der Webseite angegebene Mail-Adresse funktioniert nicht.
Die Kundinnen und Kunden in der Rathaus-Galerie bedauern das Aus für den „Wurst König“. Wann die Filiale denn wieder öffne, wollen zwei junge Männer von Buszkowski und Kurthisova wissen, als wir uns zum Foto vor den geschlossenen Glastüren im Erdgeschoss der Rathaus-Galerie treffen. Sie haben den immer noch an einer der Türen hängenden Zettel „Wegen Krankheit geschlossen“ gelesen und wissen offenbar noch nichts von dem Aus bei „Wurst König“. Als sie davon hören, sind sie enttäuscht: „Das war eine Bereicherung in der Rathaus-Galerie“, sagt einer, bevor sie weitergehen.