Frauenhaus muss Hilfesuchende abweisenFälle von häuslicher Gewalt in Leverkusen nehmen zu

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Eine Frau steht im Frauenhaus in Herne (Nordrhein-Westfalen) vor dem Fenster (Archivbild)

Eine Frau steht im Frauenhaus in Herne (Nordrhein-Westfalen) vor dem Fenster (Archivbild)

Die Fälle häuslicher Gewalt sind im Leverkusener Raum von 340 im Jahr 2021 auf 457 im letzten Jahr gestiegen.

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland deutlich mehr Fälle von häuslicher Gewalt gemeldet worden als im Vorjahr. Das zeigen zuletzt Daten des Bundeskriminalamts. Demnach registrierten die Behörden 157.550 Fälle von Gewalt in Partnerschaften – das entspricht 432 Fällen am Tag. Im Jahr 2021 registrierte das BKA noch 144.044 Fälle, was einem Anstieg von 9,4 Prozent innerhalb eines Jahres entspricht.

Mehr als drei Viertel der Tatverdächtigen bei häuslicher Gewalt sind laut der Statistik Männer, knapp ein Viertel Frauen. Bei der Unterkategorie Partnerschaftsgewalt sind vier von fünf Tätern männlich. Im Gegenzug sind die Opfer meist Frauen.

Die bundesweiten Zahlen spiegeln sich auch im Leverkusener Raum wider. Wie die Polizei mitteilt, stiegen die Fälle häuslicher Gewalt von 340 im Jahr 2021 auf 457 im letzten Jahr. Zudem waren die Tatverdächtigen 2021 in drei von vier Fällen männlich. 2022 lag der prozentuale Anteil der männlichen Tatverdächtigen sogar knapp darüber.

Über 100 Frauenhausplatzsuchende in Leverkusen

Das Frauenhaus in Leverkusen empfiehlt, im Notfall zuerst die Polizei (110) zu rufen. Das gelte für Außenstehende und Betroffene von häuslicher Gewalt. „Die Polizei kann eine Wegweisung des gewalttätigen Partners für mehrere Tage aussprechen, sodass die Frau erst einige Tage die Möglichkeit hat, sich zu sammeln und ihr weiteres Vorgehen zu planen oder sicher nach einem Frauenhausplatz zu suchen“, teilt das Frauenhaus Leverkusen mit.

In der Leverkusener Einrichtung gibt es nach eigenen Angaben Platz für acht Frauen und deren Kinder – vier für alleinstehende Frauen und vier Familienplätze. Das sei „einfach zu wenig“, sagt das Frauenhaus. „Allein in diesem Jahr haben wir in Leverkusen schon deutlich über 100 Frauenhausplatzsuchende abweisen müssen, weil wir voll belegt waren.“

NRW- und bundesweit kann man inzwischen im Frauen-Info-Netz gegen Gewalt und der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser freie Frauenhausplätze finden. Ein kurzer Blick zeigt jedoch, dass freie Plätze eine Rarität sind.

Den Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt und des Andrangs auf die Frauenhäuser erklärt sich die Leverkusener Einrichtung mit der Corona-Pandemie: „Wir vermuten, dass die Lockdowns in den Vorjahren die Frauen von einer Flucht vor dem gewalttätigen Partner abgehalten haben. Die Situation insgesamt war ungewisser als vorher, der Partner vermutlich daheim. Die Frauen trauten sich nicht, den Partner zu verlassen, da sie nicht alleine waren.“

Das Frauenhaus rät daher auch zu weiteren, kostenlosen Möglichkeiten der ambulanten Beratung, an die sich die Betroffenen kostenlos wenden können: „Es gibt das bundesweite Hilfetelefon 116016, wo rund um die Uhr Beratung angeboten wird. Völlig anonym, ohne Verpflichtungen. Die Nummer ist kostenfrei. Es gibt die Möglichkeit, über den Onlinechat eine schriftliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Es werden auch viele Sprachen abgedeckt, sodass auch Frauen mit Sprachbarrieren sich verständigen können. Auch können Betroffene hier weitere Interventionsstellen in Wohnort Nähe suchen, sodass sie Beratungen vor Ort in Anspruch nehmen können. Die Beratungen sind immer anonym.“


Hilfsangebote

Frauen-Info-Netz gegen Gewalt

ZIF Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser:

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