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Auftritt von „Salut Salon“Warum Klassik in Leverkusen ruhig mutiger sein sollte

4 min
„Salut Salon“ treten am Freitag, 31. Oktober, in Leverkusen auf.

„Salut Salon“ treten am Freitag, 31. Oktober, in Leverkusen auf.

Ein Gespräch mit Geigerin Angelika Bachmann über Erfolg, „Heimat“ und den Mut, einfach zu machen.

Wenn klassische Musik auf Witz, Virtuosität und Theater trifft, entsteht ein Konzerterlebnis, das man nicht vergisst. Genau das ist „Salut Salon“: vier – beziehungsweise mittlerweile zehn – Musikerinnen, die seit über 20 Jahren aus Hamburg heraus die Konzerthäuser der Welt erobern. Mit einem Mix aus Klassik, Tango, Folk, Puppenspiel und Humor zeigen sie, dass Hochkultur und Herzblut keine Gegensätze sind. Ihr neues Programm „Heimat“ kommt am Freitag ins Leverkusener Forum. Im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ erzählt Gründerin und Geigerin Angelika Bachmann, wie aus einem Wohnzimmerprojekt ein internationales Ensemble wurde – und was Städte wie Leverkusen von dieser Erfolgsgeschichte lernen können.

„Salut Salon“ begann vor über 20 Jahren als kleines Kammermusikprojekt. Wann haben Sie gemerkt, dass das Ganze größer wird?

Angelika Bachmann: Das war nie geplant. Wir haben einfach gemacht, was uns Spaß macht – und das ist vielleicht das beste Konzept. Angefangen hat alles in unserem Hamburger Wohnzimmer. Jeden letzten Freitag im Monat trafen wir uns, spielten, lachten und probten für unseren kleinen „Jour fixe“. Dann kamen die ersten Anfragen, die Konzerte waren sofort ausverkauft und plötzlich tourten wir durch Deutschland – und kurz darauf international. Wir haben nie über Erfolg nachgedacht. Wir wollten einfach Musik machen, die uns berührt.

Mittlerweile sind Sie ein Welt-Ensemble – und zugleich ein sehr besonderes Kollektiv. Wie organisieren Sie sich eigentlich?

Wir sind ein Quartett aus zehn Frauen mit 14 Heimatländern, sprechen elf Sprachen und haben zusammen zwölf Kinder. Als die erste von uns schwanger wurde, haben wir uns überlegt, wie wir das zusammen wuppen wollen. Wir sind eng befreundet und konnten uns nicht vorstellen, dass jemand gehen muss. Seitdem machen wir Timesharing – es spielt immer diejenige, die gerade nicht im Kreißsaal liegt oder zu Hause auch mal den Mann etwas entlasten möchte. Und das macht total Spaß: Tourleben trotz Familie.

Ihr neues Programm heißt „Heimat“. Warum dieses Thema?

 Weil es uns alle betrifft – und weil jede von uns eine ganz eigene Geschichte dazu hat. Heimat kann ein Ort sein, eine Tradition oder eine Melodie. Wir haben gemerkt, dass uns diese Sehnsucht nach Zugehörigkeit verbindet, obwohl wir alle aus völlig unterschiedlichen Ländern kommen. Musik kann nicht nur von Heimat erzählen, sondern auch selbst ein Stück Heimat sein. Wir arbeiten weltweit mit Geflüchteten, die sagen oft: Manchmal ist Musik das Einzige, was man mitnehmen kann. Das hat uns sehr berührt.

Was für Leute kommen?

Das Schöne ist: bei uns sitzen Konzertprofis neben Menschen, die noch nie ein klassisches Konzert besucht haben. Wir arrangieren alles neu, komponieren eigene Stücke, wir spielen Tango und Tatort, Rap und Rachmaninow. Und plötzlich entsteht eine gemeinsame Energie. Am Ende sitzen alle da mit einem Lächeln – das ist für mich das Schönste.

Das Geheimnis? Einfach das machen, was man liebt.
Angelika Bachmann

Ihr Ansatz, Genres und Rahmen zu sprengen, ist modern. War das damals ein Neudenken?

Wir haben einfach nie verstanden, warum es diese Trennung zwischen sogenannter E- und U-Musik gibt. Warum nur zwei Buchstaben? Musik kann doch alles sein – leidenschaftlich, sehnsüchtig, verspielt. Wir haben nie über Grenzen nachgedacht, sondern gespielt, worin wir uns verliebt haben. Ich glaube, das ist das Geheimnis: aus dem Herzen zu spielen und sich nicht abbringen zu lassen.

Wenn Sie auf die erfolgreiche Entwicklung von „Salut Salon“ blicken – was können wir in Städten wie Leverkusen daraus lernen?

In unseren Kinderprojekten darf jedes Kind mitmachen, das Lust hat. Ich schreibe für jedes einzelne eine passende Stimme – egal, ob jemand schon in dritter Lage spielt oder nur leeren Saiten kann. Es geht um Teilhabe, nicht um Auslese. Jede und jeder kann etwas, man muss nur Möglichkeiten bekommen.

Was würden Sie Kulturverantwortlichen in kleineren Städten raten, um Klassik lebendig zu halten?

Klassik bleibt lebendig, wenn sie Menschen bewegt – mit Humor, Vielfalt und Offenheit. Ich würde jede Musikschule so aufbauen, dass sich alle begegnen – Klassik, Hip-Hop, Beatbox, Songwriting. Alles, was separiert, ist nicht gut für die Menschen. Wir können so viel voneinander lernen. Musik lebt von Begegnung, nicht von Abgrenzung.

Ein Tipp fürs Leverkusener Kulturbüro?

 Ich glaube, Kultur wird dann spannend, wenn sie überrascht – wenn sie neue Verbindungen schafft und Menschen wirklich erreicht. Musik hat eine unglaubliche Kraft – sie kann Emotionen vermitteln, für die es keine Worte gibt.


Das Konzert von „Salut Salon“

Das Konzert „Heimat“ findet am Freitag, 20 Uhr, im Forum Leverkusen, Am Büchelter Hof 9, 51373 Leverkusen statt. Tickets gibt es im Kartenbüro und Online. (tmb)